Rz. 2

Da die Vertragspartner grundsätzlich an die geschlossene Vereinbarung gebunden sind (pacta sunt servanda), jedoch die Bindung unter dem Vorbehalt gleichbleibender Verhältnisse steht (clausula rebus sic stantibus), bedurfte es in § 59 einer Regelung hinsichtlich der Berücksichtigung wesentlicher Veränderungen in den maßgeblichen Verhältnissen. § 59 ist eine Spezialnorm gegenüber §§ 44 ff., insbesondere § 48. Die Regelung lehnt sich weitgehend an die Rechtsprechung der Zivilgerichte zur Störung und zum Wegfall der Geschäftsgrundlage an (§ 313 BGB). § 59 Abs. 1 Satz 1 sieht lediglich eine nachträgliche Änderung als Anpassungs- oder Kündigungsgrund für öffentlich-rechtliche Verträge vor. Sie ist aber nach überwiegender Meinung (Diering, in: LPK-SGB X, § 59 Rz. 57 m. w. N.) auch dann anwendbar, wenn die Geschäftsgrundlage bereits vor Vertragsabschluss gefehlt hat. Die Behörde kann sich im Falle der Kündigung wegen schwerer Nachteile für das Gemeinwohl nach § 59 Abs. 1 Satz 2 auch auf das anfängliche Vorliegen solcher Gründe berufen.

Die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage ist ein Ausfluss von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Berufung auf eine Störung der Geschäftsgrundlage kann nur Erfolg haben, wenn ein Festhalten am bisherigen Vertrag ein Verstoß gegen Treu und Glauben wäre. Deshalb ist zu § 59 Abs. 1 Satz 1 auch zunächst die Anpassung des Vertrages bestimmt worden. Erst wenn diese unzumutbar ist, kann es zur Auflösung durch Kündigung kommen. § 59 lässt das Recht der Beteiligten zur Geltendmachung eines vereinbarten oder gesetzlichen Kündigungsrechts, die Befugnis der Beteiligten zur Aufhebung oder Änderung des Vertrages im gegenseitigen Einvernehmen, die Geltendmachung der Nichtigkeit nach § 58 sowie der Anfechtung wegen Willensmängeln entsprechend §§ 119, 120, 123, 142 BGB unberührt (BSG, v. 8.7.1980, 6 RKa 10/79, USK 80113). Ein Ausschluss der Anwendbarkeit von § 59 kann von den Vertragsparteien nicht vereinbart werden. Eine entsprechende oder auch nur ergänzende Anwendung des zivilrechtlichen Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist ausgeschlossen, da § 59 insoweit die Spezialnorm ist.

Die Vertragsparteien können einen öffentlich-rechtlichen Vertrag unabhängig davon beenden, ob sich die Verhältnisse ändern. Im Rahmen ihres Gestaltungsrechts kann der Vertrag zeitlich begrenzt werden, besondere Kündigungsregeln oder eine Klausel zur einvernehmlichen Aufhebung enthalten.

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