[1] Der Gesetzgeber hat 3 verschiedene Leistungsansprüche bei schwerer Krankheit oder akuter Verschlimmerung einer Krankheit eingeführt. Ausweislich der zugrunde liegenden Gesetzesbegründung zum KHSG ist erkennbar, dass diese Leistungen voneinander abzugrenzen sind, aber im Sinne einer kaskadenförmigen Versorgung aufeinander aufbauen. Im Rahmen der praktischen Umsetzung sind demnach weitere Abgrenzungen der einzelnen Leistungen erforderlich. Sofern eine Krankenkasse diesbezügliche Anträge von ihren Versicherten erhält, wird folgende Vorgehensweise empfohlen:

[2] Sofern aufgrund krankheitsbedingter Beeinträchtigung in Folge einer stationären Krankenhausbehandlung, einer ambulanten Operation, einer ambulanten Krankenhausbehandlung oder in vergleichbaren Fallkonstellation nach der Entlassung bzw. nach der Behandlung ausschließlich ein hauswirtschaftlicher Versorgungsbedarf besteht, kommen für die Dauer von bis zu 4 Wochen vorrangig Leistungen der Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Betracht, sofern keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 nach dem SGB XI vorliegt. Lebt ein Kind im Haushalt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, verlängert sich dieser Anspruch auf längstens 26 Wochen. § 38 Abs. 3 bis 5 SGB V gelten entsprechend.

[3] Besteht ein hauswirtschaftlicher und grundpflegerischer Versorgungsbedarf, kommen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V in Betracht. Lebt im Haushalt ein Kind, welches zu Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, besteht die Besonderheit, dass ausschließlich Leistungen der Grundpflege über § 37 Abs. 1a SGB V und die Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung des Versicherten und des im Haushalt lebenden Kindes sowie die Betreuung des im Haushalt lebenden Kindes über § 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB V zu erbringen sind.

Beispiel 14 – Bedarf an Grundpflege und hauswirtschaftlicher Versorgung mit einem im Haushalt lebendem Kind

Ein alleinerziehender Versicherter (Kind 10 Jahre alt) muss sich wegen einer Fraktur am 8.4. ambulant operieren lassen. Nach der Operation liegt ein Bedarf an grundpflegerischen Maßnahmen und hauswirtschaftlicher Versorgung sowie Betreuung des im Haushalt lebenden Kindes vor. Hierzu stellt der Arzt eine Verordnung für die häusliche Krankenpflege aus. Dem Antrag wird zudem eine ärztliche Bescheinigung für den Bedarf an Haushaltshilfe beigefügt.

Lösung:

Nach der Operation ist die Grundpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V grundsätzlich für 4 Wochen zu erbringen. Da sein 10-jähriges Kind im gemeinsamen Haushalt lebt, ist der Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung für ihn und sein Kind gemäß § 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB V ebenfalls nach der Operation für längstens 26 Wochen zu erbringen.

[4] Besteht ein hauswirtschaftlicher und grundpflegerischer Versorgungsbedarf und reichen Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V nicht aus, weil der Versorgungsbedarf rund um die Uhr – auch nachts – besteht oder unvorhersehbar zu jeder Tages- oder Nachtzeit eintreten kann und deshalb die Versorgung mangels ergänzender Unterstützung im persönlichen Umfeld des Versicherten nur im stationären Kontext ausreichend sichergestellt werden kann, kommen Leistungen der Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V in zugelassenen Kurzzeitpflegeeinrichtungen nach dem SGB XI oder in anderen geeigneten Einrichtungen in Betracht, vorausgesetzt es liegt keine Pflegebedürftigkeit mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 vor. Versicherte können gleichzeitig einen Anspruch auf Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 Satz 3 und 4 SGB V haben, wenn im Haushalt ein Kind lebt, welches bei Beginn der Haushaltshilfe das12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist.

[5] Die vorgenannte Versorgungskaskade kann der nachfolgenden Abbildung exemplarisch entnommen werden:

Kein im Haushalt lebendes Kind (gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 SGB V)

     
  Es besteht ein Bedarf im Bereich der  
       
  Hauswirtschaftlichen Versorgung   Grundpflege und ggf. der hauswirtschaftlichen Versorgung   Grundpflege und ggf. der hauswirtschaftlichen Versorgung  
       
      Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V reichen nicht aus  
       
  Die übrigen Anspruchsvoraussetzungen werden erfüllt.  
       
  Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 Satz 3 SGB V für längstens 4 Wochen.   Häusliche Krankenpflege nach § 37 Abs. 1a SGB V grundsätzlich für längstens 4 Wochen je Krankheitsfall. In begründeten Ausnahmefällen kann nach Einschaltung des MDK der Anspruch verlängert werden.   Kurzzeitpflege nach § 39c SGB V für längstens 8 Wochen im Jahr bis zu einer Höhe von 1.612 EUR.  
             

Mit einem im Haushalt lebendem Kind (gemäß § 38 Abs. 1 Satz 4 SGB V)

     
  Es besteht ein Bedarf im Bereich der  
       
  Hauswirtschaftlichen Versorgung   Grundpfleg...

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