Rz. 31

Führt die individuelle betriebliche Qualifizierung – auch nach einer Verlängerung der Dauer von 2 auf 3 Jahre – nicht zur Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses und ist auch mit Hilfe einer weiteren Maßnahme der Unterstützten Beschäftigung oder einer anderen Maßnahme der Teilhabe am Arbeitsleben eine Eingliederung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht erreichbar, so dürfte daraus der Schluss zu ziehen sein, dass in einem solchen Fall doch die Einmündung in eine Werkstatt für behinderte Menschen die letztlich allein in Betracht kommende Teilhabe am Arbeitsleben ist. Der behinderte Mensch hat in einem solchen Fall einen Rechtsanspruch auf Aufnahme in eine Werkstatt.

 

Rz. 32

Auch in diesem Fall erfolgt die Aufnahme in das Eingangsverfahren der Werkstatt. In den Beratungen des Gesetzentwurfs hat sich die Auffassung nicht durchgesetzt, dass in dem Fall, in dem die Aufnahme in die Werkstatt nach der Unterstützten Beschäftigung erfolgt, das Eingangsverfahren von vornherein auf die Mindestdauer von 4 Wochen zu bewilligen sei, weil in diesen Fällen die als Hauptaufgabe des Eingangsverfahrens zu prüfende Frage, nämlich, ob die Werkstatt die geeignete Einrichtung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist und eine andere Form der Teilhabe nicht in Betracht komme, bereits beantwortet sei. Hierzu wäre eine Änderung der Vorschriften in § 40 Abs. 2 SGB IX und § 3 Abs. 2 Werkstättenverordnung notwendig gewesen. Hierzu hat sich der Gesetzgeber nicht bereit erklärt. Damit bleibt es dabei, dass die Feststellung, ob die Mindestdauer des Eingangsverfahrens ausreichend wäre, erst während des zunächst für die Regeldauer von 3 Monaten bewilligten Eingangsverfahrens selbst geklärt werden kann. Der Anstoß hierzu müsste von der Werkstatt selbst kommen, die mit einer Stellungnahme, dass eine kürzere Maßnahme- und Förderdauer ausreichend sei, an den Fachausschuss (§ 2 Werkstättenverordnung) herantreten müsste. Dieser müsste über die Stellungnahme beraten und dem zuständigen Rehabilitationsträger eine Empfehlung abgeben, das Verfahren zu verkürzen.

Angesichts der Interessenlage und auch im Hinblick auf die zeitlichen Verfahrensabläufe dürfte eine Verkürzung nur in wenigen Fällen eine Rolle spielen.

 

Rz. 33

Dem Eingangsverfahren folgt der Berufsbildungsbereich auch in diesen Fällen, in denen die Aufnahme in die Werkstatt nach der Unterstützten Beschäftigung erfolgt. Mit der Begründung, dass die im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung durchgeführte individuelle betriebliche Qualifizierungsphase inhaltlich dem Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen gleichstehe (BR-Drs. 543/08, Begründung zu Art. 4 Nr. 4, § 40 SGB IX), hatte die Bundesregierung regeln wollen, dass die Zeit der individuellen betrieblichen Qualifizierung voll auf die Dauer des Berufsbildungsbereichs angerechnet werden sollte. Dies hätte zur Folge gehabt, dass nach der 2- oder nach Verlängerung 3-jährigen individuellen betrieblichen Qualifizierung eine Maßnahme im Berufsbildungsbereich nicht mehr durchzuführen gewesen wäre, der behinderte Mensch in diesen Fällen aus dem Eingangsbereich direkt in den Arbeitsbereich übergewechselt wäre.

 

Rz. 34

Gegen die volle Anrechnung wandte sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 19.9.2008 (BR-Drs. 543/08, Beschluss zu Art. 4 Nr. 4 § 40 Abs. 4 SGB IX, S. 6) und forderte eine lediglich hälftige Anrechnung mit der Begründung, bei der individuellen betrieblichen Qualifizierung handele es sich um im Vergleich zum Berufsbildungsbereich einer Werkstatt unterschiedliche Tätigkeiten/Maßnahmen. Eine grundsätzlich volle Anrechnung der Zeit einer Unterstützten Beschäftigung auf den Berufsbildungsbereich einer Werkstatt könne nicht in jedem Fall normiert werden, um nicht spätere Wiedereingliederungschancen der Betroffenen zu reduzieren.

 

Rz. 35

Nachdem die Bundesregierung diesen Vorschlag in ihrer Gegenäußerung wiederum mit dem Hinweis auf die Vergleichbarkeit beider Maßnahmen sowie auf die Möglichkeit des 3-monatigen Eingangsverfahrens zur Feststellung des richtigen Bereiches in der Werkstatt und der in Betracht kommenden Leistungen abgelehnt hatte (BT-Drs. 16/10487 zu Art. 4 Nr. 4, S. 16), beschloss der AuS-Ausschuss auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen (Ausschuss-Drs. 16[11]1175) die hälftige Anrechnung, wie vom Bundesrat angeregt, allerdings mit der in der Empfehlung des Bundesrates noch nicht enthaltenen Einschränkung, dass die Zeiten individueller betrieblicher Qualifizierung und des Berufsbildungsbereichs insgesamt nicht mehr als 36 Monate betragen sollen. Der AuS-Ausschuss begründete die Begrenzung mit dem Erfordernis, dass Maßnahmekarrieren vermieden werden sollten (Beschlussempfehlung und Bericht, BT-Drs. 16/10905 v. 12.11.2008). Der Deutsche Bundestag folgte dieser Empfehlung.

Das bedeutet im Ergebnis, dass nur in den Fällen, in denen die Höchstförderdauer der individuellen betrieblichen Qualifizierung von 36 Monaten bereits ausgeschöpft ist, kein Raum mehr für eine weitere Förderung i...

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