Rz. 12

Die Verstöße gegen Form- und Verfahrensvorschriften sind nach wie vor dann unbeachtlich, wenn in der Sache keine andere Entscheidung hätte getroffen werden dürfen (Alternativlosigkeit). Besteht materiell-rechtlich zu der getroffenen Entscheidung keine rechtlich zulässige Alternative, kann ein Form- oder Verfahrensfehler als zumindest im Rechtssinn nicht ursächlich für die Entscheidung angesehen werden. Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches von § 42 war mit der gesetzlichen Neufassung nicht beabsichtigt. Soweit nach der bisherigen Rechtsprechung bereits eine Unbeachtlichkeit von Verfahrensfehlern vorlag, kann hierauf auch weiterhin zurückgegriffen werden. Stützt sich die Behörde für die Rückforderung von Unterhaltsvorschussleistungen auf § 5 Abs. 2 UVG als Ermächtigungsnorm, ist dies nach § 42 unbeachtlich, wenn sich der Bescheid auf § 5 Abs. 1 Nr. 1 UVG stützen lässt (VG Frankfurt, Urteil v. 23.3.2010, 3 K 3959/09.F).

Das Unterlassen eines VA wird von der Vorschrift weiterhin nicht erfasst.

 

Rz. 13

Eine Alternativlosigkeit besteht jedenfalls bei gebundenen Entscheidungen und in den Fällen einer Ermessensreduzierung auf null. Damit korrespondiert diese Regelung mit den kraft Gesetzes entstehenden und bestehenden Ansprüchen (§ 40 SGB I, § 22 Abs. 1, § 76 Abs. 1 SGB IV) i. V. m. den jeweiligen Anspruchsnormen und auch mit § 46 bei belastenden VA. In solchen Fällen ist offensichtlich, dass nicht der Fehler im Verfahren oder die Form für den Erlass und Inhalt des VA ursächlich war, sondern die materiell-rechtliche Verpflichtung, gerade diesen VA zu erlassen.

 

Rz. 14

Ist eine Entscheidung aufgrund einer Vorschrift getroffen worden, die unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, ist eine andere Entscheidungsmöglichkeit richtigerweise nicht gegeben, und es kann letztlich nur als materielle Anspruchsvoraussetzung geprüft werden, ob der unbestimmte Rechtsbegriff richtig ausgelegt und deshalb die Entscheidung in der Sache materiell-rechtlich richtig war.

 

Rz. 15

Für die Frage einer rechtlich zulässigen anderen Entscheidung sind alle tatsächlichen Feststellungen heranzuziehen, auch wenn diese bei Erlass des VA nicht bekannt waren bzw. in der Begründung dem VA nicht zugrunde gelegt worden waren. Auch neue Tatsachen sind berücksichtigungsfähig, soweit sie auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit des VA zurückwirken. Entscheidend ist für Widerspruchsverfahren und Anfechtungsklage die materielle Rechtslage bei Erlass des VA bzw. der darin genannte Zeitpunkt der Wirksamkeit der Regelung.

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