Rz. 252

Die Aufgabenteilung zwischen einem Prozess- und einem Verkehrsanwalt ergab sich über Jahrzehnte daraus, dass ein Rechtsanwalt seinen Auftraggeber in Zivilsachen grds. nur vor demjenigen Gericht vertreten konnte, bei dem er zugelassen war. Diese rechtliche Beschränkung entsprach nicht der Erfahrungstatsache, dass ein Rechtsuchender i.d.R. einen Rechtsanwalt beauftragt bzw. mit einem Rechtsanwalt seines Vertrauens zusammenarbeitet, der in seiner Nähe niedergelassen ist. Wenn nun ein Rechtsstreit vor einem auswärtigen Gericht geführt werden muss, legt der Rechtsuchende regelmäßig Wert darauf, weiterhin von seinem örtlichen Rechtsanwalt beraten zu werden. Wenngleich inzwischen die Beschränkungen hinsichtlich der Postulationsfähigkeit weitgehend aufgehoben sind, wird dennoch aus einer Vielzahl von Gründen ein weiterer Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beauftragt. Dasselbe gilt, wenn der Auftraggeber auch in der Rechtsmittelinstanz nicht auf die Mittlerrolle seines am Rechtsmittelgericht nicht zugelassenen vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten verzichten möchte. Ein an Bedeutung gewinnender Sonderfall ist die Beauftragung eines ausländischen Prozessbevollmächtigten, wenn der Mandant Partei eines Rechtsstreits im Ausland ist (vgl. auch Rdn 364).[625] Derjenige Rechtsanwalt, der den Verkehr mit dem gemeinsamen Auftraggeber führt, wird allgemein als Verkehrs- oder Korrespondenzanwalt, der Prozessbevollmächtigte als Prozessanwalt bezeichnet.[626]

 

Rz. 253

Das Verhältnis zwischen Verkehrsanwalt und Prozessbevollmächtigtem sowie die Beziehungen der Rechtsanwälte zum gemeinsamen Auftraggeber sind – abgesehen vom Gebührenrecht – gesetzlich nicht geregelt. Im RVG ist die Tätigkeit des Verkehrsanwalts in Nr. 3400 des Gebührenverzeichnisses berücksichtigt. Die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Verkehrsanwalts richtet sich nach § 91 ZPO.[627]

 

Rz. 254

Die Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen dem Mandanten und den beauftragten Rechtsanwälten hängt von möglichen Absprachen ab, die aber auch getroffen werden sollten.[628] Es gibt keine zwingend vorgeschriebene Aufgabenverteilung. Der Verkehrsanwalt vermittelt typischerweise die Korrespondenz zwischen dem Prozessbevollmächtigten und dem gemeinsamen Mandanten.[629] Vielfach wird zusätzlich vereinbart, dass der Verkehrsanwalt den Auftraggeber weiterhin zu beraten, den rechtserheblichen Sachverhalt aufzuklären und auch die Schriftsätze auszuarbeiten hat, die der Prozessbevollmächtigte dann mit seinem Briefbogen bzw. Stempel zu versehen, zu unterzeichnen und bei Gericht einzureichen hat. Auf Wunsch des Auftraggebers kann der Verkehrsanwalt auch als Beistand des Prozessbevollmächtigten an Gerichtsterminen teilnehmen.

[625] Zur Beauftragung eines ausländischen Prozessbevollmächtigten sowie zu dem hierzu maßgebenden Präzedenzfall: OLG Bamberg, MDR 1989, 542.
[626] Vgl. Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 38 Rn 62 bis 64; Hartstang, S. 77 bis 84 und 595 bis 601; Mayer, AnwBl. 1992, 170 ff.; Mennemeyer, in: Fahrendorf/Mennemeyer, Rn 193; Seltmann, VersR 1974, 97, 99 bis 104; Vollkommer/Greger/Heinemann, § 18 Rn 11 bis 14.
[627] Zur Erstattung der Kosten für einen ausländischen Verkehrsanwalt: BGH, 8.3.2005 – VIII ZB 55/04, NJW 2005, 1373.
[628] Vgl. Jungk, AnwBl. 2008, 140.
[629] Zu den Aufgaben der beteiligten Rechtsanwälte: OLG Frankfurt, MDR 1980, 51.

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