Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmerhaftung. Versicherung. grobe Fahrlässigkeit. Paketdienst

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, für Schäden, die ein Arbeitnehmer in Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeit verursacht hat, eine Versicherung in Anspruch zu nehmen, so gebietet es die arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht, hiervon vorrangig Gebrauch zu machen. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen aus Arbeitnehmerhaftung kommt dann grundsätzlich nur für solche Schäden in Betracht, für die die vorhandene Versicherung nicht eintritt oder für die diese ihrerseits Regress beim Arbeitnehmer nehmen könnte.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 619a

 

Verfahrensgang

ArbG Köln (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen 9 Ca 936/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten hin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.05.2010 in Sachen 9 Ca 936/09 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 58,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 05.06.2008 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche der Klägerin/Arbeitgeberin, die im Wesentlichen aus dem Verlust von Paketsendungen und zweier Nachnahmebeträge resultieren, für den jeweils der Beklagte verantwortlich gemacht wird.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, wegen der erstinstanzlich zur Entscheidung gestellten Sachanträge und wegen der Gründe, die die 9. Kammer des Arbeitsgerichts Köln dazu bewogen haben, der Klage in vollem Umfang stattzugeben, wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils vom 05.05.2010 Bezug genommen.

Die tatbestandlichen Feststellungen sind dahin zu ergänzen, dass der Klägerin die Schadensbeträge wegen der beiden am 15.10.07 verloren gegangenen Pakete (Positionen Buchstabe b und c auf Seite 6 der Widerklageschrift vom 02.06.2008) seitens ihres Hauptauftraggebers am 14.12.2007, bzw. 20.12.2007 belastet wurden, der Schadensbetrag wegen des Paketes vom 21.11.2007 am 21.01.2008, wegen des Paketverlustes vom 09.01.2008 am 16.04.2008. Die beiden Nachnahmeverluste vom 14.12.2007 wurden der Klägerin am 18.12.2007 belastet, die sich hierauf beziehenden Vertragsstrafen am 28.12.2007. Die Klägerin hat den Beklagten nach eigenem Bekunden erstmals mit Schreiben vom 19.03.2008 darüber informiert, dass ihm anvertraute Pakete in Verlust geraten und von ihm entgegen genommene Nachnahmegelder nicht abgeführt worden seien. Ihre Schadensersatzforderung hat die Klägerin sodann in dem damals laufenden Kündigungsschutzprozess am 03.06.2008 als Widerklage anhängig gemacht.

Mit Strafurteil des Amtsgerichts Kerpen vom 16.03.2009 ist der Beklagte wegen des Paketverlustes vom 28.02.2007 (Kunde W) rechtskräftig wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung verurteilt worden. Wegen der übrigen im vorliegenden Schadensersatzprozess streitigen Einzelvorfälle wurde das gegen den Beklagten gerichtete Strafverfahren nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.05.2010 in vorliegender Sache wurde dem Beklagten am 18.05.2010 zugestellt. Der Beklagte hat hiergegen am 17.06.2010 Berufung einlegen und diese zugleich auch begründen lassen.

Der Beklagte macht geltend, er habe die unstreitig abhanden gekommenen Paketsendungen nicht unterschlagen und habe deren Verlust auch nicht grob fahrlässig verursacht.

Der Beklagte erinnert daran, dass er arbeitstäglich im Durchschnitt ca. 200 Paketsendungen in dem Depot der Firma D habe in Empfang nehmen und anschließend ausliefern müssen. In Anbetracht dieser von ihm zu bearbeitenden Mengen und in Anbetracht des Umstands, dass die Klägerin sich erst mit erheblicher, monatelanger zeitlicher Verzögerung wegen dieser Verluste an ihn gewandt habe, könne er mangels entsprechender Erinnerung zu den Einzelfällen nicht mehr detailliert Stellung nehmen.

Es sei ohne Weiteres denkbar und in der Vergangenheit immer wieder vorgekommen, dass in Anbetracht der Hektik und drangvollen Enge im Depot der Firma D beim morgendlichen Aufnehmen, Sortieren, Scannen und Verladen der Pakete ein Paket auch noch nach dem Scan-Vorgang auf „den falschen Haufen” geraten könne. Nicht auszuschließen sei auch, dass hier oder im Laufe der Auslieferungstour im öffentlichen Verkehrsraum Pakete aus dem Transportwagen entwendet werden könnten. Ebenso wenig sei auszuschließen, dass ein Paket ohne Verschulden des Auslieferungsfahrers bei einem falschen Empfänger lande, etwa wenn sich jemand als der genannte Empfänger ausgebe, das Paket aber nicht weiterleite.

Auch wegen der Nachnahmegelder sei der Klägerin anzulasten, dass sie ihn, den Beklagten, nicht zeitnah mit den angeblichen Verfehlungen konfrontiert habe. Bei der Firma D sei es im Übrigen so, dass aufgrund eines dort installierten Alarmsystems ein Fahrer, der seine Nachnahmegelder nicht ordnungsgemäß eingezahlt habe, ...

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