Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungsfreiheit. Verwaltungsratsmitglied einer monistisch organisierten europäischen Aktiengesellschaft (SE). Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmungen von § 1 S 3 SGB 6 und § 27 Abs 1 Nr 5 SGB 3 für Mitglieder des Vorstandes einer AG

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Verwaltungsrat einer monistisch organisierten europäischen Aktiengesellschaft ist entsprechend den Regelungen für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nicht versicherungspflichtig (§ 1 S 3 SGB VI) bzw versicherungsfrei (§ 27 Abs 1 Nr 5 SGB III).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.07.2020; Aktenzeichen B 12 R 27/18 R)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1 und der Klägerin zu 2 hat die Beklagte auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren die Feststellung, dass die Klägerin zu 2 in ihrer Tätigkeit als Verwaltungsrätin bei der Klägerin zu 1 in der Zeit ab 18. August 2015 selbstständig tätig ist und nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig ist.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin zu 1 ist die Beratung und Erbringung von Leistungen im Bereich des Ingenieurwesens und der Informationstechnologie, die Entwicklung, die Herstellung und der Vertrieb von Software sowie Beratungs- und Implementierungsleistungen, Training und Ausbildung und alle damit in Zusammenhang stehenden Leistungen. Weiter ist Gegenstand des Unternehmens die Beratung und Erbringung von Leistungen im Bereich der Innovationsförderung und -entwicklung einschließlich damit in Zusammenhang stehender digitaler Dienste und Geschäftsmodelle und Organisation und Durchführung von Veranstaltungen. Das Grund- und Stammkapital beträgt 26.325.946 €.

Die Klägerin zu 2 war bis einschließlich 22.6.2015 abhängig Beschäftigte der GT AG. Sie leitete als Director Group Purchase den Einkauf der gesamten Firmengruppe der GFT. Mit Aufhebungsvereinbarung vom 22.6.2015 wurde das Arbeitsverhältnis arbeitsrechtlich am selben Tag beendet.

Am 23.6.2015 wurde von der Hauptversammlung die Umwandlung der GT AG in die GFT T beschlossen und die Klägerin zu 2 in den Verwaltungsrat gewählt. Am 18.8.2015 wurde an Stelle der GT AG die GFT T im Handelsregister eingetragen.

Nach § 5 der Satzung der Klägerin zu 1 verfügt die Klägerin zu 1 über eine monistische Unternehmungsführungs- und Kontrollstruktur. Die Organe der Gesellschaft sind der Verwaltungsrat und die Hauptversammlung. Die geschäftsführenden Direktoren führen die Geschäfte der Gesellschaft, indem sie die Grundlinien und Vorgaben umsetzen, die der Verwaltungsrat aufstellt. Nach § 6 besteht der Verwaltungsrat aus mindestens drei Mitgliedern, die von der Hauptversammlung gewählt werden. Die Verwaltungsratsmitglieder werden bis zur Beendigung der ordentlichen Hauptversammlung bestellt, die über die Entlastung für das fünfte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, wird nicht mitgerechnet. Die Amtsdauer endet spätestens sechs Jahre nach der Bestellung des Verwaltungsratsmitglieds. Mitglieder des Verwaltungsrats können ihr Amt ohne Grund unter Einhaltung einer Frist von einem Monat niederlegen. Verwaltungsratsmitglieder, die von der Hauptversammlung ohne Bindung an einen Wahlvorschlag bestellt wurden, können aufgrund eines Beschlusses der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen abberufen werden. Nach § 10 leitet der Verwaltungsrat die Gesellschaft, bestimmt die Grundlinien ihrer Tätigkeit und überwacht deren Umsetzung. Der Verwaltungsrat überwacht die geschäftsführenden Direktoren und erlässt eine Geschäftsordnung für diese. Nach § 11 tritt der Verwaltungsrat mindestens alle drei Monate zusammen, um über den Gang der Geschäfte und deren voraussichtliche Entwicklung zu beraten. Nach § 12 Abs. 2 können Verwaltungsratsmitglieder auf Anordnung des Vorsitzenden an Sitzungen per Videokonferenz oder mittels elektronischer Medien, die es den Verwaltungsratsmitgliedern ermöglichen, sich gegenseitig zu sehen und zu hören, teilnehmen. Nach § 12 Abs. 3 ist der Verwaltungsrat beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Mitglieder aus denen er insgesamt zu bestehen hat, an der Beschlussfassung teilnimmt. Nach § 12 Abs. 6 werden Beschlüsse des Verwaltungsrats mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit das Gesetz oder diese Satzung insbesondere in § 16 Abs. 2 und § 19 Abs. 4 nichts Anderes bestimmt. Beschlüsse des Verwaltungsrats die Erteilung von Weisungen an die geschäftsführenden Direktoren betreffend die Ausführung von oder die Mitwirkung an Maßnahmen oder Geschäften im Sinne von § 19 Abs. 1 oder § 19 Abs. 2 dieser Satzung bedürfen der in § 19 Abs. 4 beschriebenen qualifizierten Mehrheit. Im Einzelnen heißt es hierzu in § 19:

1) Die geschäftsführenden Direktoren dürfen die folgende...

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