1 Vorbemerkung

 

Rz. 1

§ 62 BetrVG regelt Größe und Zusammensetzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV). Die Vorschrift ist durch das BetrVerf-ReformG vom 23.7.2001[1], in Kraft getreten am 28.7.2001, grundlegend geändert worden. Dies gilt zum einen für die Grenzzahlen, die für die Größe der JAV maßgeblich sind. Sie wurden zum Teil nicht unerheblich herabgesetzt mit der Folge, dass die JAVen seither häufig größer sein können als in der Vergangenheit. Nach dem Willen des Gesetzgebers[2] sollte durch die veränderten Grenzwerte erreicht werden, dass die Anzahl der von der JAV betreuten Beschäftigten mit ihrer Größe progressiv steigt und dadurch eine bessere Vertretung der Belange der jugendlichen und zu ihrer Ausbildung Beschäftigten gewährleistet ist. Zum anderen hat das BetrVerf-ReformG die frühere Sollvorschrift des § 62 Abs. 3 zur Berücksichtigung der Geschlechter aufgehoben. An ihre Stelle ist eine zwingende Geschlechterquote getreten, die ihren Niederschlag in § 62 Abs. 3 n. F. gefunden hat. Das Gesetz schreibt damit – ebenso wie für den Betriebsrat gem. § 15 Abs. 2 BetrVG – auch für die JAV zwingend vor, dass die Geschlechter entsprechend dem zahlenmäßigen Verhältnis der nach § 60 Abs. 1 wahlberechtigten Beschäftigten vertreten sein müssen, sofern die JAV aus mindestens 3 Mitgliedern besteht. Die Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz enthält Regelungen, die die Mindestquote sichern sollen. In der Praxis führen sie allerdings dazu, dass sich jedes Wahlverfahren entgegen den Zielsetzungen des Gesetzgebers verkompliziert.

 

Rz. 2

§ 62 enthält zwingendes Recht. Die Vorschrift kann daher nicht durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abbedungen oder geändert werden. Dies gilt jedoch nicht für die Regelung in § 62 Abs. 2. Sie enthält lediglich eine Sollvorschrift.

[1] BGBl I S. 1852.
[2] Vgl. dazu BT-Drucks. 14/5741 S. 44.

2 Die Größe der Jugend- und Auszubildendenvertretung

2.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Dem Gesetzestext in Abs. 1 ist die Zahl der Mitglieder der JAV unmittelbar zu entnehmen. Sie hängt ab von der Zahl der Beschäftigten eines Betriebs, wobei nur jugendliche Arbeitnehmer, also solche unter 18 Jahren, und die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten zu berücksichtigen sind. Sofern sich nicht genügend Arbeitnehmer zur Übernahme des Amtes eines JAV bereit erklären, ist die nächstniedrigere Größe der JAV entsprechend der Tabelle in § 61 Abs. 1 maßgeblich.[1]

Maßgeblich ist die Zahl der "in der Regel" beschäftigten Jugendlichen, mithin alle Arbeitnehmer des Betriebs unter 18 Jahren, und die zur ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, unabhängig von ihrem Alter. Seit der Änderung des § 60 BetrVG durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz (BRModG) gilt für die Wahlberechtigung von Auszubildenden und damit auch für ihre Berücksichtigung nach § 62 Abs. 1 BetrVG die Obergrenze von 25 Jahren nicht mehr.[2] Nach der Rechtsprechung des BAG[3] ist grundsätzlich die Zahl der Arbeitnehmer maßgebend, die für den Betrieb oder das Unternehmen im Allgemeinen kennzeichnend ist. Eine vorübergehende Erhöhung der Personalstärke hat dabei ebenso außer Betracht zu bleiben wie eine vorübergehende Verringerung der Belegschaft. Übertragen auf die JAV bedeutet dies, dass es auf die Zahl der allgemein in einem Betrieb oder Unternehmen beschäftigten Jugendlichen unter 18 Jahre bzw. zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten ankommt. Erforderlich dafür, dass überhaupt eine JAV gewählt wird, ist – wie der in § 62 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Tabelle zu entnehmen ist – eine regelmäßige Beschäftigung von mindestens 5 Jugendlichen oder Auszubildenden. Wird diese Zahl nicht erreicht, ist keine entsprechende Vertretung zu wählen. Besteht eine JAV und sinkt die Zahl der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Jugendlichen oder Auszubildenden nicht nur vorübergehend unter 5, verliert die bestehende JAV ihr Amt.[4]

[1] Richardi/Annuß, Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung, 17. Aufl. 2021, § 62 Rz. 7.
[4] Richardi/Annuß, a. a. O., § 62 Rz. 8.

2.2 Betriebszugehörigkeit

 

Rz. 4

Um eine JAV zu wählen, müssen mindestens 5 Jugendliche unter 18 Jahren oder Auszubildende in einem Betrieb beschäftigt sein. Der Begriff "Betrieb" ist in demselben Sinne zu verstehen wie bei der Bildung des Betriebsrats. Auf die Kommentierung zu §§ 1 und4 BetrVG, wird verwiesen. Anders als beim Betriebsrat kommt es jedoch für die JAV auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit nicht an.[1]

Bei der Verbundausbildung gem. § 10 Abs. 5 BBiG in einem Konzern ist die Betriebszugehörigkeit zu einem der an der Ausbildung beteiligten Betriebe des Konzerns zu ermitteln. Maßgeblich ist, wo die für das Ausbildungsverhältnis wesentlichen Entscheidungen getroffen werden. Indiz dafür kann der Ausbildungsvertrag sein, entscheidend ist die konkrete Ausgestaltung.[2]

[1] Vgl. dazu auch Kommentierung zu § 61, Rz. 12.
[2] S. Kommentierung zu § 60 BetrVG, Rz. 11 ff.

2.3 Maßgeblicher Stichtag

 

Rz. 5

Für die Größe einer JAV ist maßgeblich, wie viele Jugendliche und Auszubildende der Betrieb in der Regel am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens beschäftigt. Änd...

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