Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengeldes. Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. fristlose Kündigung aufgrund arbeitsvertragswidrigen Verhaltens. kein Verschulden hinsichtlich der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Vorliegen eines (ggf schuldhaften) arbeitsvertragswidrigen Verhaltens bedingt nicht das Vorliegen der schuldhaften Herbeiführung der Arbeitslosigkeit.

2. Auch bei durch die Arbeitsgerichtsbarkeit als wirksam festgestellter fristloser Kündigung kann es an einem Verschulden hinsichtlich der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit fehlen.

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger auch die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 19. März 2005 bis 10. Juni 2005 und wendet sich gegen den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit und einer Minderung seiner Anspruchsdauer.

Der 1957 geborene Kläger meldete sich am 18. März 2005 zum 19. März 2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Zuvor war er vom 01. Juni 1993 bis 18. März 2005 bei der Stadt C. als Sachbearbeiter in der D.planung beschäftigt gewesen. Er war nicht verheiratet und kinderlos. Er erzielte im maßgeblichen Zeitraum vom 01. März 2004 bis 18. März 2005 ein Arbeitsentgelt in Höhe von 49.712,19 € (Bl. 18 d. LA).

Der Kläger war vom 13. September 2004 bis 28. Februar 2005 wegen Urlaubs, Erkrankung und Kur nicht beruflich tätig. Er kehrte am 01. März 2005 an seinen Arbeitsplatz zurück und wurde sogleich von seinem Vorgesetzten aufgefordert, an einem Seminar am 08. März 2005 teilzunehmen. Er hatte wiederum für diesen Tag Urlaub beantragt, da er an diesem Tag einen Arzt- und einen Anwaltstermin gehabt hätte. Er lehnte daher die Teilnahme zunächst ab, nahm dann aber, nach weiteren Gesprächen, an der Fortbildung am 08. März 2005 teil. Danach erhielt er vom Personalrat Kenntnis über eine geplante fristlose Kündigung.

Das Arbeitsverhältnis endete durch eine außerordentliche Kündigung vom 18. März 2005 zum 18. März 2005. Der Arbeitgeber stützte die Kündigung auf verhaltensbedingte Gründe. Er gab an, dass der Kläger in einem Gespräch am 01. März 2005 mit seinen Vorgesetzten, Herrn E. und Frau F., aufgefordert worden sei, am 08. März 2005 an einem Fachseminar in Mannheim teilzunehmen. Am 04. März 2005 habe der Kläger mitgeteilt, er könne wegen privater Termine, die seit Monaten feststünden, an diesem Seminar nicht teilnehmen. Außerdem sei die Teilnahme zu kurzfristig und er wolle warten, bis ein entsprechendes Seminar in Wohnortnähe angeboten werde. In einem Gespräch am 07. März 2005 sei die Angelegenheit nochmals erörtert und der Kläger gebeten worden, mitzuteilen, um welche privaten Termine es sich handele. Dazu habe der Kläger keine Angaben machen wollen, so dass eine Abwägung der Belange nicht möglich gewesen sei. Bedingt durch die Abwesenheit des Klägers vom 13. September 2004 bis 28. Februar 2005 wegen Urlaubs, Krankheit und Kur sei eine frühere Information über den Seminartermin nicht möglich gewesen. Der Kläger sei gebeten worden, sich um eine Terminsverschiebung zu bemühen, ansonsten werde die Seminarteilnahme dienstlich angeordnet. Im Verlauf des Gesprächs habe Herr E. geäußert, er habe den Kläger bereits im Sommer 2004 zu einer entsprechenden Seminarteilnahme aufgefordert. Der Kläger habe dieses Gespräch bestritten und gegenüber Herrn E. erklärt: “Sie lügen, wie Sie das immer machen.„ Die Bezichtigung des Vorgesetzten der Lüge sei massiv ehrverletzend, so dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich sei.

Bereits am 25. September 2003 habe sich der Kläger ehrverletzend verhalten, in dem er geäußert habe, bei der Stadt C. würde nach Stasi - Methoden vorgegangen. Dazu seien bereits arbeitsrechtliche Maßnahmen (Abmahnung) ergriffen worden.

Der Kläger war als Ersatzmitglied zeitweilig im Personalrat tätig. Er nahm zuletzt am 30. Juni 2004 an einer Sitzung dieses Gremiums teil.

Der Personalrat legte am 17. März 2005 eine Stellungnahme zur außerordentlichen Kündigung vor (Bl. 9, 10 d. LA). Der Personalrat erklärte darin, die Differenzen zwischen dem Kläger und seinem Vorgesetzten E. bestünden seit Jahren. Der Kläger sei gegen den Willen von Herrn E. eingestellt worden. Die Auseinandersetzungen persönlicher und beruflicher Art seien ständig geführt worden, weswegen der Kläger auch immer wieder Hilfe beim Personalrat gesucht habe. Eine dieser Auseinandersetzungen habe Eingang in die Personalakte gefunden. Der Kläger sei in diesem Zusammenhang kein Einzelfall. Es gebe im gleichen Fachbereich mehrere schwelende Verfahren, was nicht nur auf ein schlechtes Arbeitsklima, sondern auch auf mangelnde Personalführung schließen lasse. Die Personalakte des Klägers sei einwandfrei. Das Ziel, dem Kläger zu kündigen, sei de...

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