Rz. 318

Die Haftung der beteiligten Rechtsanwälte ggü. dem Auftraggeber richtet sich danach, wie der handelnde Rechtsanwalt nach außen auftritt und wie das Gericht bzw. der Gegner das Auftreten verstehen dürfen.[746] Im Einzelfall ist daher zu prüfen, ob der Vertreter einen Gerichtstermin als Unterbevollmächtigter wahrnimmt (vgl. Rdn 276 ff.) oder ob die beteiligten Rechtsanwälte ständig als Sozien bzw. Partner zusammenarbeiten oder sich zu einer anderen Kooperation verbunden haben und in dieser Eigenschaft auftreten. Wenn der handelnde Rechtsanwalt als bestellter Vertreter des beauftragten Rechtsanwalts auftritt, haftet er grds. nach den gleichen Grundsätzen wie ein angestellter Rechtsanwalt oder freier Mitarbeiter (vgl. Rdn 305 ff.).[747] Der Mandant steht dann nur mit dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt in vertraglichen Beziehungen, nicht dagegen mit dessen Vertreter.[748]

[746] Vgl. auch BGH, NJW 1975, 542, 543.
[747] Vgl. Prütting, in: Henssler/Prütting, BRAO, § 53 Rn 37.
[748] Vollkommer/Greger/Heinemann, § 18 Rn 25.

a) Haftung des beauftragten Rechtsanwalts

 

Rz. 319

Der beauftragte Rechtsanwalt haftet dem Auftraggeber für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Anwaltsvertrag. Dazu gehört die Pflicht für die Wirksamkeit der Vertreterbestellung zu sorgen.[749] Aus dem Anwaltsvertrag ergeben sich weitere Auswahl-, Unterrichtungs-, Überwachungs- und Kontrollpflichten hinsichtlich des Tätigwerdens des Vertreters.

 

Rz. 320

Ein Rechtsanwalt hat für ein schuldhaftes Versehen, das seinem bestellten Vertreter bei der Durchführung eines Rechtsstreits unterlaufen ist, nach § 278 BGB einzustehen. § 664 Abs. 1 Satz 2 BGB findet keine Anwendung:[750] Eine Partei wählt i.d.R. ihren Anwalt als den Mann ihres Vertrauens, bei dem sie die Sache in guten Händen weiß. Sie muss zwar hinnehmen und rechnet auch regelmäßig damit, dass sich der Anwalt bei seiner zeitweiligen Verhinderung vertreten lässt, geht aber gleichwohl davon aus, dass der von ihr gewählte Anwalt selbst die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Behandlung der Rechtssache weiter trägt. Auf eine Kenntnis des Auftraggebers von der Vertretung kommt es nicht an. Auch ein zeitweise verhinderter Anwalt betrachtet sich für die ihm anvertrauten Rechtssachen selbst weiter als verantwortlich. Der Vertreter seinerseits wird regelmäßig nicht im eigenen Namen tätig, sondern übt nur im Namen des Anwalts dessen Berufstätigkeit aus. Die auf den Anwalt ausgestellten Vollmachten bleiben rechtswirksam, während für den bestellten Vertreter in aller Regel keine besonderen Vollmachten erteilt werden. Der Anwalt bleibt auch befugt, trotz der Bestellung eines Vertreters Rechtshandlungen für die Partei vorzunehmen.

Hat damit der Vertreter im Verhältnis zu dem vertretenen Anwalt gleichsam die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, ist auch die Haftung des vertretenen Anwalts bei Verschulden seines Vertreters ebenso zu gestalten (gem. § 278 BGB).[751]

[749] OLG München, MDR 1987, 590 – zu §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO; Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 38 Rn 71; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 18 Rn 25.
[750] RGZ 163, 377. Vgl. auch OLG Frankfurt, NJW 1986, 3091.
[751] RGZ 163, 377. Zur Einordnung der Entscheidung: Sieg, Internationale Anwaltshaftung, S. 163.

b) Eigenhaftung des Vertreters

 

Rz. 321

Aufgrund seiner Stellung als gesetzlicher Vertreter des beauftragten Rechtanwalts scheidet eine Eigenhaftung des Vertreters ggü. dem auftraggebenden Mandanten regelmäßig aus.[752]

 

Rz. 322

Der bestellte Vertreter haftet hingegen nach allgemeinen Grundsätzen, wenn er einen eigenen Anwaltsvertrag mit dem Auftraggeber des Vertretenen abgeschlossen hat oder wenn er in den Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem vertretenen Rechtsanwalt eingetreten ist.[753]

 

Rz. 323

In besonderen Ausnahmefällen kann eine Eigenhaftung des bestellten Vertreters ggü. dem Mandanten nach den Grundsätzen der Sachwalterhaftung (zur Eigenhaftung des angestellten Rechtsanwalts bzw. des freien Mitarbeiters vgl. Rdn 310 ff.) in Betracht kommen. In einem Ausnahmefall[754] wurde ein amtlich bestellter Vertreter nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandelt, als ob er eigene Anwaltspflichten ggü. dem Auftraggeber des Vertretenen übernommen habe. Die Gesamtheit der Umstände hätten im entschiedenen Fall den Vertreter so nahe an die Stellung des vom Mandanten selbst beauftragten Rechtsanwalts herangerückt, dass es recht und billig erscheine, ihn wie einen solchen Rechtsanwalt zu behandeln. Der Vertreter habe sich der Sache nach wie ein Abwickler (vgl. Rdn 329 ff.) einer Rechtsanwaltskanzlei verhalten, der nach § 55 Abs. 2 Satz 4 BRAO als von der Partei bevollmächtigt gilt. Des Weiteren habe allein der Vertreter Einfluss auf das Mandat des Auftraggebers gehabt. Schließlich habe der Vertreter ähnlich einem Sachwalter in besonderem Maße das persönliche Vertrauen des Auftraggebers in Anspruch genommen (vgl. Rdn 311).[755] Dieser Ausnahmefall darf nicht verallgemeinert werden, da die Eigenhaftung auf den Fall der Sachwalterhaftung beschränkt bleiben muss, anstatt auf nur schwer vorhersehbare Billigkeitsüberlegungen abzustellen.

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