Rz. 54

Ein Ehevertrag, der lediglich wiederholt, was sowieso im Gesetz steht, regelt im Grunde nichts.

 

Rz. 55

 

Beispiel

M und F schließen erstmals einen Ehevertrag und vereinbaren:

"Für unsere Ehe soll der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten."

Dieser Satz regelt nichts, denn § 1363 BGB bestimmt bereits: "Die Ehegatten leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft".

Anders liegt es, wenn M und F vorher Gütertrennung vereinbart hatten:

"Wir heben den am … vereinbarten Güterstand der Gütertrennung auf und vereinbaren, dass für unsere Ehe ab dem heutigen Tag der Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten soll".

 

Rz. 56

Ein Vertrag, in welchem der Güterstand der Zugewinngemeinschaft vereinbart wird – auch unter Verwendung anderer Formulierungen wie "bestätigen", "feststellen", "anerkennen" usw. – hat nur deklaratorische Bedeutung, zeitigt keine rechtlichen Auswirkungen und ist daher kein Ehevertrag.[33] Dies wäre bei der erneuten (zweiten) Vereinbarung desselben Wahlgüterstands nur dann anders, wenn das erste Rechtsgeschäft der Form des § 1410 BGB ermangelte oder aus anderen Gründen nicht gültig gewesen wäre und dies mit dem zweiten Ehevertrag behoben würde (siehe hier im Einzelnen zu Bestätigung nach § 141 BGB, § 8 Rdn 36).

 

Rz. 57

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs liegt nicht vor. Das Reichsgericht hat die Frage aufgrund der zu entscheidenden Einzelfallumstände dahingestellt sein lassen.[34] Es hat jedoch folgende Überlegung anklingen lassen: Die besondere Bedeutung einer solchen Vereinbarung liege darin, dass der gesetzliche Güterstand nicht kraft Gesetzes, sondern kraft Vertrages Gültigkeit erlange. Von dem zirkulären Aspekt dieser Argumentation abgesehen erschließt sich nicht, wie sich dieses für die Ehegatten auswirken soll, worin also der Unterschied besteht, das "Mehr", welches auf dem Vertragsweg erreicht würde.

Die Frage ist von erheblicher praktischer Bedeutung:

 

Rz. 58

 

Beispiel

Die Verlobten M und F vereinbaren privatschriftlich:

Im Falle einer Eheschließung und nachfolgender Trennung verpflichten wir uns gegenseitig, das Doppelte des gesetzlichen Trennungsunterhalts zu zahlen, soweit der eigene Selbstbehalt nicht berührt wird.

Für unsere Ehe soll der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelten.

 

Rz. 59

Handelte es sich um einen Ehevertrag i.S.v. § 1408 Abs. 1 BGB, wäre dieser wegen Verstoßes gegen § 1410 BGB nichtig (§ 125 BGB), wobei unter den gegebenen Voraussetzungen auch die Unterhaltsvereinbarung gefährdet wäre (bei Teilnichtigkeit im Zweifel Gesamtnichtigkeit, § 139 BGB).

[33] Staudinger/Wolfgang Thiele/Burghard Thiele, vor § 1408 Rn 18.
[34] RGZ 133, 20, 22.

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