Entscheidungsstichwort (Thema)

Endgültige Festsetzung. Auslegung eines Verwaltungsaktes. Einkommensteuerbescheid. Zeitliche Kongruenz. Freibetrag

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Anrechnung von Nebeneinkommen nach § 141 SGB III aF (= § 155 SGB III nF) ist, wenn das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielt wird, pauschal auf das auf den jeweiligen Leistungsmonat zu einem Zwölftel umgelegte steuerliche Jahresergebnis abzustellen (so auch LSG Schleswig vom 21.2.2014 - L 3 AL 29/12 = juris RdNr 42).

 

Normenkette

SGB III § 328; SGB III a.F. § 141 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 119 Abs. 3; SGB IV § 15 Abs. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.05.2019; Aktenzeichen B 11 AL 10/18 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18.08.2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig sind die Höhe des Arbeitslosengeldes im Zeitraum vom 01.10.2009 bis 31.12.2009 sowie die für diesen Zeitraum geforderte Erstattung von Arbeitslosengeld i.H.v. 1.088,10 EUR.

Der 1973 geborene Kläger ist seit 2003 verheiratet und Vater zweier in den Jahren 2004 und 2007 geborener Kinder. Nach seinen Angaben ist er seit August 1995 Inhaber bzw. Geschäftsführer der "L L C Consulting", die er alleine betreibt und deren Tätigkeiten Unternehmensberatung, Schulung und Vertriebsberatung sind. Über die L werden außerdem Goldschmiedearbeiten seiner Ehefrau vertrieben. Seine wöchentliche Arbeitszeit für die L betrug im Jahr 2009 seinen Angaben zufolge ca. 10 Stunden. Seit Mai 2007 war der Kläger außerdem Gesellschafter der Firma D GmbH mit einem Gesellschaftsanteil von 25 %. Mit Wirkung vom 01.06.2007 wurde er als Geschäftsführer der Gesellschaft eingestellt (Geschäftsführervertrag vom 05.10.2008); nach dem Ergebnis des Statusfeststellungsverfahrens der Deutschen Rentenversicherung Bund handelte es sich hierbei um eine abhängige Beschäftigung (Bescheid vom 17.01.2008).

Am 11.09.2009 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.10.2009 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg). Ausweislich der aus diesem Anlass vom Insolvenzverwalter der D GmbH erstellten Arbeitsbescheinigung war der Kläger bis zur arbeitgeberseitig zum 30.04.2009 ausgesprochenen Kündigung als Geschäftsführer beschäftigt und hatte vom 01.01.2009 bis 31.03.2009 Insolvenzgeld bezogen. Gegen die Beendigung des Geschäftsführervertrages sei eine Klage vor dem Landgericht Siegen anhängig; außerdem habe der Kläger am 03.06.2009 selbst zum 30.09.2009 gekündigt. Der Kläger erläuterte hierzu, eine Kündigung des Insolvenzverwalters habe er nicht erhalten; er sei von diesem vielmehr auch über den 30.04.2009 hinaus regelmäßig mit Arbeiten zur Abwicklung der GmbH beauftragt worden, so dass er vom Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses ausgegangen sei. Daraufhin habe er selbst mit Wirkung zum 30.09. gekündigt. Inzwischen sei ein Rechtsstreit wegen des ausstehenden Gehalts anhängig. Später - am 24.11.2009 - schlossen die Parteien in diesem Rechtsstreit einen Vergleich, nach dessen Inhalt das Anstellungsverhältnis zum 30.09.2009 als beendet betrachtet wurde und der Kläger noch ein Bruttogehalt von 14.000 EUR erhielt (Landgericht T, 6 O 133/09).

Im Rahmen des Alg-Antrags legte der Kläger die vorläufigen betriebswirtschaftlichen Auswertungen zur L für die Zeiträume 01.10.2008 bis 31.12.2008, 01.01.2009 bis 31.03.2009, 01.04.2009 bis 30.06.2009 und 01.07.2009 bis 30.09.2009 vor. Hieraus ergab sich ein Überschuss in Höhe von insgesamt 27.166,67 EUR.

Mit Bescheid vom 06.11.2009 bewilligte die Beklagte dem Kläger vorläufig Alg ab dem 01.10.2009 über eine Anspruchsdauer von 240 Tagen in Höhe eines täglichen Leistungsentgelts von 67,71 EUR, außerdem Leistungen für die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Hierzu ergingen Änderungsbescheide am 21.12.2009 (im Hinblick auf die Berechnung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) und am 29.04.2010 (Änderung der Anspruchsdauer von 240 Tagen auf 360 Tage). Ab dem 01.06.2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg wegen der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit bestandskräftig auf (Bescheid vom 01.07.2010).

Im September 2010 legte der Kläger die an ihn und seine Ehefrau ergangenen Einkommenssteuerbescheide des Finanzamtes P für die Jahre 2007 (vom 02.06.2010), 2008 und 2009 (beide vom 09.08.2010) vor. Aus dem Steuerbescheid für 2008 ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 4.038 EUR und aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. 96.313 (gemeinsame Veranlagung mit der Ehefrau). Festgesetzt wurden 18.784 EUR Einkommenssteuer, 829,84 EUR Solidaritätszuschlag und (insgesamt) 1.358,10 EUR Kirchensteuer. Für das Jahr 2009 ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 27.241 EUR abzüglich Veräußerungsverlusten nach § 17 EStG von 50.000 EUR (die GmbH-Einlage des Klägers bei der D GmbH), insgesamt also negative Einkünfte von 22.759 EUR. Darüber hinaus wurden Einkünfte aus nichtselbst...

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