Entscheidungsstichwort (Thema)

Gültigkeit einer nur einen Wahlbewerber aufweisenden Vorschlagsliste für die Betriebsratswahl. Durchführung der Betriebsratswahl bei zu geringer Zahl der Wahlbewerber

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Vorschlagsliste für eine Betriebsratswahl ist selbst dann gültig, wenn sie lediglich einen Wahlbewerber aufweist.

2. Bleibt bei einer Betriebsratswahl die Zahl der Wahlbewerber unterhalb der Zahl der gemäß § 9 BetrVG zu wählenden Betriebsratsmitglieder, so findet § 11 BetrVG entsprechende Anwendung. Für die Zahl der Betriebsratsmitglieder ist dann die nächstniedrigere Betriebsgröße zugrunde zu legen.

3. In diesem Fall bedarf es keiner Nachfristsetzung durch den Wahlvorstand zur Einreichung (weiterer) gültiger Vorschlagslisten. § 9 der Wahlordnung findet weder unmittelbar noch analog Anwendung.

 

Normenkette

WO § 9; BetrVG §§ 11, 19; WO § 6 Abs. 3; BetrVG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 04.02.2014; Aktenzeichen 2 BV 69/13)

 

Tenor

  • I.

    Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 04.02.2014 - Az.: 2 BV 69/13 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl.

Antragstellerin und Beteiligte zu 1) ist die Arbeitgeberin, Antragsgegner und Beteiligter zu 2) der in ihrem Betrieb gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin ist das zentrale Holding-Unternehmen der G. MEDIENGRUPPE (vormals X.

MEDIENGRUPPE), welches zum 01. Januar 2013 im Rahmen einer großangelegten Restrukturierungsmaßnahme entstand. Die insgesamt 75 Arbeitnehmer der Arbeitgeberin waren bis zum 31. Dezember 2012 bei der seinerzeitigen X. B. Zeitungsverlagsgesellschaft E. C. u. J. G. GmbH u. Co. KG [X.] beschäftigt. Ihre Arbeitsverhältnisse gingen zum 01. Januar 2013 gemäß § 613 a BGB auf die Arbeitgeberin über.

Im Rahmen seines Übergangsmandats bestellte der Betriebsrat der X. am 27. Februar 2013 einen Wahlvorstand. Dieser erließ am 15.04.2013 ein Wahlausschreiben, in welchem er mitteilte, dass in dem Betrieb 41 Frauen und 22 Männer beschäftigt seien und dass deshalb der Betriebsrat aus fünf Mitgliedern zu bestehen habe, wobei den Männern als Geschlecht in der Minderheit zwei Mindestsitze zustünden. Der Wahlvorstand bestimmte den 28. Mai 2013 zum Tag der Stimmabgabe und setzte für die Einreichung von Vorschlagslisten eine Frist bis Montag, den 29. April 2013, 24:00 Uhr.

Am 29. April 2013 wurde beim Wahlvorstand um 19:00 Uhr eine mit dem Kennwort "G. MG" versehene, nur eine Wahlbewerberin aufweisende Vorschlagsliste mit 12 Stützunterschriften eingereicht (vgl. Bl. 45 d. A.). Weitere Wahlvorschläge erfolgten nicht. In seiner Sitzung am 02. Mai 2013 beschloss der Wahlvorstand, die Vorschlagsliste mit dem Kennwort "G. MG" und die einzige Wahlbewerberin K. N. zur Wahl zuzulassen. Daraufhin machte der Wahlvorstand am 03.05.2013 die Vorschlagsliste mit dem Kennwort "G. MG" durch Aushang im Betrieb bekannt. Bei der Betriebsratswahl wurden für die Bewerberin K. N. 24 gültige Stimmen abgegeben, wie der Wahlniederschrift vom 28.05.2013 (Bl. 48 d.A.) zu entnehmen ist. Am 04.06.2013 machte der Wahlvorstand das Wahlergebnis durch Aushang (Bl. 16 d.A.) bekannt.

Mit ihrem am 28. Juni 2013 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die Betriebsratswahl angefochten.

Sie hat die Auffassung vertreten, es liege ein Verstoß gegen Vorschriften über das Wahlverfahren vor. Da sich nicht genug Wahlbewerber gefunden hätten, hätte überhaupt keine Wahl stattfinden dürfen. Eine analoge Anwendung von § 11 BetrVG scheide aus. Im Unterschied zum Anwendungsbereich dieser Norm scheitere die Wahl eines Betriebsrats in der gemäß § 9 BetrVG vorgesehenen Größe nicht aufgrund einer fehlenden Anzahl wählbarer Arbeitnehmer, sondern am Willen der Belegschaft. Zudem komme, wenn lediglich ein Bewerber übrig bleibe, eine Wahl nach demokratischen Grundsätzen nicht in Betracht. Jedenfalls aber hätte der Wahlvorstand entsprechend § 9 der Wahlordnung (WO) zur Einreichung von weiteren Wahlvorschlägen eine Nachfrist setzen müssen. Durch den in der Nichtanwendung von § 9 WO liegenden Verstoß habe das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden können, weil nicht auszuschließen sei, dass innerhalb einer vom Wahlvorstand gesetzten Nachfrist auf weiteren Vorschlagslisten weitere Kandidaten für den zu wählenden Betriebsrat vorgeschlagen worden wären. Zudem hätte die Tatsache, dass entgegen der Verlautbarung im Wahlausschreiben nunmehr ein verkleinerter Betriebsrat gewählt worden sei, vom Wahlvorstand spätestens mit der Bekanntmachung der als gültig anerkannten Vorschlagsliste bekannt gemacht werden müssen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt

festzustellen, dass die am 28. Mai 2013 im Betrieb F. des Unternehmens durchgeführte Betriebsratswahl unwirksam ist.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er meint, in einem Fall, in dem die Zahl der Wahlbewerber unterhalb der Zahl der zu besetzenden Plätze im Betriebsrat liege, müsse § ...

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