0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist mit dem SGB X v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469) ab 1981 in Kraft getreten und gilt in der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) mit Wirkung zum 1.1.2001.

1 Allgemeines

 

Rz. 2

Die Vorschrift regelt den Begriff, den Inhalt und die Verbindlichkeit einer Zusicherung. Dabei wird, mit Ausnahme des Abs. 2, § 38 VwVfG wörtlich übernommen. Die Zusicherung/Zusage war bereits vor der Normierung in § 34 SGB X im Sozialversicherungsrecht, ebenso im allgemeinen Verwal tungsrecht, als Rechtsinstitut bekannt und anerkannt. § 34 beseitigt jedoch die früher bestandenen Unklarheiten hinsichtlich der Verbindlichkeit einer Zusicherung. Im Sozialversicherungsrecht hat das Institut der Zusicherung keine nennenswerte praktische Bedeutung.

 

Rz. 3

Die Vorschrift betrifft lediglich die auf den Erlass eines Verwaltungsaktes (VA) gerichtete Zusage und die dafür erforderlichen Voraussetzungen und Folgen. Zusagen mit anderem Inhalt werden von der Vorschrift nicht erfasst (z.B. schlicht-hoheitliche Handlungen). Die Zusicherung muss zudem auf ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln gerichtet sein. Die Zusicherung trägt dem Bedürfnis der Betroffenen an Planungssicherheit Rechnung; die vor Erlass eines Verwaltungsaktes vom Betroffenen zu tätigenden Aufwendungen sollen gesichert zu dem beabsichtigten Erfolg führen.

 

Rz. 4

Mit Abs. 2 wird der Vertrauensschutz an eine gegebene Zusicherung verstärkt, indem die Rücknahme oder der Widerruf einer Zusicherung von den gleichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird, die für VA gelten (§§ 44 bis 47). Abs. 3 lässt die Bindungswirkung einer Zusicherung entfallen, wenn sich die Sach- oder Rechtslage nach Abgabe der Zusicherung ändert.

2 Rechtspraxis

2.1 Begriff der Zusicherung

 

Rz. 5

Für den Begriff und nach der Legaldefinition der Zusicherung ist entscheidend, dass die Zusage der zuständigen Behörde gerade darauf gerichtet ist, einen bestimmten VA in Zukunft zu erlassen oder zu unterlassen. Aus dem Erfordernis der Bestimmtheit folgt, dass die Zusicherung den zugesagten VA so konkret nach Sachverhalt und Verfügungssatz bestimmen muss, dass aus ihr selbst heraus der VA ableitbar ist und durch Verpflichtungsklage geltend gemacht werden kann. Aufgrund der in Abs. 3 bestimmten Bindungswirkung ist es zwingende Voraussetzung, dass ein Verpflichtungswille der Behörde besteht.

 

Rz. 6

Durch die Zusicherung erfolgt eine Selbstbindung der Behörde zum Erlass oder Unterlassen dieses VA, die dementsprechend auch in der Zusage enthalten und als Verpflichtung zum Ausdruck kommen muss. Zusicherungen dürften lediglich i. S. d. Erlasses eines begünstigenden oder des Unterlassens eines belastenden VA vorkommen.

 

Rz. 7

Bedeutung hat die Frage des Vorliegens einer Zusicherung letztlich aber nur dann, wenn der Erlass des beabsichtigten VA im Ermessen der Behörde steht oder auf den Erlass eines begünstigenden VA nach materiellem Recht kein Anspruch bestände, so dass allein aus der Zusicherung der Anspruch auf den VA unabhängig und insbesondere auch entgegen der materiellen Rechtslage folgt.

 

Rz. 8

Die Frage, ob die Zusicherung selbst schon ein VA ist, ist umstritten, wird überwiegend jedoch unter dem Gesichtspunkt der Vorwegnahme einer künftigen Entscheidung bejaht (vgl. BSG, Urteil v. 25.10.1978, 1 RA 1/78, SozR 2200 § 1237 RVO Nr. 10, BSGE 56 S. 249; BSGE 61 S. 123; Engelmann, in: v. Wulffen, Kommentar SGB X, § 34 Rz. 5; Waschull, in: LPK-SGB X, § 34 Rz. 7 f; a. A. BVerwGE 97 S. 323; offen gelassen bei Marschner, in: Pickel/Marschner, SGB X, § 34 Rz. 4 im Hinblick auf die Regelung in Abs. 2). Richtigerweise wird man wohl das Vorliegen eines VA bejahen müssen, da alle Voraussetzungen des § 31 erfüllt sind. Im Hinblick auf die praktische Bedeutung scheint der Meinungsstreit nur akademischen Charakter zu haben, da nach Abs. 2 auch bei Nichtannahme des Verwaltungscharakters die (wesentlichen) Regelungen über den Verwaltungsakt anzuwenden sind.

 

Rz. 9

Auf eine Zusicherung besteht kein materieller Anspruch; sondern allenfalls auf ermessensfehlerfreie Entscheidung (BSGE 56 S. 249; a. A. BVerwG, NVwZ 1986 S. 1011). Selbst wenn man annimmt, dass die Abgabe einer Zusicherung eine Ermessensentscheidung darstellt, besteht grundsätzlich kein Anspruch. Ein Anspruch auf eine Zusicherung liefe letztlich auf eine bindende Vorabentscheidung über einen ungewissen materiellen künftigen Anspruch hinaus. Ein solcher lässt sich nur dann aus einer Ermessensreduzierung auf null ableiten, wenn ausnahmsweise ein berechtigtes Interesse auf eine verbindliche Vorabentscheidung besteht (Pickel, BKK 1987 S. 169), weil dies ansonsten bei der Einräumung von begünstigenden Rechtspositionen gegen den Vorbehalt des Gesetzes in § 31 SGB I verstoßen würde. Hingegen ist die Ablehnung einer Zusicherung ein VA (BSGE 56 S. 249).

 

Rz. 10

Die Zusicherung ist abzugrenzen von dem aufschiebend bedingten VA, der schon als solcher erlassen ist, jedoch noch keine Wirkungen entfaltet. Eine Zusicherung ist auch abzugrenzen von einer Beratung und Auskunft über Rechtsfolgen, die sich darin erschöpft, auf der Grundlage des gel...

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