Wenn Abtretung und Pfändung des Arbeitseinkommens zusammentreffen, bestimmt sich die Berechtigung nach der "zeitlichen Priorität". Demnach gilt:

  1. Mit Abtretung bereits (wirksam) gepfändeten Arbeitseinkommens verstößt der Arbeitnehmer gegen das Verfügungsverbot des § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Dem pfändenden Gläubiger gegenüber ist die nachfolgende Abtretung daher unwirksam. Der Arbeitgeber kann, soweit gepfändet ist, daher an den Zessionar (ebenso wie an den Arbeitnehmer selbst) nicht mit befreiender Wirkung leisten. Abgetretene Einkommensbeträge dürfen dem Zessionar damit erst ausbezahlt werden, wenn die Pfändung erledigt ist.
  2. Ist die Abtretung (wirksam) schon vor der Pfändung erfolgt, dann hat bereits damit der Zessionar als Neugläubiger Anspruch auf das Schuldnereinkommen erlangt. Dann geht somit die Einkommenspfändung "ins Leere". Wenn Arbeitseinkommen jedoch wegen eines bevorrechtigten Unterhaltsanspruchs[1] abgetreten ist, kann einem danach (wegen einer gewöhnlichen Vollstreckungsforderung nach § 850c ZPO) pfändenden Gläubiger die Verrechnungsmöglichkeit nach § 850e Nr. 4 ZPO nützlich werden. Es sind dann auf die Unterhaltsansprüche zunächst die gem. § 850d ZPO der Pfändung in erweitertem Umfang unterliegenden Teile des Arbeitseinkommens zu verrechnen. Auch dann kann (nicht muss) der Arbeitgeber (wie bei Zusammentreffen der Einkommenspfändungen solcher Gläubiger)[2] nach dem Inhalt der ihm bekannten Abtretung leisten, bis ihm eine (abändernde) Verrechnung des Vollstreckungsgerichts zugestellt ist. Das geschieht nur vereinzelt.
  3. Beim Wechsel der Arbeitsstelle ist von Bedeutung, dass eine Pfändung nur gegen den Arbeitgeber wirksam ist, dem durch den Pfändungsbeschluss als Drittschuldner Zahlung verboten ist.[3] Wenn das Arbeitsverhältnis bei diesem Drittschuldner endet und der Schuldner ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber eingeht, muss daher ein neuer Pfändungsbeschluss erwirkt werden. Auf einen neuen Arbeitgeber geht eine Pfändung bei Arbeitsplatzwechsel nicht über. Abgetreten werden kann hingegen auch die künftige Forderung gegen den jeweiligen Arbeitgeber aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis.[4] Die Abtretung des künftigen Arbeitseinkommens und ebenso eine schon zu Beginn eines neuen Arbeitsverhältnisses erfolgte Abtretung gehen daher einer erst anschließend bewirkten Pfändung stets vor, und zwar auch dann, wenn der pfändende Gläubiger schon während des vorausgehenden Arbeitsverhältnisses bei dem früheren Arbeitgeber wirksam gepfändet hatte.
  4. Ein Abtretungsverbot kann Vorrang einer späteren Pfändung bewirken. Es kann die Abtretung des (pfändbaren) Arbeitseinkommens durch Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer (einzelvertraglich, aber auch durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) ausgeschlossen sein.[5] Dann ist eine abredewidrige Abtretung (absolut) unwirksam. Die Pfändung hindert dieses Abtretungsverbot jedoch nicht[6]; diese begründet daher ungeachtet einer (unwirksamen) früheren Abtretung die Berechtigung des Vollstreckungsgläubigers.
  5. Beim abgeschwächten Abtretungsausschluss ist die Abtretung des (pfändbaren) Arbeitseinkommens nicht gänzlich untersagt, sondern von der Zustimmung des Arbeitgebers (oder eines Dritten oder auch von anderen Erfordernissen wie Bindung der Abtretungserklärung an eine bestimmte Form) abhängig. Auch dann ist die (abredewidrige) Abtretung vor Zustimmung (Wahrung des sonstigen Erfordernisses) absolut unwirksam. Eine Pfändung hat nach zeitlich früherer, aber unwirksamer Abtretung daher volle Wirksamkeit. Wenn danach (nach Wirksamwerden der Pfändung mit Zustellung an den Drittschuldner) der Arbeitgeber die Abtretung genehmigt (oder das sonstige Erfordernis der Abtretung gewahrt wird), wirkt dies nicht auf den (früheren) Zeitpunkt der Abtretung zurück.[7] Die besserrangige Berechtigung des Gläubigers, der zwischenzeitlich Arbeitseinkommen gepfändet hat, wird damit nicht mehr beeinträchtigt.
  6. Bei stiller Zession ist das Arbeitseinkommen rechtlich bereits durch Vereinbarung des Arbeitnehmers mit einem Dritten, dem (sogenannten) Neugläubiger, abgetreten.[8] Es wird nur von der Abtretung zunächst kein Gebrauch gemacht, diese somit nicht sogleich offen gelegt. Daher ist der Arbeitgeber als Schuldner des Arbeitseinkommens, der die Abtretung nicht kennt, geschützt, wenn er an den Arbeitnehmer und auch an einen seiner Gläubiger leistet, der erst nach dieser Abtretung gepfändet hat. Der Neugläubiger (Zessionar) muss die Zahlung der (still) bereits abgetretenen Einkommensteile an den (späteren) Pfändungsgläubiger damit gegen sich gelten lassen.[9] Dieser Schutz des Arbeitgebers endet jedoch, wenn die Abtretung offen gelegt, dem Arbeitgeber somit zur Kenntnis gebracht wird. Vorrang hat dann eine durch Abtretungsvertrag bereits vor Wirksamwerden der Pfändung bewirkte Einkommensabtretung.
  7. Abtretungsanzeige und Vorlage einer Abtretungsurkunde(-erklärung) schützen den Arbeitgeber, der eine Abtretung als wirksam behandelt, auch wenn sie das nicht ist.[10] Schutz auch gegenübe...

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