Entscheidungsstichwort (Thema)

Gründungszuschuss. Anspruchsvoraussetzung. Restanspruch auf Arbeitslosengeld. Gleichwohlgewährung. Anschein der vorläufigen Leistungsgewährung. Minderung der Anspruchsdauer. nachträgliches Entfallen bei Ersatz. Anspruchsübergang. unterbliebene Beitreibung. sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch wenn die Bundesagentur den Anschein einer vorläufigen Entscheidung gesetzt haben könnte, erfolgte eine rechtmäßige und endgültige Gleichwohlgewährung (Anschluss an BSG vom 25.10.1989 - 7 RAr 108/88 = SozR 4100 § 117 Nr 26, RdNr 23).

2. Eine Minderung der Anspruchsdauer für die Zeiten des Bezugs entfällt nachträglich erst, wenn die Bundesagentur für das gewährte Arbeitslosengeld Ersatz erlangt (Anschluss an BSG vom 24.7.1986 - 7 RAr 4/85 = BSGE 60, 168 = SozR 4100 § 117 Nr 16 und vom 9.8.1990 - 7 RAr 104/88).

 

Orientierungssatz

Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht zur Geltendmachung der auf sie übergegangenen Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet, daher kann über die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs keine Verlängerung der eigentlich zustehenden Bezugsdauer erreicht werden.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Januar 2018 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander für das gesamte Verfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Gründungszuschusses an den Kläger im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens.

Der Kläger wurde im Jahre 1967 geboren und übte seit März 2000 eine Beschäftigung bei der Firma C bzw. zuletzt bei M als Fachverkäufer für Tonträger aus.

Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheiden vom 1. September 2011 und vom 9. November 2011 auf seinen Antrag vom 24. Juni 2011 Arbeitslosengeld ab dem 28. Juli 2011 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen. Nach einer Unterbrechung wegen Ortsabwesenheit vom 19. Januar 2012 bis zum 20. Februar 2012 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld zuletzt vom 21. Februar 2012 bis zum 29. August 2012 (Bescheid vom 29. August 2012 - nach Abmeldung ab 19. Januar 2012 und erneuter Antragstellung am 21. Februar 2012).

Dieser Gewährung lag zugrunde, dass der Kläger von dem früheren Inhaber der Firma M gekündigt worden war. Hiergegen wehrte sich der Kläger erfolgreich und im arbeitsgerichtlichen Verfahren wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf die Ehefrau des Inhabers durch Betriebsübergang nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) übergegangen sei.

Der Kläger klagte in einem weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahren erfolgreich den ausstehenden Lohn für April bis Dezember 2011, soweit der Lohnanspruch nicht auf die Beklagte übergegangen war, ein (Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15. Februar 2013).

Im Rahmen eines weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahrens aufgrund der Kündigung des Arbeitsverhältnisses nunmehr durch die Ehefrau seines früheren Arbeitgebers schloss der Kläger einen Vergleich, wonach das Ende des Arbeitsverhältnisses der 30. April 2012 sei.

Am 11. September 2012 beantragte der Kläger die Gewährung eines Gründungszuschusses für die Aufnahme einer Tätigkeit als Einzelhändler im Bereich von Tonträgern in B.

Der Kläger nahm die selbständige Tätigkeit als Einzelhändler für Musik am 1. Oktober 2012 auf und meldete das Gewerbe zu diesem Tag am 27. September 2012 beim Bezirksamt B an.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, dass zum Zeitpunkt des Beginns der selbständigen Tätigkeit nicht mehr 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitslosengeld bestehen würden, da der Anspruch bereits mit Ablauf des 29. August 2012 vollständig ausgeschöpft sei. Die Voraussetzungen von § 93 des Dritten Buches -Sozialgesetzbuch (SGB III) würden daher nicht vorliegen.

Am 10. September 2013 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides und führte zur Begründung aus, dass er mit der Zurückweisung der Berufung durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. September 2013 den Verzugslohn für die Zeit vom 1. April bis zum 31. Dezember 2011 erfolgreich eingeklagt habe.

Mit Bescheid vom 23. September 2013 wies die Beklagte den Antrag zurück und führte aus, dass aufgrund des fehlenden Zuflusses von Lohn, soweit der Entgeltanspruch auf sie übergegangen sei, eine Gutschrift des Arbeitslosengeldanspruchs nicht erfolgen könne.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 4. Oktober 2013 Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass der Kläger nicht vorgebracht habe, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könne. Es würden sich keine neuen Erkenntnisse ergeben und daher sei die sachliche Prüfung des Bescheides abzulehnen. Die Rechtsbehelfsstelle müsse sich auch auf die Bindungswirkung berufen.

Mit der am 11. November 2013 vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat ...

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