Rz. 173

Die Prozesskostenhilfe wird ebenso wie die Beratungshilfe aus der Staatskasse gewährt. Die Kostenberechnung ist bei dem Gericht einzureichen, welches die Prozesskostenhilfe gewährt hat; § 55 RVG. Bis zu einem Gegenstandswert von 4.000,00 EUR werden dabei die Gebühren des § 13 Abs. 1 RVG vergütet. Darüber sind die Gebühren nach § 49 RVG stark reduziert und führen zu einer deutlich geminderten Gebührenforderung des Rechtsanwaltes. Der maximale Gegenstandswert ist auf 50.000,00 EUR festgesetzt.[198] Oberhalb dieses Wertes bleibt die 1,0 Gebühr stets konstant bei 659,00 EUR. Die Differenz zu den Wahlanwaltsgebühren klafft mit zunehmendem Gegenstandswert immer stärker auseinander.

 

§ 49 Wertgebühren aus der Staatskasse

Bestimmen sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert, werden bei einem Gegenstandswert von mehr als 4 000 EUR anstelle der Gebühr nach § 13 Absatz 1 folgende Gebühren vergütet:

 
Gegenstandswert bis … Euro Gebühr Euro Gegenstandswert bis … Euro Gebühr Euro
5.000 284 22.000 399
6.000 295 25.000 414
7.000 306 30.000 453
8.000 317 35.000 492
9.000 328 40.000 531
10.000 339 45.000 570
13.000 354 50.000 609
16.000 369    
19.000 384 Über 50.000 659
[198] Bis 31.12.2020 nur 30.000 EUR.

1. PKH und Wahlanwaltsgebühren

 

Rz. 174

Um dies auszugleichen, hat der Gesetzgeber dem Prozesskostenhilferecht auch die Möglichkeit gegenübergestellt, die vollen Wahlanwaltsgebühren erstattet zu bekommen. Dieses Recht entsteht allerdings nur in wenigen, gesetzlich vorgesehenen Fällen.

a) Verrechnung mit Vorschüssen und Zahlungen der Gegenseite

 

Rz. 175

Auch in PKH-Fällen ist es möglich, dass der Rechtsanwalt Vorschüsse erhält.

Rechtliche Grundlage dafür ist, dass der Mandant für das PKH-Bewilligungsverfahren die Kosten nach Nr. 3335 VV RVG zu tragen hat. Wird die Prozesskostenhilfe bewilligt, bilden Hauptverfahren und Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren wegen § 16 Nr. 2 RVG auch gebührenrechtlich eine Angelegenheit. Mit der Bewilligung kann der Rechtsanwalt jedoch nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO keine Kosten mehr vom Anwalt verlangen. Wegen der Verrechnungspflicht mit Zahlungen vor und nach Bewilligung in § 58 Abs. 2 RVG dürfte es damit auf den Zeitpunkt der Anforderung des Vorschusses ankommen. Daraus folgt, dass Vorschüsse nur gefordert werden, wenn Sie vor der Beiordnung des Rechtsanwaltes angefordert wurden.

 

Rz. 176

Die Regel für die Anrechnung dieser Vorschüsse ergibt sich aus § 58 RVG. Danach sind die Zahlungen zunächst auf die Forderungen anzurechnen, auf die der Rechtsanwalt keinen Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse hat. Zu diesen Forderungen gehören die Kosten der gerichtlichen Tätigkeit, für die keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist und die Kosten, für die keine Erstattung durch das Gericht stattfinden wird, wie z.B. Fahrtkosten. Zuletzt kann auch eine Anrechnung auf den Kostenanteil erfolgen, um den die Wahlanwaltskosten die von der Prozesskostenhilfe abgedeckten Kosten übersteigen. Dies gilt nach der Neufassung des § 58 Abs. 2 RVG sogar für die Anrechnung von Zahlungen auf vorgerichtlichen Gebühren auf die gerichtlichen Gebühren.[199] Damit wäre eine Anrechnung nur insoweit vorzunehmen, als der Gesamtbetrag aller Gebühren die Wahlanwaltsgebühren überschreiten würde. Bis zu diesem Betrag bleiben auch Zahlungen auf vorgerichtliche Gebühren anrechnungsfrei.

 

Rz. 177

 

Beispiel:

Rechtsanwalt C. Lever hat für seinen Mandanten einen Betrag in Höhe von 10.000,00 EUR vorgerichtlich und gerichtlich geltend gemacht. Über einen Teilbetrag in Höhe von 8.000,00 EUR wird Prozesskostenhilfe unter Gewährung von Raten bewilligt. Für das PKH-Bewilligungsverfahren hat der Rechtsanwalt 700,00 EUR Vorschuss angefordert und erhalten.

Die Wahlanwaltskosten errechnen sich wie folgt:

 
Wahlanwaltsgebühren  

Vorgerichtlich

Gegenstandswert: 10.000,00 EUR
 
1,3 Geschäftsgebühr § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 2300 VV 798,20 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Vorgerichtlich 818,20 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 155,46 EUR
Wahlanwaltsgebühren vorgerichtlich 973,66 EUR
Anrechnung der Verfahrensgebühr[200]  
./. 0,65 Anrechnung auf spätere Verfahrensgebühr – 399,10 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV – 75,83 EUR
  498,73 EUR
   

Wahlanwaltsgebühren gerichtlich

Gegenstandswert: 10.000,00 EUR
 
1,3 Verfahrensgebühr § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 798,20 EUR
1,2 Terminsgebühr § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 3104 VV 736,80 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Gerichtlich 1.555,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 295,45 EUR
Wahlanwaltsgebühren gerichtlich 1.850,45 EUR
 

PKH-Gebühren

Gegenstandswert: 8.000,00 EUR
 
1,3 Verfahrensgebühr §§ 13, 49 Abs. 1 RVG, Nr. 3100 VV 412,10 EUR
1,2 Terminsgebühr §§ 13, 49 Abs. 1 RVG, Nr. 3104 VV 380,40 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR
Zwischensumme 812,50 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 154,38 EUR
PKH-Gebühren 966,88 EUR

Die gezahlten 700,00 EUR Vorschuss sind auf die vorgerichtlichen Kosten (498,70 EUR) und dann auf die Wahlanwaltsgebühren in Höhe der verbleibenden 201,30 EUR anzurechnen, da dafür keine PKH bewilligt...

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