Entscheidungsstichwort (Thema)

Wettbewerbsverbot mit minderjährigen Handelsvertretern. Rechtsstellung eines Vertreters. Handelsvertreterverhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Vorschriften des § 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und des § 133 f Abs. 2 GewO, nach denen das von einem minderjährigen Handlungsgehilfen oder Gewerbegehilfen eingegangene Wettbewerbsverbot nichtig ist, gelten nicht entsprechend für Wettbewerbsverbote mit minderjährigen Handelsvertretern. Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem minderjährigen Handelsvertreter um einen solchen handelt, der als Einfirmenvertreter wegen seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit nach Art. 3 Abs. 1 des Handelsvertretergesetzes vom 6. August 1953 – BGBl. I, 771 – in Verbindung mit § 92 a HGB als Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt. Der Minderjährigenschutz von Handelsvertretern vor nachteiligen Wettbewerbsverboten richtet sich vielmehr ausschließlich nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 106 ff. BGB).

2. Wettbewerbsvorbote mit minderjährigen Handlungsgehilfen und mit minderjährigen gewerblichen Angestellten sind nichtig, ohne Rücksicht darauf, ob der gesetzliche Vertreter des Minderjährigen dem Wettbewerbsverbot zugestimmt hat oder nicht.

3. Für die Frage, ob ein „Vertreter” selbständig im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB und daher Handelsvertreter oder unselbständig im Sinne von § 84 Abs. 2 HGB und daher Handlungsgehilfe ist, kommt es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses an.

4. Der minderjährige Handelsvertreter bedarf nicht der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, um mit Zustimmung seiner Eltern einen Handelsvertretervertrag einschließlich einer Wettbewerbsabrede einzugehen.

5. Ermächtigen die Eltern den Minderjährigen zur Eingehung eines Handelsvertreterverhältnisses, so wird der Minderjährige dadurch nach näherer Maßgabe des § 115 Abs. 1 BGB unbeschränkt geschäftsfähig.

6. Die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters gemäß § 108 Abs. 1 BGB kann auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Dies setzt voraus, daß der Vertreter gewußt oder zumindest mit der Möglichkeit gerechnet hat, der Vertrag sei noch unwirksam und werde gerade durch sein Verhalten wirksam. Das gleiche gilt für die Genehmigung des bis dahin Minderjährigen nach Vollendung seines 21. Lebensjahres gemäß § 108 Abs. 3 BGB.

7. Ist die in der Wettbewerbsabrede für den Handelsvertreter ausgesetzte Karenzentschädigung unangemessen niedrig, so wird dadurch die Gültigkeit der Wettbewerbsabrede nicht berührt. Es tritt dann gemäß § 90 a Abs. 4 HGB die in § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB vorgeschriebene angemessene Entschädigung an die Stelle der vertraglich vorgesehenen.

8. Der Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot führt auch bei einem Handelsvertreter zum Verlust des Anspruchs auf Karenzentschädigung für die Dauer des Verstoßes und seiner Auswirkungen (vgl. BAG 2, 258 [261] = AP Nr. 1 zu § 75 a HGB; BAG AP Nr. 16 zu § 74 HGB).

Weigert sich ein Unternehmer zu Unrecht, einem Handelsvertreter die diesem für die Dauer des Wettbewerbsverbotes nach § 90 a Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 HGB zwingend zustehende angemessene Entschädigung zu zahlen, so kann es eine unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn der Unternehmer den Handelsvertreter wegen eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe in Anspruch nimmt.

9. Ist eine Teilforderung eingeklagt, so kann der Kläger den Beklagten mit einer Eventualaufrechnung nicht auf den nicht eingeklagten Teil seiner Forderung verweisen.

 

Normenkette

HGB §§ 90a, 74a Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 1, § 84 Abs. 1-2, §§ 92a, 348, 351; GewO § 133f Abs. 2; BGB § 106 ff., §§ 108, 112-113, 141, 182-184, 242, 339, 387 ff., §§ 1633, 1643, 1681, 1822 Nr. 7; Handelsvertretergesetz vom 6. August 1953 – BGBl. I, 771 – Art. 3 Abs. 1; ArbGG § 5 Abs. 1, § 2 Zuständigkeitsprüfung

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.03.1963; Aktenzeichen 4 Sa 7/63)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, Außenkammern Stuttgart, 4. Kammer, vom 28. März 1963 – 4 Sa 7/63 – aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

1. Die in S. ansässige Klägerin betreibt den Verkauf von Aussteuerwaren durch Vertreter. Sie schloß am 15. Juni 1960 mit der zu diesem Zeitpunkt 20-jährigen in K. wohnenden Beklagten (geboren am 21. Mai 1940) einen formularmäßigen „Vertretervertrag” ab. Nach diesem Vertrag war die Beklagte als selbständige Handelsvertreterin ständig damit betraut, im Namen der Klägerin nach deren Verkaufsanweisungen Kaufverträge mit Privatkunden über die Lieferung von Aussteuerwaren zu Festpreisen der Klägerin gegen Nachnahme in den Bezirken K., R. und A. abzuschließen. Die Klägerin sollte – neben anderem – den „Vertretervertrag” dann aus wichtigem Grunde kündigen dürfen, wenn die Beklagte drei Monate lang nicht mindestens Abschlüsse in Höhe von 2.500,– DM monatlich tätigte. Außerdem enthielt der „Vertretervertrag” folgende Wettbewerbsklausel:

„Der Vertreter verpflichtet sich, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses während der Dauer eines Jahres in dem Verkaufsbezirk, dem er zuletzt zugeteilt war, sowie in den angrenzenden Verkaufsbezirken, für keine Konkurrenzfirma, direkt oder indirekt, auch nicht auf eigene Rechnung, in dem Verkauf von Artikeln, die die Firma führt, tätig zu sein. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Vereinbarung verpflichtet sich der Vertreter, an die Firma eine Konventionalstrafe von 200,– DM zu bezahlen. Die Firma ist unter den gesetzlichen Voraussetzungen während der Dauer des Wettbewerbsverbotes zu der Bezahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet. Die Parteien halten im Hinblick auf den kleinen Konkurrenzraum eine monatliche Entschädigung von einem Achtel der Provision, die der Vertreter in dem Monat vor der Kündigung bei der Firma verdient hat, für angemessen.”

2. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1961 kündigte die Klägerin das Vertreterverhältnis fristlos mit der Begründung, die Beklagte habe in den vorangegangenen drei Monaten die vorgesehenen Mindestumsätze nicht erreicht. Gegen diese Kündigung unternahm die Beklagte nichts. In den Monaten Januar und Februar 1962 betätigte sie sich jedoch in den Landkreisen K., R., A., B., M., W., F., K., K. und B. als Vertreterin eines Konkurrenzunternehmens; in zehn Fällen hat sie für dieses Konkurrenzunternehmen Kunden geworben oder zu werben versucht.

3. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe durch jede dieser Wettbewerbshandlungen die vorgesehene Vertragsstrafe, somit insgesamt 2.000,– DM, verwirkt. Hiervon hat sie mit der Klage einen Teilbetrag in Höhe von 1.000,– DM geltend gemacht.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag geltend gemacht, wegen ihrer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gegebenen Minderjährigkeit sei die zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsklausel ungültig. Sie hat behauptet, ihre verwitwete Mutter als ihre alleinige gesetzliche Vertreterin habe den Vertretervertrag und die Wettbewerbsklausel nicht genehmigt, sondern dem Abschluß des Vertretervertrages widersprochen. Sie hat die Ansicht vertreten, ihre Mutter habe dem Vertrag auch nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gültig zustimmen können. Die Beklagte hat weiter behauptet, nach erlangter Volljährigkeit habe sie den bis dahin für sie unwirksamen Vertrag deshalb nicht genehmigt, weil sie dessen Unwirksamkeit nicht gekannt habe. Im übrigen, so hat sie geltend gemacht, habe ihr nach erlangter Volljährigkeit jeden falls gemäß § 90 a Abs. 1 Satz 1 HGB eine die Wettbewerbsklausel enthaltende Urkunde von der Klägerin neu ausgehändigt werden müssen, so daß auch aus diesem Grunde die frühere Wettbewerbsklausel unverbindlich sei. Die vereinbarte Vertragsstrafe sei außerdem unangemessen hoch und müsse jedenfalls ermäßigt werden. Schließlich hat die Beklagte gegenüber einer etwaigen Vertragsstrafenforderung der Klägerin hilfsweise mit einem Betrag von 725,31 DM aufgerechnet. Dieser Aufrechnungsposten ergebe sich daraus, daß sie von der Klägerin für fünf Monate noch eine Karenzentschädigung in Höhe von 5 × 52,55 DM = 262,75 DM und daneben noch eine ihr von der Klägerin vorenthaltene Provision in Höhe von 462,56 DM zu beanspruchen habe.

4. Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen, das Landesarbeitsgericht hat sie dagegen abgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Das Landesarbeitsgericht ist in dem – trotz fehlender Rechtskraft auch bereits in der Fachpresse teilweise veröffentlichten – angefochtenen Urteil (vgl. BB 1963, 1193 Nr. 1830 und Betrieb 1963, 734) ohne weiteres davon ausgegangen, die Beklagte sei Handelsvertreterin im Sinne der §§ 84 ff. HGB gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, die zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsklausel sei deshalb ungültig, weil die Beklagte bei Abschluß des Vertretervertrages noch minderjährig gewesen sei; mit minderjährigen Handelsvertretern könnten überhaupt keine gültigen Wettbewerbsabreden vereinbart werden. Die Ungültigkeit von Wettbewerbsabreden mit Minderjährigen sei für Handlungsgehilfen in § 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und für gewerbliche Angestellte in § 133 f Abs. 2 GewO ausdrücklich ausgesprochen. Die für diese Arbeitnehmergruppen geltenden Vorschriften seien auf Wettbewerbsverbote mit minderjährigen Handelsvertretern entsprechend anwendbar. Denn mit der Vorschrift des § 90 a HGB habe der Gesetzgeber keine abschließende Regelung der Wettbewerbsverbote für Handelsvertreter treffen wollen, so daß die dadurch bestehenden Lücken aus den Grundgedanken der Rechtsordnung zu schließen seien. Der minderjährige Handelsvertreter müsse aber ebenso wie der minderjährige Handlungsgehilfe und der minderjährige gewerbliche Angestellte vor voreilig eingegangenen Beschränkungen seiner noch im Aufbau begriffenen beruflichen Fortkommensmöglichkeiten geschützt werden.

Von diesen Überlegungen ausgehend ist das Landesarbeitsgericht zu der Annahme gekommen, das zwischen den Parteien vereinbarte Wettbewerbsverbot sei von Anfang an ungültig gewesen. Nach erreichter Volljährigkeit habe die Beklagte die nichtige Wettbewerbsabrede auch nicht bestätigt und dadurch nicht gemäß § 141 BGB zur Gültigkeit erhoben. Deshalb könne die Klägerin aus dem Wettbewerbsverbot keine Vertragsstrafenrechte herleiten,

II. Diese entsprechende Anwendung von § 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und § 133 f Abs. 2 GewO auf Wettbewerbsverbote mit Handelsvertretern ist aus folgenden Gründen fehlerhaft:

1. Eine entsprechende Anwendung der §§ 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und 133 f Abs. 2 GewO auf das Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters würde voraussetzen, daß § 90 a HGB eine Lücke enthält und aus dieser Vorschrift nicht der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen ist, die Analogie auszuschließen (argumentum e contrario [vgl. Enneccerus-Nipperdey, Allgemeiner Teil, 15. Aufl., Band 1, 1959, § 58 II 4 S. 341 ff.]). Beide Voraussetzungen liegen indessen nicht vor.

a) Eine Gesetzeslücke liegt deshalb nicht vor, weil das Eingehen einer Wettbewerbsabrede durch einen minderjährigen Handelsvertreter zwar in § 90 a HGB nicht besonders geregelt ist, jedoch die allgemeinen Vorschriften der §§ 106 ff. BGB eingreifen, die ins einzelne gehende Anweisungen des Gesetzgebers darüber enthalten, wie der Schutz des Minderjährigen vor für ihn nachteiligen Rechtsgeschäften verwirklicht werden soll. Von einer Gesetzeslücke könnte deshalb nur dann gesprochen werden, wenn eine sogenannte „abändernde Rechtsfindung” deshalb geboten wäre, weil eine bestehende gesetzliche Regelung als unannehmbar erscheint, da sie Folgen herbeiführt, die der Gesetzgeber vernünftigerweise nicht so angeordnet hätte, wenn sie von ihm bedacht worden wären (Enneccerus-Nipperdey, aaO, § 58 I 4 S. 339 und § 59 S. 344 ff.; vgl. auch BAG [Gr.S.] 13, 1 [13-16] = AP Nr. 19 zu § 1 HausarbTagsG Nordrh.-Westfalen). Dies ist indessen nicht anzunehmen; denn die Regelung der §§ 106 ff. BGB, nach der die Wirksamkeit eines belastenden Rechtsgeschäfts von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen, bei besonders gefährlichen Geschäften zusätzlich von der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts abhängt, stellt bereits einen so starken Schutz dar, daß sie auch für den konkreten Fall der Wettbewerbsabrede nicht unvernünftig oder unzulänglich erscheint.

b) Weiterhin muß daraus, daß der Gesetzgeber in § 90 a HGB die Wettbewerbsabrede des Handelsvertreters in einer Reihe von Fragen (vgl. dazu Baumbach-Duden, HGB, 16. Aufl., 1964, § 90 a Anm. 2 E) abweichend von den Wettbewerbsabreden der Handlungsgehilfen und gewerblichen Angestellten geregelt hat, gefolgert werden, daß diese unterschiedliche Regelung so gewollt ist und daher nicht durch Analogie aufgehoben werden darf. Aus der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum Handelsvertretergesetz vom 6. August 1953 (Drucksachen des Deutschen Bundestages I Nr. 3856 vom 15. November 1952) ist das Ziel des Gesetzgebers zu entnehmen, der schwächeren Stellung der Handelsvertreter gegenüber anderen selbständigen Kaufleuten Rechnung zu tragen und ihnen in wesentlichen Punkten des Vertragsverhältnisses durch zwingende gesetzliche Vorschriften Schutz vor benachteiligenden Abreden zu gewähren. „Dies bedeutet zwar eine Beschränkung des für Kaufleute geltenden Grundsatzes der Vertragsfreiheit. Diese Einschränkung ist aber unumgänglich, weil die Mehrheit der Handelsvertreter nicht die Stellung eines ‚königlichen Kaufmanns’ hat, der keines Schutzes bedarf, sondern vielfach schlechter gestellt ist als ein Angestellter” (Regierungsentwurf aaO S. 11). Daraus geht hervor, daß in dem Handelsvertretergesetz die widerstreitenden Prinzipien der Vertragsfreiheit und des sozialen Schutzes vom Gesetzgeber gegeneinander abgewogen sind mit der Folge, daß es die getroffene Abwägung stören müßte, wenn die Einschränkungen der Vertragsfreiheit im Wege der Analogie erweitert würden (ebenso Baumbach-Duden, aaO, § 90 a HGB Anm. 2 E; Schlegelberger-Schröder, HGB, 4. Aufl., 1960, § 90 a HGB Anm. 1, die sich ebenfalls ausdrücklich dagegen aussprechen, die §§ 74 bis 75 a HGB zur Ergänzung des § 90 a HGB heranzuziehen). Wenn der Fall des minderjährigen Handelsvertreters in der Begründung zum Regierungsentwurf (aaO S. 37 ff.) und ebenso in der Begründung zu dem als Vorbild dienenden Entwurf der Akademie für Deutsches Recht (Nipperdey-Dietz, Entwurf eines Handelsvertretergesetzes, Berlin 1940, S. 157 bis 141) nicht besonders erwähnt ist, so spricht dieses Schweigen in § 90 a HGB gerade im Hinblick auf die ausdrücklichen Regelungen in §§ 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und 133 f Abs. 2 GewO dafür, daß es für die Frage des Minderjährigenschutzes bei Wettbewerbsverboten mit Handelsvertretern bei den allgemeinen Vorschriften des BGB sein Bewenden haben soll (a.A.: Hohn, Betrieb 1963 S. 1541 unter Ziffer III 6 ohne Hinweise auf Literatur oder Rechtsprechung; ebenso wie hier offenbar Grüll, Die Konkurrenzklausel, 2. Aufl., 1960, § 3 [a.E.] S. 56 und § 3 C e S. 53, wo der Fall der Minderjährigkeit der Vorschrift des § 138 Abs. 2 BGB untergeordnet wird).

c) Die entsprechende Anwendung von § 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und § 133 f Abs. 2 GewO auf Wettbewerbsverbote mit minderjährigen Handelsvertretern ist deshalb auch dann ausgeschlossen, wenn es sich bei der Beklagten um eine solche Handelsvertreterin gehandelt haben sollte, die gemäß Art. 5 Abs. 1 des Handelsvertretergesetzes vom 6. August 1953 – BGBl. I, 771 – in Verbindung mit § 92 a HGB als Arbeitnehmerin „im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes” gilt. Diese Vorschrift bedeutet nicht, daß für die darin genannten Handelsvertreter materielles Arbeitsrecht und damit auch die Vorschriften der §§ 74 a Abs. 2 Satz 2, 133 f Abs. 2 GewO gelten müßten; denn die in Art. 5 Abs. 1 des Handelsvertretergesetzes genannten Handelsvertreter gelten nur als Arbeitnehmer „im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes”. Sie sollten damit, wie der Regierungsentwurf (aaO S. 10) besagt, lediglich in prozessualer Beziehung in den Genuß der Vorteile gelangen, die bei Inanspruchnahme der Arbeitsgerichtsbarkeit gegenüber der ordentlichen Gerichtsbarkeit oftmals in kostenrechtlicher und sonstiger mit dem Prozeßrechtsverhältnis verbundener Beziehung gegeben sein können. Deshalb behandelt Art. 3 Abs. 1 des Handelsvertretergesetzes die dort genannten Handelsvertreter nur in prozeßrechtlicher Beziehung als Arbeitnehmer, was nichts anderes bedeutet als eine lex specialis über den Begriff der arbeitnehmerähnlichen Person für den Bereich der Handelsvertreter gegenüber der Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG (vgl. BAG AP Nr. 3 zu § 2 ArbGG Zuständigkeitsprüfung).

2. Somit läßt sich mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung die von ihm ausgesprochene Klageabweisung nicht halten.

III. Der soeben erörterte Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts macht die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht aus folgenden Gründen gemäß §§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 ZPO erforderlich:

1. Es muß zunächst in tatsächlicher Beziehung geklärt werden, ob die Beklagte materiell-rechtlich Handelsvertreterin oder ob sie Handlungsgehilfin war. War sie Handlungsgehilfin, dann verstieß die vereinbarte Wettbewerbsabrede unmittelbar gegen § 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB und war nichtig, ohne daß es dann noch darauf ankam, ob die Mutter der Wettbewerbsabrede zugestimmt hatte oder nicht. Denn § 74 a Abs. 2 Satz 2 HGB stellt – ebenso wie § 133 f Abs. 2 GewO – für die Ungültigkeit einer Wettbewerbsabrede nur auf die Minderjährigkeit des Handlungsgehilfen ab, bezeichnet also auch solche Wettbewerbsverbote als nichtig, die minderjährige Handlungsgehilfen mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abgeschlossen haben (vgl. Schlegelberger-Schröder, aaO, § 74 a, Anm. 7).

2. Dafür, daß die Beklagte nicht Handelsvertreterin, sondern gemäß § 84 Abs. 2 HGB tatsächlich Handlungsgehilfin war, sprechen eine Reihe von beachtlichen Gründen aus dem beiderseitigen Parteivortrag, denen das Landesarbeitsgericht bisher nicht nachgegangen ist: Es ist nämlich bisher ungeklärt geblieben, ob die Beklagte im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB ihre Tätigkeit wesentlich frei gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen konnte oder ob das nicht zutraf (§ 84 Abs. 2 HGB). Zwar werden in dem Vertretervertrag die Merkmale der Selbständigkeit der Beklagten ausdrücklich hervorgehoben (Ziffer I 1 und 3 des Vertretervertrages). Es kommt jedoch nicht auf diese Formulierungen, sondern auf die wirkliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses an (BAG AP Nr. 1 zu § 92 HGB; Baumbach-Duden, aaO, Anm. 5 B zu § 84 HGB). Für eine unselbständige Tätigkeit spricht die der Beklagten auferlegte Verpflichtung, eine monatliche Auftragssumme von mindestens 2.500,– DM zu erzielen (Ziff. IV 1 des Vertrages), in Verbindung mit der Klausel, daß die Nichterreichung dieser Summe an drei aufeinanderfolgenden Monaten einen wichtigen Kündigungsgrund darstelle (IX 2). Die Beklagte hat vom Januar bis Oktober 1961 in keinem Monat diese Mindestsumme erreicht (Höchstumsatz im Januar 1961 in Höhe von 2.205,90 DM, vgl. Bl. 14 VA). Daher ist zu vermuten, daß die Beklagte, um dieses ihr vorgeschriebene „Arbeitspensum” (vgl. LAG Bremen, Betrieb 1955, 535) zu erreichen, ihre Arbeitskraft voll ausschöpfen mußte und insofern in der Gestaltung ihrer Tätigkeit wenigstens der Intensität nach nicht mehr frei war. Hinzu kommt, daß die Beklagte sich jedenfalls bis zum Frühjahr 1961 (von diesem Zeitpunkt ab konnte sie vermutlich mit dem PKW ihrer Kollegin, Fräulein S., mitgenommen werden, vgl. den Brief der Beklagten vom 26. März 1961 – Bl. 50 VA – und ihren Brief vom 30. September 1961 – Bl. 98 VA –) bei der Bestimmung ihrer Arbeitszeit danach richten mußte, wann sie von der Bezirksvertreterin H. mit einem PKW abgeholt und zurückgebracht wurde (vgl. Bl. 47 und 48 VA). Es ist nach der Lebenserfahrung anzunehmen, daß sie auch die Reihenfolge ihrer Kundenbesuche danach einrichten mußte, welche Route jeweils von Frau H. befahren wurde. Damit erfolgte – um den Sprachgebrauch des Vertretervertrages aufzunehmen – ihr Verkaufseinsatz durch den Bezirksvertreter (vgl. VIII 4 des Vertrages). Das sind starke Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte jedenfalls im ersten Jahr ihrer Vertragstätigkeit die Dauer und Einteilung ihrer Arbeitszeit nicht selbst bestimmen konnte und auch bei der Auswahl der zu besuchenden Kunden nicht frei und daher Handlungsgehilfin war.

3. War die Beklagte Handelsvertreterin, dann wird das Landesarbeitsgericht folgendes beachten müssen:

a) Als Minderjährige konnte die Beklagte keinen Handelsvertretervertrag ohne Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters schließen (§ 106 ff. BGB).

b) Eine unbeschränkte Geschäftsfähigkeit der Beklagten nach § 112 BGB scheidet im vorliegenden Fall eindeutig aus. Das ergibt sich aus folgendem: Nach § 1643 Abs. 1 in Verbindung mit § 1822 Nr. 7 bedurfte die Mutter, der nach dem Tode des 1941 gefallenen (Bl. 34 VA) Vaters der Beklagten trotz deren Verheiratung das Recht zur Vertretung in persönlichen Angelegenheiten zustand (§§ 1681 Abs. 1, 1633 Satz 1 BGB), keiner vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, wenn sie einer Handelsvertretertätigkeit der Beklagten zustimmen wollte. Denn § 1643 Abs. 1 BGB sieht gerade nicht vor, daß Eltern der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedürfen, wenn sie dem Eingehen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses ihrer, minderjährigen Kinder zustimmen. § 112 BGB ändert an diesem Ergebnis nichts. Diese Vorschrift besagt nur, wann ein Minderjähriger, der mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters eine Handelsvertretertätigkeit ausübt, als unbeschränkt geschäftsfähig für den Geschäftsbetrieb eines Handelsvertreters anzusehen ist. Eine solche volle Geschäftsfähigkeit kommt aber nur in Betracht, wenn das Vormundschaftsgericht der Ermächtigung des gesetzlichen Vertreters zustimmt. Stimmt es nicht zu, weil nicht darum nachgesucht worden ist, dann ist der Minderjährige, der mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters Handelsvertretertätigkeit ausübt, für den damit verbundenen Geschäftskreis nicht schon nach § 112 BGB unbeschränkt geschäftsfähig, sondern bleibt in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt, sofern nicht andere Vorschriften etwas Gegenteiliges besagen. Da hier eindeutig das Vormundschaftsgericht nicht zugestimmt hatte, kommt eine unbeschränkte Geschäftsfähigkeit der Beklagten aus § 112 BGB nicht in Betracht.

c) § 113 BGB kann für die Beklagte dann zur Anwendung kommen, wenn die Zustimmung der Mutter sich darauf erstreckte, daß die Beklagte in ein „Dienst- oder Arbeitsverhältnis” trat. Ein Handelsvertreterverhältnis ist ein Dienstverhältnis, das eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. Boldt, BB 1962, 906 zu Fußnote 6). Solche Dienstverhältnisse rechnen auch zu § 113 BGB. Darauf abzustellen, ob ein mehr oder weniger abhängiges Handelsvertreterverhältnis vorliegt, wie es das Landesarbeitsgericht im Anschluß an Palandt (BGB, 23. Aufl., 1964, § 112 Anm. 2) tut, ist nicht angängig. Es gibt nach dem Gesetz nur 3 Gruppen von „Handelsvertretern”, nämlich selbständige Handelsvertreter, die Kaufleute sind (§ 84 Abs. 1, § 1 Abs. 2 Nr. 7 HGB), Angestellte (§ 84 Abs. 2 HGB) und die nur in prozessualer Beziehung interessierenden (vgl. oben Ziffer II 1 c dieser Entscheidungsgründe) arbeitnehmerähnlichen Handelsvertreter im Sinne von Art. 3 Abs. 1 des Handelsvertretergesetzes. Alle drei Gruppen stehen entweder in einem Dienstverhältnis (Gruppe 1 und 3) oder in einem Arbeitsverhältnis (Gruppe 2). Damit sind auch alle drei Gruppen in § 113 BGB angesprochen, der gleichermaßen von Dienst- und Arbeitsverhältnissen spricht. Daß Gruppen 1 und 3, bei denen kein Arbeitsverhältnis, aber ein Dienstverhältnis vorliegt, auch unter § 112 BGB fallen können, ist unerheblich. Die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit, die sich bei Gruppen 1 und 3 aus § 112 BGB ergeben kann, deckt sich mit der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit, die sich aus § 113 BGB ergibt, soweit es um die Frage der Erfüllung der Verpflichtungen geht, die sich aus dem Handelsvertreterverhältnis ergeben. Im übrigen ergänzt § 113 den § 112 BGB, weil § 112 BGB nicht die Frage regelt, ob der Handelsvertreter den Unternehmer wechseln kann. Diese Frage ist aber in § 113 BGB geregelt. Der Unterschied, ob der gesetzliche Vertreter nach § 112 oder § 113 verfährt, besteht lediglich darin, daß die Ermächtigung nach § 112 BGB nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen werden kann (§ 112 Abs. 2 BGB), während es für die Zurücknahme und Einschränkung der Ermächtigung aus § 113 BGB der Zustimmung des Vormundschaftsgerichts nicht bedarf.

d) Gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, im vorliegenden Fall habe die Mutter den Vertrag der Parteien genehmigt oder die Beklagte ermächtigt, derartige Verträge abzuschließen, sprechen folgende Bedenken:

Das Landesarbeitsgericht hält eine Genehmigung der Mutter der Beklagten deshalb für gegeben, weil die Mutter sich an Unterhaltungen zwischen leitenden Angestellten der Klägerin und der Beklagten, die über eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen geführt wurden, aktiv beteiligt und von sich aus Einzelheiten der Ausgestaltung des Verhältnisses beanstandet habe. Damit habe die Mutter – so meint das Landesarbeitsgericht – ihr Einverständnis mit der beruflichen Tätigkeit ihrer Tochter kundgetan.

Dies betrifft jedoch lediglich die objektiven Erfordernisse einer schlüssigen Genehmigung. Es fehlt dagegen die subjektive Voraussetzung, daß der Genehmigende sich des Umstandes oder wenigstens der Möglichkeit bewußt ist, daß der Vertrag noch unwirksam sein könnte, und gerade für diesen Fall gewollt hat, dem Vertrag durch seine Genehmigung zur Wirksamkeit zu verhelfen (RGZ 95, 70 [71]; 118, 335 [337], BGHZ 2, 150 [152, 153]; Staudinger-Coing, BGB, 11. Aufl., 1957, § 184 Anm. 1). Nach der Bekundung der Mutter der Beklagten (Bl. 34 ff. VA) ist es aber wahrscheinlich, daß sie, nachdem ihre Tochter sich die Aufnahme einer Vertretertätigkeit nicht hatte ausreden lassen, schließlich resigniert hat und durchaus in Unkenntnis darüber war, daß die Tochter ohne ihre Genehmigung einen solchen Vertrag nicht wirksam abschließen konnte. Dafür spricht, daß es sich bei der Beklagten damals um eine 20-jährige verheiratete Frau gehandelt hat und daß der Grundsatz des BGB „Heirat macht nicht mündig” in Laienkreisen vielfach unbekannt ist. Es steht vor allem nicht fest, daß die Mutter die vereinbarte Konkurrenzklausel gekannt habe und auch dieser habe zustimmen wollen. Unter diesen Umständen stellt es nicht ohne weiteres eine Genehmigung dar, wenn die Mutter versucht hat, durch Mitwirkung an den Verhandlungen für ihre Tochter das Beste herauszuholen. Es verletzt auch nicht das Vertrauensinteresse der Klägerin, wenn auf den subjektiven Voraussetzungen der Genehmigung beharrt wird; die Klägerin hätte sich leicht Klarheit verschaffen können, indem sie die Unterzeichnung des Vertrages durch die Mutter verlangte oder sie ausdrücklich zur Erklärung über die Genehmigung gemäß § 108 Abs. 2 BGB aufforderte. Durch dieses Versäumnis ist die Klägerin der Gefahr entgangen, eine Ablehnung durch die Mutter der Beklagten zu erhalten, und es ist daher auch gerecht, wenn die Klägerin die Nachteile dieses Versäumnisses zu tragen hat. Das Landesarbeitsgericht wird daher zweckmäßigerweise durch erneute Vernehmung der Mutter der Beklagten genauere Feststellungen über diese Fragen treffen müssen.

e) Soweit der Vertrag der Parteien durch spätere Genehmigung der Beklagten nach dem 21. Mai 1961 voll wirksam geworden sein soll (§ 108 Abs. 3 BGB), ist für die Genehmigung des volljährig gewordenen Vertragspartners ebenfalls erforderlich, daß er gewußt oder mit der Möglichkeit gerechnet hat, der Vertrag sei unwirksam (RGZ 95, 70 [71]). Die Erwägung des Arbeitsgerichts, die Kenntnis der Beklagten von der Unwirksamkeit des Vertrages sei daraus abzuleiten, daß deren Mutter dem Vertragsschluß zunächst widersprochen habe (Bl. 76 VA), ist schon deshalb hinfällig, weil die Mutter nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ihr ablehnendes Verhalten alsbald aufgegeben hat. Es ist allerdings sicher, daß der Partner eines Schuldverhältnisses, der den Vertrag als Minderjähriger ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters eingegangen war und das Verhältnis nach Vollendung seines 21. Lebensjahres tatsächlich weitergeführt hat, sich nicht unbeschränkt lange auf die Ungültigkeit des Vertrages berufen darf; dies würde eine unzulässige Rechtsausübung darstellen (venire contra factum proprium) oder deshalb nicht durchgreifen, weil zugunsten des Vertragspartners ein neuer Vertragsabschluß für den Fortsetzungszeitpunkt anzunehmen wäre. Beide Gesichtspunkte scheiden für den vorliegenden Fall allerdings aus, der Neuabschluß wegen der nicht erfüllten Formvorschrift des § 90 a Abs. 1 Satz 1 HGB und die Berufung auf § 242 BGB deshalb, weil die Beklagte nach Vollendung ihres 21. Lebensjahres weniger als 5 Monate (bis zum 18. Oktober 1961) das Vertreterverhältnis fortgesetzt hat, während dieser Zeit mehrfach krank gewesen ist (vgl. das ärztliche Attest Bl. 28 VA) und aufgrund ihrer entsprechend geminderten Tätigkeit auch nur geringe Provisionen in Anspruch nehmen konnte (vgl. Bl. 14 VA). Es bleibt also dabei, daß auch zur Annahme einer eigenen Genehmigung durch die Beklagte vorerst festgestellt werden muß, ob diese die Unwirksamkeit des Vertrages gekannt oder damit gerechnet hat; ein Zweifel in dieser Frage geht zu Lasten der Klägerin, die aus dem Vertrag zu ihren Gunsten Rechtswirkungen ableitet. Es wäre der Klägerin nicht schwer gefallen, gegen das Fortbestehen der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages, bei dem schon aus der Eingangsformel die Minderjährigkeit der unterzeichnenden Vertreterin hervorgeht, geeignete Vorkehrungen zu treffen, beispielsweise die, am 21. Mai 1961 eine erneute Unterzeichnung zu erbitten. Nur diese strenge Auslegung des § 108 BGB wird dem vom Gesetz verfolgten Schutzzweck gerecht.

f) Sollte das Landesarbeitsgericht zu der Annahme kommen, die Wettbewerbsklausel sei von der Mutter oder – nach Volljährigkeit – von der Beklagten genehmigt worden, wird es sich weiter mit der Frage beschäftigen müssen, auf welchen gebietlichen Bereich sich das Wettbewerbsverbot erstreckte und welches Entgelt der Beklagten dann kraft Gesetzes nach § 90 a Abs. 1 Satz 3 HGB als angemessene Entschädigung zwingend (§ 90 a Abs. 4 HGB) zusteht (Schlegelberger-Schröder, aaO, § 90 a Anm. 17 a; Baumbach-Duden, aaO, § 90 a Anm. 5 A).

Zum gebietlichen Bereich ergeben sich eine Reihe von Zweifeln: Die Klägerin nimmt für die Wettbewerbsabrede einen Bereich in Anspruch der 10 Landkreise umfaßt (vgl. Bl. 2 VA). Der Tätigkeitsbereich der Beklagten erstreckte sich nach dem Vertrage (Bl. 10 BA) nur auf die drei Verkaufsbezirke K., R. und A.. Das Landesarbeitsgericht wird daher prüfen müssen, ob unter „angrenzenden Verkaufsbezirken” – nur davon spricht der Vertrag (BA Bl. 10) – die angrenzenden „Landkreise” zu verstehen sind, und gegebenenfalls, ob die 7 anderen Landkreise an die drei im Vertrag genannten Bezirke angrenzen.

Je nach dem Umfang des gebietlichen Bereichs der Wettbewerbsklausel wird das Landesarbeitsgericht sich dann überlegen müssen, welche Entschädigung dafür angemessen war (§ 90 a Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 HGB). Es wird auch nicht ohne weiteres zu der Annahme kommen können, die Entschädigungspflicht der Klägerin sei nach § 90 a Abs. 2 Satz 2 HGB entfallen. Es spricht bisher wenig dafür, daß ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten vorgelegen hätte, dessentwegen die Klägerin das Vertragsverhältnis hätte fristlos kündigen können.

Wenn das Landesarbeitsgericht geprüft hat, welche angemessene Entschädigung der Beklagten zustand, wird es weiter prüfen müssen, ob es nicht eine unzulässige Rechtsausübung (venire contra factum proprium) bedeutet, wenn die Klägerin überhaupt keine Entschädigung zahlen will und trotzdem wegen Nichteinhaltung des Wettbewerbsverbotes Vertragsstrafen verlangt. Soweit das Bundesarbeitsgericht (BAG 2, 258 [261] = AP Nr. 1 zu § 75 a HGB; AP Nr. 16 zu § 74 HGB) ausgeführt hat, der gegen das Wettbewerbsverbot verstoßende Arbeitnehmer oder Handelsvertreter habe für die Dauer des Verstoßes und seiner Auswirkungen keinen Anspruch auf Karenzentschädigung, wird man zwar wegen der Vorleistungspflicht desjenigen, der durch das Wettbewerbsverbot gebunden ist, nicht ohne weiteres sagen können, derjenige Unternehmer, der nicht zahle, habe keinen Anspruch auf Unterlassung des Wettbewerbes, Das braucht hier aber nicht vertieft zu werden. Es muß jedenfalls in Betracht gezogen werden, daß derjenige Unternehmer, der für die Wettbewerbsenthaltung des Arbeitnehmers oder Handelsvertreters überhaupt nichts zahlen will, obwohl er angemessen zahlen muß, in unzulässiger Rechtsausübung handelt, wenn er trotzdem mittels Vertragsstrafen eine Erfüllung des Wettbewerbsverbotes durch den anderen Teil erzwingen will. Denn wenn er jegliche Zahlung einer Karenzentschädigung unterläßt, dann ist er genau so vertragsuntreu wie der andere Teil, der sich nicht an das Wettbewerbsverbot hält. Ihm in solchen Fällen trotzdem die scharfe Waffe der Vertragsstrafe zu gewähren, ist daher regelmäßig nicht angängig.

g) Sollte das Landesarbeitsgericht trotzdem zu der Annahme kommen, die Klägerin könne eine Vertragsstrafe verlangen, so wird es prüfen müssen, ob die Beklagte nicht eine Herabsetzung der Vertragsstrafe verlangen kann.

Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe ist deshalb zulässig, weil die Beklagte nach Inhalt und Umfang ihrer etwaigen Handelsvertretertätigkeit sehr wahrscheinlich nur als Minderkaufmann nach §§ 4 Abs. 1, 351 HGB anzusehen ist, so daß die Vorschrift des § 348 nicht in Betracht kommt. Die Prüfung, ob und inwieweit die für jeden Fall der Zuwiderhandlung ausgesetzte Strafe von 200,– DM unverhältnismäßig hoch ist, muß nach den gesamten Umständen des Falles vorgenommen werden (BGH LM Nr. 2 zu § 339 BGB; BAG AP Nr. 2 zu § 67 HGB; BAG AP Nr. 1 zu § 74 a HGB), so daß auch die Minderjährigkeit der Beklagten zu berücksichtigen ist. Außerdem ist wesentlich, daß die Beklagte – wenn sie überhaupt Handelsvertreterin ist – als Einfirmenvertreterin mit durchschnittlichen Bezügen von nicht mehr als 500,– DM monatlich kraft ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzes (Art. 3 Handelsvertretergesetz in Verbindung mit § 92 a HGB und § 5 Abs. 1 ArbGG) zu den sogenannten arbeitnehmerähnlichen Personen gehört, die vom Gesetzgeber immerhin als besonders schutzbedürftig anerkannt sind. Durch die Zuweisung der Rechtsstreitigkeiten dieser Personen an die Arbeitsgerichtsbarkeit hat der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck gebracht, daß zu ihren Gunsten das sozialrechtliche Schutzprinzip zu beachten ist, auch wenn sie nach materiellem Recht in einem freien Dienstverhältnis stehen, dessen Partner als gleichrangig gelten. Bei der Ermittlung der angemessenen Höhe der Vertragsstrafe wird auch heranzuziehen sein, daß die Klägerin – in allerdings unzulässiger Weise – die Vereinbarung einer verhältnismäßig geringen Karenzentschädigung durchgesetzt hat.

h) Schließlich bleibt die von der Beklagten erklärte Eventualaufrechnung zu beachten. Das gilt selbst für den Fall, daß nach einer Herabsetzung der Vertragsstrafe die Gesamtforderung der Klägerin den geltend gemachten Teilbetrag von 1.000,– DM noch in Höhe der zur Aufrechnung gebrachten Gegenforderung übersteigen sollte. Nach der ganz herrschenden Rechtsprechung kann eine beklagte Partei bei einer gegen sie geltend gemachten Teilforderung gerade gegenüber dem im Streit befangenen Teil aufrechnen, so daß es dem Kläger verwehrt ist, den Beklagten auf den nicht eingeklagten Forderungsteil zu verweisen (RGZ 80, 393; BGH LM Nr. 25 zu § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UmstG). Da die Beklagte die Eventualaufrechnung in bestimmter Höhe geltend gemacht hat (vgl. Bl. 15, 67 und 75 VA), kommt es im vorliegenden Rechtsstreit zunächst nicht darauf an, ob sie gegen die Klägerin wegen Unangemessenheit der vertraglich vorgesehenen Karenzentschädigung noch eine Mehrforderung erheben kann. Das Landesarbeitsgericht wird jedoch beachten müssen, daß die von der Beklagten für die Zeit vom 20. Oktober 1961 bis zum 20. März 1962 im Wege der Aufrechnung geltend gemachte Entschädigung (Bl. 15 VA) nach ihrem eigenen Vortrag insoweit unbegründet ist, als sie zugestanden hat, bereits im Februar 1962 eine Wettbewerbstätigkeit aufgenommen zu haben (Bl. 67 VA), weil nach der entsprechend anzuwendenden Entscheidung BAG AP Nr. 16 zu § 74 HGB (vgl. auch BAG 2, 258 [261] = AP Nr. 1 zu § 75 a HGB) von diesem Zeitpunkt ab ein Anspruch auf Entschädigung nicht bestanden hat. Die dadurch entstehende Lücke ist gegebenenfalls durch eine auf die angemessene Höhe gebrachte Entschädigungsforderung auszufüllen, die der Zeit entspricht, in der die Beklagte nicht dem Wettbewerbsverbot zuwidergehandelt hat.

 

Unterschriften

gez. Dr. Boldt, Dr. Stumpf, Dr. Auffarth, Dr. Eck, Döring

 

Fundstellen

Haufe-Index 662653

BAGE, 335

NJW 1964, 1641

MDR 1964, 788

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