1.1 Erfordernis einer Vereinbarung

Um für beide Seiten Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen, sollte jeglicher Mitarbeitereinsatz im Ausland auf einer klaren vertraglichen Grundlage beruhen.[1]

Die längerfristige Versetzung oder Entsendung ins Ausland wird regelmäßig vom allgemeinen Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht gedeckt sein. Es bedarf daher entweder

  • einer wirksamen, sog. "erweiterten" Direktionsrechtsklausel,
  • anderenfalls einer einvernehmlichen Vertragsänderung.

Allerdings zeichnet sich in der neueren Rechtsprechung eine Tendenz zu großzügigerer Auslegung des Direktionsrechts in Arbeitsverhältnissen ab, in denen Auslandseinsätze angesichts einer zunehmend global vernetzten Weltwirtschaft zur arbeitsrechtlichen Normalität werden.[2] Eine Beschränkung des Weisungsrechts auf Arbeitsorte im Inland ist dem Arbeitsvertrag als solchem nicht automatisch zu entnehmen. Entsprechende Einschränkungen können durch den Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge sowie grundsätzlich auch durch gesetzliche Regelungen eingeführt werden.[3]

Die Versetzung ins Ausland unterliegt einer Ausübungskontrolle im Einzelfall. Dabei sind die Interessen der beiden Vertragsparteien gegeneinander abzuwägen. Beruht die Weisung, zukünftig an einem Arbeitsort im Ausland tätig zu sein, auf einer Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, kommt dieser unternehmerischen Entscheidung – sofern sie nicht missbräuchlich oder willkürlich erscheint – besonderes Gewicht zu. Etwas anderes ergibt sich jedoch nicht, wenn die unternehmerische Entscheidung missbräuchlich oder willkürlich erscheint. Auf ihre Zweckmäßigkeit ist die unternehmerische Entscheidung nicht zu prüfen.[4]

Sofern das Direktionsrecht umgekehrt keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Einsatz im Ausland bietet, ist der Arbeitgeber auf eine umfassendere Neuregelung des Arbeitsvertrags angewiesen. Dies kann durch eine einvernehmliche Vertragsänderung erfolgen. Ist der Arbeitnehmer dazu nicht bereit, müsste der Arbeitgeber eine Änderungskündigung erklären – deren Durchsetzung in der Praxis schwierig ist.

1.2 Vertragsmodelle

Bei der einvernehmlichen vertraglichen Änderung ist bei der rechtlichen Ausgestaltung von Entsendungen zwischen dem "Ein-" und dem "Zweivertragsmodell" (teilweise auch "Mehrvertragsmodell" genannt) zu unterscheiden.

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Das Einvertragsmodell lässt den bisherigen Arbeitsvertrag bestehen und modifiziert ihn lediglich im Hinblick auf die für den Auslandseinsatz relevanten Punkte. Dies werden regelmäßig die Änderung des Arbeitsorts, die Dauer des Auslandsaufenthalts sowie zusätzliche Entgelt- und Aufwendungsersatzansprüche sein. Hinsichtlich aller sonstigen Inhalte bleibt es bei den Regelungen im ursprünglichen Arbeitsvertrag. Typischer Anwendungsbereich ist eine zeitlich überschaubare Entsendung ins Ausland.

Beim Zweivertragsmodell wird der bisherige Arbeitsvertrag einvernehmlich ruhend gestellt.[1] An seine Stelle tritt eine eigenständige Neuregelung als Entsendungsvertrag entweder mit dem bisherigen Arbeitgeber oder einem anderen Unternehmen – dies wird insbesondere bei Auslandseinsätzen in einem Konzernverbund der Fall sein.

 
Praxis-Beispiel

Anwendungsfälle des Zweivertragsmodells

Typische Anwendungsbereiche sind langfristige und unbefristete Entsendungen ins Ausland bzw. Fälle der Entsendung innerhalb eines Konzerns.

Arbeitsrechtlich möglich ist auch die Vereinbarung eines einzigen Arbeitsverhältnisses mit zwei verschiedenen Arbeitgebern – auch diese Konstellation wird bei Konzernunternehmen anzutreffen sein. Ein solches Arbeitsverhältnis wird insbesondere dann anzunehmen sein, wenn das Direktionsrecht auf zwei Arbeitgeber verteilt ist.[2] Aufgrund der damit verbundenen Abgrenzungs- und Zuständigkeitsprobleme ist von einer solchen Gestaltung in der Praxis abzuraten.

[1] BAG, Urteil v. 21.1.1999, 2 AZR 648/97; EuGH, Urteil v. 10.4.2003, C-437/00; im Fall eines Betriebsübergangs geht dieses ruhende Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über.
[2] Vgl. dazu die Sachverhaltskonstellation in BAG, Urteil v. 21.1.1999, 2 AZR 648/97.

1.3 Zeitpunkt der Vereinbarung

Die auf einen Auslandseinsatz bezogene Vereinbarung kann bereits anfänglich in den Arbeitsvertrag aufgenommen werden, der Arbeitsvertrag kann aber auch einvernehmlich nachträglich geändert und an den Auslandseinsatz angepasst werden.

1.4 Befristung der Auslandsentsendung

Das zweite Arbeitsverhältnis kann befristet abgeschlossen werden. Die Aufnahme einer Befristung für die Dauer des Auslandseinsatzes ist als Sachgrund durch das BAG anerkannt[1] – dies gilt auch für die Befristung des Auslandsarbeitsverhältnisses, wenn so die Zugehörigkeit zur deutschen Sozialversicherung nach § 4 SGB IV erhalten bleiben soll.[2] Anerkannt ist auch ein zeitlich begrenzt bestehend...

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