Entscheidungsstichwort (Thema)

Betreuungsgeld. vor dem 1.8.2012 geborene Kinder. Leistungsausschluss. Stichtagsregelung. Höhe des Betreuungsgeldes. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Die Stichtagsregelung des § 27 Abs 3 S 1 BEEG, nach der Betreuungsgeld nicht für vor dem 1.8.2012 geborene Kinder gezahlt wird, verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG noch gegen die Schutzgebote aus Art 6 GG oder das Sozialstaatsgebot.

2. Auch die Vorschriften der §§ 4b und 27 Abs 3 S 2 BEEG zur Höhe des Betreuungsgeldes sind mit Art 3 Abs 1 und Art 6 Abs 1 GG vereinbar.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Betreuungsgeld für das am 26.08.2011 geborene Kind der Klägerin in Höhe von monatlich 300,00 EUR für die Zeit vom 01.08.2013 bis 25.08.2014.

Die 0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland. Sie ist verheiratet und Mutter von vier Kindern. Diese sind am 16.01.2003, 04.06.2004, 21.12.2007 und 26.08.2011 geboren. Die Klägerin lebt mit den vier Kindern im streitigen Anspruchszeitraum in einem Haushalt und erzieht sie. Die Eltern nehmen keine öffentlich geförderte Tagesbetreuung (Kindertageseinrichtung, Tagesmutter oder -vater) in Anspruch. Sie haben auch keinen Anspruch auf eine dem Elterngeld oder dem Betreuungsgeld vergleichbare Leistung. Das Gesamteinkommen der Klägerin und ihres Ehemannes hat im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes, für das Betreuungsgeld begehrt wird, also im Jahre 2010 den Betrag von 500.000,00 EUR nicht überschritten.

Am 28.10.2013 beantragte die Klägerin Betreuungsgeld für den 15. bis 36. Lebensmonat des am 26.08.2011 geborenen (vierten) Kindes.

Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 29.10.2013 ab mit der Begründung, Betreuungsgeld werde nicht für vor dem 01.08.2012 geborene Kinder gewährt; das zu betreuende Kind sei aber bereits am 26.08.2011 geboren.

Dagegen legte die Klägerin am 05.11.2013 Widerspruch ein. Sie beantragte, ihr ein monatliches Betreuungsgeld von 300,00 EUR für die Zeit vom 01.08.2013 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Betreuungsgeldgesetzes) bis zum 25.08.2014 (Vollendung des 36. Lebensmonats des Kindes) zu zahlen. Sie vertrat die Auffassung, die Übergangsregelung in § 27 Abs. 3 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) verstoße ebenso gegen die Verfassung wie die in § 4b BEEG bestimmte Höhe des Betreuungsgeldes von 150,00 EUR bzw. von 100,00 EUR gem. § 27 Abs. 3 Satz 2 BEEG für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.07.2014.

Der Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 09.12.2013 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 13.01.2014 Klage erhoben. Sie meint, die Stichtagsregelung des § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG); die Ungleichbehandlung von Eltern, deren Kinder vor dem 01.08.2012 geboren sind, gegenüber denjenigen, deren Kinder nach diesem Stichtag geboren sind, sei sachlich nicht gerechtfertigt und unvertretbar. Desweiteren ist die Klägerin der Auffassung, die Höhe des Betreuungsgeldes von 150,00 EUR pro Monat stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten, die ein öffentlich geförderter Betreuungsplatz verursache; der Betreuungsgeldbetrag bleibe in eklatanter Weise hinter der Förderung bei Inanspruchnahme einer Fremdbetreuung zurück. Zwischen "selbst- und fremdbetreuenden Eltern" - gemeint ist wohl: "zwischen Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, und Eltern, die ihr Kind von Fremden betreuen lassen" - bestünden keine derart gewichtigen Unterschiede, die diese Diskrepanz rechtfertigen könnten; dies sei ein Verstoß gegen Artikel 3 GG. Die Höhe des Betreuungsgeldes von 150,00 EUR sei im Verhältnis zum Arbeitsaufwand und -einsatz, den die Betreuung und Erziehung eines Kindes erforderten, viel zu gering, um eine angemessene oder irgendwie spürbare Familienförderung zu gewährleisten. Die Klägerin stellt die These auf: "Niemand betreut sein Kind zuhause, um das Betreuungsgeld zu realisieren." Sie folgert daraus, dass dem Betreuungsgeld insoweit keine Lenkungsfunktion zukomme. Die familiäre Wertentscheidung, sein Kind zuhause zu betreuen, verdiene letztlich dieselbe Würdigung und Förderung wie die Entscheidung, sein Kind fremd betreuen zu lassen; daher verstoße die Höhe des Betreuungsgeldes auch gegen Artikel 6 GG. In verfassungskonformer Auslegung des § 4b BEEG müsse - entsprechend der Höhe des Mindestelterngeldes - das Betreuungsgeld mindestens 300,00 EUR pro Monat betragen. Deshalb - so die Klägerin - verstoße die Regelung des § 27 Abs. 3 Satz 1 BEEG, wonach für die Zeit vom 01.08.2013 bis 31.07.2014 das Betreuungsgeld nur 100,00 EUR pro Monat betrage, erst recht gegen die Artikel 3 und 6 GG.

Die Klägerin beantragt dem Sinne ihres schriftsätzlichen Vorbringens nach,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 29.10.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2013 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 01.08.2013 ...

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