Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an den genauen Inhalt einer Rechtsfolgenbelehrung der Agentur für Arbeit zur Rechtmäßigkeit einer verhängten Sperrzeit

 

Orientierungssatz

1. Die Rechtsfolgenbelehrung der Arbeitsagentur als Voraussetzung für den Eintritt einer Sperrzeit nach § 159 SGB 3 muss konkret, richtig und vollständig sein und dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich für ihn im Fall einer Verweigerung bzw. eines Abbruchs einer Maßnahme ohne wichtigen Grund ergeben (BSG Urteil vom 1. 6. 2006, B 7a AL 26/05 R).

2. Sie muss individuell auf die leistungsrechtliche Situation abgestimmt sein.

3. Von einer ausreichenden Rechtsfolgenbelehrung ist bei einem ersten versicherungsrechtlichen Verhalten auszugehen, wenn die daran anknüpfende Rechtsfolge eine dreiwöchige Sperrzeit benennt.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Februar 2020 geändert.

Die Bescheide der Beklagten vom 17. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2019 werden aufgehoben, soweit die Beklagte darin die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 5. Dezember 2018 bis 25. Dezember 2018 aufgrund einer Sperrzeit aufgehoben und die Dauer des Arbeitslosengeldes entsprechend gemindert hat. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers im Verfahren erster Instanz. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren (noch) um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 14. November 2014 bis 4. Dezember 2014 und die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alg um 21 Tage.

Die Beklagte hatte dem Kläger Alg für die Zeit ab 14. April 2018 iHv tgl 54,25 € für 360 Kalendertage bewilligt (Bescheid vom 9. Mai 2018). Bereits für die Zeit vom 10. September bis 30. September 2018 hatte die Beklagte wegen Eintritts einer Sperrzeit die Alg-Bewilligung insoweit aufgehoben (Bescheid vom 27. November 2018). Unter dem 5. Oktober 2018 wies die Beklagte den Kläger einer Maßnahme (Maßnahme „Eine für alle, Modul 2 und 3“) zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung nach § 45 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Zeit vom 5. November 2018 bis 4. März 2019 zu. Auf die dem Bescheid beigefügte Rechtsfolgenbelehrung wird Bezug genommen.

Aufgrund unentschuldigten Fehlens und Nichtteilnahme des Klägers wurde die Maßnahme am 13. November 2018 vorzeitig abgebrochen. Nach Anhörung des Klägers (vgl dessen Erklärung vom 7. Dezember 2018) hob die Beklagte die Alg-Bewilligung mit Bescheid vom 17. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2019 wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 14. November 2018 bis 25. Dezember 2018 auf. Insoweit ruhe der Alg-Anspruch. Dieser mindere sich zudem um 42 Tage. Mit weiterem Bescheid vom 17. Dezember 2018 stellte die Beklagte ua für den hier streitigen Zeitraum einen Alg-Leistungsbetrag iHv tgl 0,00 € fest.

Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat den Sperrzeitbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides aufgehoben (Gerichtsbescheid vom 11. Februar 2020). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Zuweisung vom 5. Oktober 2018 sei keine wirksame Rechtsfolgenbelehrung beigefügt gewesen. Die Belehrung sei nicht konkret gewesen, weil sie dem Kläger nicht zweifelsfrei und einzelfallbezogen erklärt habe, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen habe, falls er ohne wichtigen Grund den Aufforderungen nicht nachkomme. Sie erschöpften sich in der sinngemäßen Wiedergabe des Gesetzestextes. Daher sei auch eine geltungserhaltende Reduktion auf eine dreiwöchige Sperrzeit ausgeschlossen.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte (nur) noch gegen die Aufhebung auch einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 14. November 2018 bis 4. Dezember 2018. Der Kläger habe anhand der Rechtsfolgenbelehrung erkennen können, dass jedenfalls eine Sperrzeit von drei Wochen bei Abbruch der Maßnahme drohe.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 11. Februar 2020 aufzuheben, soweit damit der Sperrzeitbescheid vom 17. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2019 auch für die Zeit vom 14. November 2018 bis 4. Dezember 2018 aufgehoben worden ist, und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl §§ 124 Abs. 2, 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat die Bewilligung von Alg zu Recht für die Zeit vom 14. November 2018 bis 4. Dezember 2018 aufgrund des Eintretens einer dreiwöchigen Sperrzei...

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