Nach der Rechtsprechung des EuGH dürfen im Rahmen einer nach § 17 KSchG anzeigepflichtigen Massenentlassung Kündigungen erst dann ausgesprochen werden, wenn vorher die Massenentlassungsanzeige erstattet und das nach § 17 Abs. 2 KSchG vorgesehene Unterrichtungs- und Beratungsverfahren mit dem Betriebsrat durchgeführt wurde.[1] Die Anzeige bei der Agentur für Arbeit muss rechtzeitig vor dem Ausspruch der Kündigung erfolgen. Sollte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigungen noch nicht klar sein, ob es überhaupt zu anzeigepflichtigen Massenentlassungen kommt, sollte bei der Agentur für Arbeit eine vorsorgliche Massenentlassungsanzeige erstattet werden.

Welche Angaben in der Massenentlassungsanzeige enthalten sein müssen, ergibt sich aus § 17 Abs. 3 Satz 4 und 5 KSchG.

Die sog. Muss-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG umfassen den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebs, die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und Berufsgruppen der zu entlassenden und in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, die Zeit, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, und die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer.

Demgegenüber zählen zu den sog. Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer. Nach dem Urteil des LAG Hessen vom 25.6.2021 ist eine Massenentlassung unwirksam, wenn nicht auch die Soll-Angaben in der Anzeige enthalten sind. Begründet wird dies damit, dass die Massenentlassungsanzeige nach Art. 3 Abs. 4 Satz 1 MERL alle zweckdienlichen Angaben enthalten muss, die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen. Dabei sei kein Unterschied zwischen Soll- und Muss-Angaben zu machen. Dagegen hat das BAG entschieden, dass das Fehlen der sog. Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG nicht zur Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit führt.[2]

 
Hinweis

Kündigungsausfertigung vor Massenentlassungsanzeige möglich

Für die Wirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige ist es unschädlich, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt ihres Eingangs bei der Agentur für Arbeit bereits zur Kündigung entschlossen ist und die Kündigungsschreiben bereits ausgefertigt hat. Die Kündigungsschreiben dürfen den Arbeitnehmern aber noch nicht zugegangen sein.

Der Arbeitgeber hat eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat gleichzeitig der Agentur für Arbeit zuzuleiten.[3] Die darauffolgende Stellungnahme des Betriebsrats ist der Massenentlassungsanzeige beizufügen. Sie ist Voraussetzung für die Wirksamkeit der Anzeige. Es genügt der gesetzlichen Anforderung, wenn die Stellungnahme in einem beigefügten Interessenausgleich integriert ist. Einer separaten Stellungnahme in einem eigenständigen Dokument bedarf es nicht.[4]

Lehnt der Betriebsrat eine Stellungnahme ab oder äußert er sich innerhalb von 2 Wochen nicht, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit glaubhaft macht, dass er den Betriebsrat mindestens 2 Wochen vor Erstattung der Anzeige unterrichtet hat und er den Stand der Beratungen darlegt.[5] Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten. Das Gleiche gilt für den Betriebsrat, wenn dieser gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgibt.

Die Anzeige hat Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebs, die Zahl der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer, die Gründe für die Entlassungen und den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, zu enthalten; in der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden.[6] Die Anzeige kann jederzeit zurückgenommen werden.

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