I. Mietminderungen im Wege des Legal Tech

 

Rz. 239

Die fortschreitende Technisierung macht auch vor dem Mietrecht nicht halt. Ähnlich wie im Flugrecht bilden sich Internetportale, die Mieterrechte im Rahmen eines Massengeschäftes geltend machen. So werden insbesondere Mietsenkungsansprüche aus der Mietpreisbremse oder dem Mietendeckel in Berlin nicht mehr durch Anwälte geltend gemacht, sondern durch zugelassene Inkassodienstleister.

 

Rz. 240

Der BGH hat sich zur Zulässigkeit dieser Geschäftsmodelle bereits positioniert. Rechtsdienstleistungen, die die Geltendmachung von Mietzinssenkungen im Rahmen des Mietrechtes durchsetzen, die aber nicht durch zugelassene Rechtsanwälte, sondern durch Inkassounternehmen ausgeführt werden, sind grundsätzlich erst einmal zulässig. Dabei muss die Tätigkeit allerdings auf Inkassodienstleistungen – also die Geltendmachung von Forderungen – beschränkt sein. Bei der Rückforderung überzahlter Miete ist dieser Rahmen gewahrt. Er darf jedoch nicht überschritten werden. Die Feststellung einer verminderten Mietzahlungspflicht oder die Abwehr von Ansprüchen für die Zukunft würde nicht mehr von diesem Rahmen gedeckt.[244] Auch Beratungen über entsprechende Mietverhältnisse sind nicht von der Inkassoerlaubnis umfasst. Folge ist, dass Vereinbarungen von Inkassounternehmen, die über den bloßen Einzug von Geldforderungen hinausgehen, unwirksam sind und keine Vergütungspflicht auslösen.

 

Rz. 241

Diese Rechtsprechung wirkt sich nicht direkt auf die Berechnung der Anwaltsvergütungen aus. Der im Mietrecht praktizierende Anwalt sieht sich aber mit Kostenforderungen der Inkassodienstleister konfrontiert. Diese sind oft in der Höhe und im Umfang nicht gerechtfertigt. Im Rahmen der Erstattungsfähigkeit ist also zu prüfen, in welcher Höhe der Streitwert von einem zulässigen Auftrag des Mieters erfasst ist. Gegenstand der Streitwertberechnung darf damit vor allem nicht die Feststellung der korrekten Miete sein. Lediglich der zurückgeforderte Zahlbetrag ist hier dem Streitwert zugrunde zu legen.

 

Rz. 242

Ein weiterer Ansatzpunkt sollte auch die Frage der Inhaberschaft der geltend gemachten Kostenforderung sein. Diese wird im Regelfall durch die Mieter an die Inkassounternehmen abgetreten. Dies ist insoweit auch nicht zu beanstanden. Dennoch bieten zahlreiche dieser Portale dem Mieter an, die Mietpreisforderung für den Mieter kostenlos geltend zu machen. Dies wirft natürlich die Frage auf, ob bei kostenlosen Dienstleistungen überhaupt ein abtretbarer Kostenerstattungsanspruch entstehen kann. Abtretbar ist ein Kostenerstattungsanspruch erst, wenn er mindestens eine logische Sekunde lang beim Mieter also dem Schuldner der Gebührenforderung bestand.

 

Rz. 243

Der Anspruch auf Zahlung der Gerichtskosten richtet sich zunächst wegen § 22 Abs. 1 S. 1 GKG gegen den die Klage einreichenden Kläger. Dies dürfte in jedem Fall der Mieter sein, in dessen Namen die Klage eingereicht wurde. Der Anspruch auf Abtretung der Gerichtskosten ist also entstanden und abtretbar.

 

Rz. 244

Die Kosten für die vorgerichtliche Geltendmachung bedarf hingegen einer genaueren Betrachtung. Grundsätzlich entsteht die Kostenforderung, wenn der Mieter das Inkassounternehmen mit der Geltendmachung der Forderung beauftragt und der Auftrag angenommen wird. Wird zwischen den Parteien vereinbart, dass die Leistung kostenfrei erfolgen soll, entsteht gerade kein Anspruch. Es kann nichts abgetreten werden.

Anders verhält es sich, wenn vereinbart wird, dass der Mieter eine Erfolgsprämie zu zahlen hat. Bei der Vereinbarung von erfolgsbezogenen Vergütungen sind Inkassounternehmen nicht so strengen Regelungen unterworfen, wie die Anwaltschaft. Entsprechende Vereinbarungen können mit Inkasso-Unternehmen also mit geringem Aufwand ohne umfangreiche Belehrungspflichten und vor allem unter wesentlich geringeren Einschränkungen abgeschlossen werden.

Dieses Erfolgshonorar ist ebenso wie Anwaltskosten nicht nur bei einem vorliegenden Verzug zu erstatten. Schon allein die Forderung einer überhöhten Miete stellt eine Pflichtverletzung dar, die zur Erstattungsflicht der vorgerichtlichen Anwaltskosten führt.[245] Begrenzt ist die Höhe des zu erstattenden Honorars aber auf die Höhe der notwendigen Kosten, im Zweifel also die Kosten der notendigen Tätigkeit eines Rechtsanwaltes. Da die Beauftragung zum Abschluss eines über die Geltendmachung der eigentlichen Rückforderung hinaus abgeschlossenen Vergleiches, z.B. über die zukünftigen Mietzahlungen, nicht gegenüber einem Inkassounternehmen beauftragt werden kann, ist sehr zweifelhaft, ob die Vergütung für einen ggf. erfolgten Mehrvergleich erstattungsfähig ist.

 

Rz. 245

Die Erstattungsfähigkeit der anwaltlichen Kosten der gerichtlichen Geltendmachung richten sich wiederum nach dem Auftrag. Beauftragt der Mandant diese Leistung selbst oder ist das Inkassounternehmen berechtigt, den Mieter bei der Beauftragung des Rechtsanwaltes zu vertreten, entstehen die Kosten und sind entsprechend der vom Gericht festgelegten Quote, gemessen am anwaltlichen Klageauftrag zu vergüten. Dara...

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