Rz. 10

Die Wahlanfechtung kann zunächst von (mindestens) drei wahlberechtigten Arbeitnehmern des Betriebs beantragt werden. Die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer muss im Zeitpunkt der Wahl gegeben sein. Scheiden die Arbeitnehmer später aus dem Betrieb aus, so erlischt die Anfechtungsberechtigung nicht. Scheiden allerdings Arbeitnehmer, die den Antrag tragen, aus dem Betrieb aus und hat die Fehlerhaftigkeit der Wahl für keinen der ausgeschiedenen Arbeitnehmer gegenwärtig oder künftig Auswirkungen, so entfällt für sie das Rechtsschutzbedürfnis für die weitere Durchführung des Anfechtungsverfahrens. Das BAG lässt jedoch genügen, wenn die Ausgeschiedenen den Antrag aufrechterhalten und mindestens ein Arbeitnehmer, der zulässigerweise die Wahl angefochten hat, noch dem Betrieb angehört. Erst, wenn alle wahlanfechtenden Arbeitnehmer aus dem Betrieb ausscheiden, soll die Wahlanfechtung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig werden (BAG, Beschluss v. 15.2.1989, 7 ABR 9/88; LAG München, Beschluss v. 27.2.2007, 8 TaBV 89/06; s. auch BAG, Beschluss v. 23.7.2014, 7 ABR 23/12 zur parallelen Frage bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung). Fällt auf diese Weise ein anfechtungsberechtigter Arbeitnehmer aus und wird die Wahlanfechtung infolgedessen nicht mehr von mindestens drei Arbeitnehmern getragen, so kann kein anderer Arbeitnehmer an die Stelle des Ausgeschiedenen treten (BAG, Beschluss v. 12.2.1985, 1 ABR 11/84). Nach der Klarstellung in § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG, dass im Betrieb eingesetzte Zeitarbeitnehmer bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten mitzählen, erhebt sich die Frage, ob die Zahl "3" auch ein solcher Schwellenwert ist – m. a. W., ob im Extremfall auch drei Zeitarbeitnehmer alleine eine Betriebsratswahl anfechten können. Auf den ersten Blick scheint das der Fall zu sein. § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG will aber lediglich anordnen, dass die Zeitarbeitnehmer bei Schwellenwerten mitzählen. Aktive Rechte sollen ihnen wohl nicht zukommen. Daher wird § 14 Abs. 2 Satz 4 AÜG einschränkend dahin auszulegen sein, dass Zeitarbeitnehmer überall dort nicht automatisch einbezogen werden, wo die festgelegte Zahl das reine Zählen hinaus weitergehende Rechte mit sich bringt; das Gesetz bringt das zum Ausdruck, indem es anordnet, die Leiharbeitnehmer seien (nur) zu berücksichtigen. Das ist hier der Fall.

 

Rz. 11

Ferner kann jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft die Betriebsratswahl anfechten. Die Gewerkschaft muss jedoch noch bis zum Termin der letzten mündlichen Verhandlung im Betrieb vertreten sein, also mindestens einen Arbeitnehmer repräsentieren (BAG, Beschluss v. 21.11.1975, 1 ABR 12/75); nicht berücksichtigt werden Mitglieder, die die Gewerkschaft aufgenommen hat, obwohl die satzungsmäßigen Aufnahmevoraussetzungen offenkundig nicht vorgelegen haben (BAG, Beschluss v. 10.11.2004, 7 ABR 19/04). Der Antrag muss von der zur Vertretung der Gewerkschaft befugten Einheit gestellt werden, sonst ist sie unwirksam und kann auch nicht durch die zuständige Stelle oder den Vorstand nach Fristablauf durch Genehmigung geheilt werden (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 13.12.2006, 12 TaBV 95/06). Für den vom LAG zu entscheidenden Fall der IG Metall sah das LAG Düsseldorf in der satzungsmäßigen Aufgabenverteilung (Stand 2006) die Vertretungsbefugnis für Wahlanfechtungen als ausschließlich den örtlich zuständigen Verwaltungsstellen zugewiesen an.

 

Rz. 12

Als Arbeitgeber anfechtungsberechtigt ist ausschließlich der Arbeitgeber, in dessen Betrieb die Betriebsratswahl stattgefunden hat. Wird der Betrieb von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben, dann ist nur die BGB-Gesellschaft, nicht aber jeder einzelne Gesellschafter für sich anfechtungsberechtigt (BAG, Beschluss v. 28.11.1977, 1 ABR 36/76).

Der Arbeitgeber hat (u. a.) zur Vorbereitung einer Wahlanfechtung ein Recht auf Einsicht in die Wahlunterlagen. Dieses Recht besteht auch außerhalb der Frist für die Wahlanfechtung. Irgendein Interesse an der Einsicht muss der Arbeitgeber bei Geltendmachung des Einsichtsrechts nicht dartun. Dies gilt so uneingeschränkt allerdings nicht für Bestandteile der Wahlakten, die Aufschluss über das Wahlverhalten einzelner Arbeitnehmer geben können, etwa die Exemplare der Wählerlisten, die mit Stimmabgabevermerken des Wahlvorstands versehen sind. Wenn der Arbeitgeber solche Teile einsehen will, muss er begründen, dass die Kenntnis gerade dieser Unterlagen zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wahl erforderlich ist (BAG, Beschluss v. 27.7.2005, 7 ABR 54/04).

Sein Anfechtungsrecht verliert der Arbeitgeber grundsätzlich selbst dann nicht, wenn er seine Unterstützungspflicht gegenüber dem Wahlvorstand verletzt hat (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 28.8.2019, 7 TaBV 25/18). Allerdings verwehrt die neu eingefügte Sondervorschrift des § 19 Abs. 3 Satz 3 BetrVG[1] dem Arbeitgeber ein Anfechtungsrecht wegen fehlerhafter Wählerliste, wenn die Fehlerhaftigkeit auf seinen Angaben beruht. In der Praxis kann folglich die Frage auftreten, welche Angaben dem Ar...

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