Rz. 24

Der Arbeitnehmer muss die 3-wöchige Klagefrist des § 4 KSchG verstreichen lassen. Dies ist reiner Realakt.[1] Der Anspruch entsteht mit Ablauf der Klagefrist, ohne dass es einer weiteren Willensbetätigung des Arbeitnehmers bedarf.

Die Regelung über Rechtsgeschäfte (Willensmängel, §§ 116 ff. BGB; Geschäftsfähigkeit, §§ 104 ff. BGB und Stellvertretung, §§ 164 ff. BGB) sind hierauf nicht anwendbar. Dem Arbeitnehmer bleiben allein die Rechte nach §§ 5 und 6 KSchG. In diesen Fällen – wie auch im Fall der allgemeinen Feststellungsklage und auch bei verspäteter Klageerhebung – entsteht kein Anspruch aus § 1a KSchG trotz Verstreichenlassen der Frist nach § 4 Satz 1 KSchG.[2] Dies liefe dem Sinn und Zweck der Norm zuwider, die Anrufung der Arbeitsgerichte zu vermeiden, und ist der Einhaltung der Klagefrist nach § 4 KSchG gleichzusetzen. Nicht davon erfasst ist der bloße Antrag nach § 5 KSchG (Zulassung verspäteter Klagen)[3], da das Verstreichenlassen der Klagefrist nur bei erfolgreichem Antrag kein Prozesshindernis darstellt.

 

Rz. 25

Aus demselben Grund kann die Fiktion des § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO, nach welcher der Rechtsstreit im Falle der Klagerücknahme von Anfang an als nicht anhängig angesehen werden muss, nicht für eine Anspruchsbegründung nach § 1a KSchG herangezogen werden.[4] Dies gilt auch für die Fälle des § 54 Abs. 5 Satz 4 ArbGG (Nichterscheinen in Güteverhandlung), da diese Vorschrift ebenfalls auf die Fiktion des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO verweist.

Anders liegt der Fall jedoch bei Rücknahme der Klage vor Zustellung der Klageschrift. Wegen § 167 ZPO wird die Frist bereits mit Eingang bei Gericht gewahrt, wenn eine Zustellung an die Gegenseite demnächst erfolgen wird. Dazu wird es bei Rücknahme vor Zustellung nicht kommen, weshalb zu diesem Zeitpunkt noch keine fristgemäße Klageerhebung vorliegt.[5]

 

Rz. 26

Unschädlich für einen Anspruch aus § 1a KSchG ist jedoch eine Klage auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses bis zu einem späteren Termin als in der Kündigung vorgesehen, wenn diese von einer falschen Kündigungsfrist ausgeht. Streitgegenstand hier ist nicht der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich, sondern nur der Zeitpunkt der Beendigung.[6]

 

Rz. 27

Ein Verstreichenlassen der Klagefrist setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt nicht schon durch andere Gründe (z. B. Aufhebungsvertrag, außerordentliche Kündigung) beendet worden ist. Endet das Arbeitsverhältnis eines gekündigten Arbeitnehmers vor Ablauf der Kündigungsfrist durch den Tod des Arbeitnehmers, geht daher der Anspruch nicht auf dessen Erben über.[7] Gleiches gilt, wenn sich die Parteien vor Ablauf der Kündigungsfrist auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und den Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft einigen, auch wenn die Beendigung auf das Datum des Auslaufens der Kündigungsfrist datiert ist.[8]

[1] Dazu auch Rz. 2 ff.; KR/Spilger, § 1a KSchG, Rz. 37.
[2] BAG, Urteil v. 20.8.2009, 2 AZR 267/08, NZA 2009, 1197; dazu auch Rz. 31 ff.; DDZ/Zwanziger/Yalcin, KSchR, § 1a KSchG, Rz. 12.
[3] DDZ/Zwanziger/Yalcin, KSchR, § 1a KSchG, Rz. 12; KR/Spilger, § 1a KSchG, Rz. 76; a. A. APS/Hesse, 6. Aufl. 2021, § 1a KSchG, Rz. 8.
[4] BAG, Urteil v. 20.8.2009, 2 AZR 267/08, NZA 2009, 1197; BAG, Urteil v. 13.12.2007, 2 AZR 971/06, NZA 2008, 696; Bader, NZA 2004, 65, 71; Grobys, DB 2003, 2174, 2175; Preis, DB, 2004, 70, 74; KPK/Heise, KSchG, § 1a KSchG, Rz. 20; HWK/Quecke, Arbeitsrecht, § 1a KSchG, Rz. 15.
[5] Ebenso DDZ/Zwanziger/Yalcin, KSchR, § 1a KSchG, Rz. 13.
[6] KR/Spilger, § 1a KSchG, Rz. 67; Bauer/Krieger, NZA 2004, 77; a. A. Bader, NZA 2004, 65, 72; Löwisch, BB 2004, 154, 158.

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