Rz. 108

Der Arbeitgeber hat auch die Bewerbungsunterlagen vorzulegen. Bewerbungsunterlagen i. S. d. § 99 Abs. 1 BetrVG sind zunächst alle im Zusammenhang mit der Bewerbung um die betreffende Stelle vom Bewerber selbst eingereichten Unterlagen. Dazu zählen Bewerbungsschreiben, Zeugnisse, Teilnahmebestätigungen, Lebenslauf, Lichtbild, Angaben über den Gesundheitszustand, Referenzen u. Ä. Zu den Bewerbungsunterlagen gehört nicht das Ergebnis einer Einstellungsuntersuchung oder der Vertrag zwischen Arbeitnehmerüberlassungsfirma und Arbeitnehmer (BAG, Beschluss v. 6.6.1978, 1 ABR 66/75). Der Arbeitgeber muss die Unterlagen vorlegen, soweit sie "erforderlich" sind. Daraus können sich im Einzelfall Einschränkungen ergeben. Das gilt etwa mit Blick auf vom Bewerber beigefügte umfangreiche Anlagen, falls sich aus ihnen lediglich Bestätigungen für ohnehin – etwa im Lebenslauf – mitgeteilte Umstände und Daten ergeben. Das gilt ferner für den Fall, dass der Arbeitgeber die aus den Unterlagen ersichtlichen Daten und Angaben in eine selbst erstellte Übersicht überträgt (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 55/03[1]). Der Arbeitgeber hat die entsprechenden Unterlagen nicht nur bezüglich der von ihm zur Einstellung oder Versetzung schließlich vorgesehenen Bewerber, sondern bezüglich aller Stellenbewerber – auch der abgelehnten – vorzulegen. "Vorlage" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Unterlagen für die Dauer der gesetzlichen Entscheidungsfrist tatsächlich zur Verfügung zu stellen und zu überlassen und damit dem Zustimmungsantrag in der Regel beizufügen hat. Als erforderliche Bewerbungsunterlagen sind neben den von den Bewerbern selbst eingereichten auch solche Unterlagen anzusehen, die erst der Arbeitgeber anlässlich der Bewerbung über die Person des Bewerbers erstellt und bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt hat (BAG, Beschluss v. 14.4.2015, 1 ABR 58/13[2]), wie etwa Personalfragebögen, schriftliche Auskünfte von dritter Seite, standardisierte Interview- oder Prüfungsergebnisse, schriftliche Protokolle über Bewerbungsgespräche oder Ergebnisse von Tests oder Einstellungsprüfungen (BAG, Beschluss v. 14.12.2004, 1 ABR 55/03[3]). Aufzeichnungen, die für die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers ohne jegliche Bedeutung sind, wie formlose, unstrukturierte Gesprächsnotizen, muss dieser dem Betriebsrat nicht vorlegen (BAG, Beschluss v. 14.4.2015, 1 ABR 58/13[4]).

 

Rz. 108a

Ist der Arbeitgeber ein bundesweit tätiges Einzelhandels-Filialunternehmen, das sein Verkaufsgebiet in mehrere regionale Bereiche aufgeteilt hat, für die jeweils ein Büro mit einem sog. Recruitment-Center zuständig ist, und werden die einzelnen Filialen jeweils von einem Store Manager geleitet, der in personellen und sozialen Angelegenheiten die Entscheidungen trifft, so sind dem Betriebsrat einer der örtlichen Filialen auch diejenigen erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen, die von Personen eingereicht wurden, die sich im Onlineportal auf eine ausgeschriebene Stelle für diese Filiale beworben haben, aber vom Recruitment-Center aussortiert werden, etwa weil nach dessen Einschätzung von nicht ernsthaften Bewerbungen auszugehen ist oder der Bewerber dem geforderten Anforderungsprofil nicht entspricht. Die Vorlage- und Auskunftspflicht trifft nicht die Filialleitung (Store-Manager), sondern den Arbeitgeber (BAG, Beschluss v. 21.10.2014, 1 ABR 10/13[5]).

[1] NZA 2005, 827.
[2] NZA 2015, 1081.
[3] NZA 2005, 827.
[4] NZA 2015, 1081.
[5] NZA 2015, 311.

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