Neben dem Grundkonzept und dem Kriterienmodell der EFQM bildet die RADAR-Bewertungsmethodik[10] den 3. integralen Bestandteil des EFQM-Exzellenzansatzes. Mit ihm lässt sich der Reifegrad der erreichten Exzellenz bestimmen. Dabei wird ein Zyklus durchlaufen, aus dem sich der Name der Bewertungsmethodik ableitet:

  • Results (zu erreichende Ziele festlegen),
  • Approach (Planen),
  • Deployment (Durchführen),
  • Assessment (Bewerten) und
  • Refinement (Verbessern, Lernen und neue Ziele festlegen).

Auch im Controlling wurde parallel und unabhängig vom Qualitätsmanagement ein "Steuerungskreis" entwickelt, um die Aktivitäten auf dem Weg zu wirtschaftlicher Exzellenz zu steuern. Dieser orientiert auf die Deyhle’sche Balance von Wachstum, Entwicklung und Gewinn (WEG-Symbol), während die RADAR-Methode den Deming’schen Kreislauf von "Plan – Do – Check – Act" (PDCA-Zyklus) in den Mittelpunkt stellt. Im Grunde aber läuft es auf das Gleiche hinaus (s. Abb. 4).

Abb. 4: RADAR und Steuerungskreis

Um dem Gleichklang von Steuerungskreis und RADAR stärker Rechnung zu tragen, haben DGQ und ICV den Begriff der "wirtschaftlich relevanten Qualität" entwickelt, welcher im Abschn. 1.1.6 dargestellt wird.

 
Hinweis

Maßstab für den Reifegrad

Die RADAR-Bewertungsmethodik stellt eine Skala für den Reifegrad einer Organisation dar. Sie gibt den Controllern und Qualitätsmanagern darüber hinaus eine einzigartige Möglichkeit, die Konsistenz des Zusammenwirkens der Prozesse, Themen, Organisationseinheiten und Interessengruppen als Ganzes zu messen.

Reifegradmodell nach Struktur und Kultur

Der Reifegrad einer Organisation setzt sich im Wesentlichen aus 2 Dimensionen zusammen, der Reife der Struktur und der Reife der Kultur.

  • Die Reife der Struktur bezieht sich dabei auf

    • die gesamte Infrastruktur einer Organisation,
    • ihre Ausstattung mit Gebäuden, Anlagen, Hard- und Software,
    • die Gestaltung entsprechender Arbeitsplätze sowie
    • die Ausführung ihrer Aufbau- und Ablauforganisationorganisation.
  • Die Reife der Kultur umfasst

    • die handlungsleitenden Werte der Menschen und welche Freiräume sie in der praktischen Umsetzung bieten,
    • die Art der Gestaltung von Beziehungen der Menschen in der Organisation miteinander und mit den Menschen der Interessengruppen außerhalb der Organisation,
    • die Disziplin und Verlässlichkeit in der Realisierung von Prozessen sowie
    • die Art und Weise, wie die Menschen lernen.

Exzellente Organisationen haben eine hohe Reife der Struktur und der Kultur.

Methodiker des Erfolgs

Es gibt sehr reife, aber nicht exzellente Organisationen, die ihren Reifegrad überwiegend auf die Reife der Struktur stützen. Dies sind die "Methodiker des Erfolges". Sie neigen dazu, weitergehende Reifegradsteigerungen über den Ausbau der Struktur erzielen zu wollen, was aber mit zunehmender Reife der Struktur immer weniger gelingt und nicht in ein Mehr, sondern in den Verlust von Reifegrad mündet.

Abb. 5: Reifegradentwicklung von Organisationen[11]

Empathiker des Erfolgs

Ganz anders geartet sind die Organisationen, die bei gleich hohem Gesamtreifegrad diesen in erster Linie auf eine ausgeprägte Reife der Kultur stützen, die "Empathiker des Erfolges". Diesen Organisationen verhelfen nicht Aktivitäten in Richtung noch mehr Reife der Kultur, sondern vielmehr eine Organisationsentwicklung in Richtung bessere Struktur zu einem signifikant höheren Gesamtreifegrad.

 
Achtung

EFQM-Modell misst Struktur und Kultur

Qualitätsmanagement und Controlling dürfen sich nicht einseitig mit den strukturellen Aspekten der Organisation auseinandersetzen, wenn sie einen Beitrag zu Reifegrad- und Organisationsentwicklung leisten wollen. Vielmehr müssen sie sich genauso intensiv mit den kulturellen Aspekten ihrer Organisation befassen. Struktur und Kultur müssen konsistent aufeinander abgestimmt sein. Dafür bietet das EFQM-Modell für Exzellenz einen einzigartigen Maßstab.

Man kann es daher zutreffenderweise als Reifegradmodell bzw. Reifegradmanagement bezeichnen.

Es ist kein exklusives Instrument des Qualitätsmanagements, sondern bildet ein eigenständiges Führungs- und Steuerungsinstrument, das von Controllern und Qualitätsmanagern gleichermaßen genutzt werden kann.

[10] Vgl. Abschn. 3.4.1.
[11] Sommerhoff/Benedikt, 2012.

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