Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablauf der Erlöschensfrist. Arbeitslosengeldanspruch. Beratungspflicht. Fehlende Verfügbarkeit. Kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ohne ausdrücklichen Wunsch des Versicherten besteht keine Beratungspflicht der Beklagen über den Ablauf der Frist des § 147 ABs. 2 SGB III, wenn diese Beratung einzig zu dem Zweck erfolgen müsste, dem Kläger durch Verzicht auf eine angebotene umfangreichere selbständige Tätigkeit oder überhaupt eine angebotene selbständige Tätigkeit Zugang zu Leistungen der Arbeitslosenversicherung zu eröffnen. Ein solches Verhalten kann von der Beklagten nicht erwartet werden. Es stünde im Widerspruch zu den ihr übertragenen gesetzlichen Aufgaben.

2. Es ist ausgeschlossen, das Vorliegen von Arbeitslosigkeit bzw. Verfügbarkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nachträglich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu fingieren (BSG, Urteil vom 07.05.2009, Az.: B 11 AL 71/08 B unter Verweis auf BSG, Urteil vom 31.12.2006, Az.: B 11a AL 15/05 R beide zitiert nach juris).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. September 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der am 1940 geborene Kläger besitzt die österreichische Staatsangehörigkeit. Von Dezember 1974 bis August 1995 war er als technischer Angestellter bei der Firma H. GmbH in B. beschäftigt. Er meldete sich am 18. August 1995 arbeitslos, nachdem das Arbeitsverhältnis zum 31. August 1995 geendet hatte. Er erhielt zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 163.968,- DM.

Mit Bescheid vom 13. Oktober 1995 stellte die Beklagte daraufhin fest, der Leistungsanspruch des Klägers ruhe bis zum 25. Februar 1996. Das Arbeitsverhältnis sei ohne Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist beendet worden. Nachdem eine Sperrzeit von mindestens acht Wochen eingetreten sei, ergebe sich unter Berücksichtigung der gesetzlichen Freibeträge wegen des Abfindungsanspruchs eine weitere Ruhenszeit vom 26. Februar 1996 bis 31. März 1996. Darüber hinaus mindere sich die Dauer des Anspruchs auf 594 Werktage.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1995 wurde eine zwölfwöchige Sperrzeit vom 1. September 1995 bis 23. November 1995 festgestellt. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma H. im gegenseitigen Einvernehmen beendet, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Diese Bescheide wurden bestandskräftig; die Beklagte nahm die Arbeitslosengeldzahlung an den Kläger am 1. April 1996 auf.

Am 20. Juni 1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er ab 1. Juli 1996 eine selbständige Arbeit als Berater aufnehme. Die Beklagte stellte deswegen die Arbeitslosengeldzahlung ab 1. Juli 1996 ein. Der Kläger stellte erneut Antrag auf Arbeitslosengeld am 21. September 1998 mit Arbeitslosmeldung zum 1. Oktober 1998. Die Beklagte zahlte daraufhin Arbeitslosengeld ab dem 1. Oktober 1998 (Arbeitslosengeldbewilligung-Verfügung vom 5. Oktober 1998)

Am 21. Dezember 1998 (Veränderungsmitteilung) erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er werde ab dem 1. Januar 1999 für circa 3 Monate selbständig sein. Er werde als freiberuflicher Berater für die Firma H. arbeiten.

Am 20. Mai 1999 sprach der Kläger erneut bei der Beklagten vor, meldete sich mit Wirkung zum 1. Juni 1999 arbeitslos und stellte Antrag auf Zahlung von Arbeitslosengeld. Er bestätigte in seinem Antrag vom 20. Mai 1999 unter Ziffer 7, er habe das Merkblatt 1 für Arbeitslose, "Dienste und Leistungen", erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen. Die Beklagte zahlte dann Arbeitslosengeld ab dem 1. Juni 1999.

Mit weiterer Veränderungsmitteilung vom 14. November 1999 erklärte der Kläger, er werde ab dem 1. Dezember 1999 für circa drei Monate eine Tätigkeit als freiberuflicher Berater mit einem Umfang von 15 und mehr Stunden aufnehmen. Im Begleitschreiben führte er aus, er wolle sich ab dem 30. November 1999 aus der Arbeitslosigkeit abmelden, da er ab dem 1. Dezember 1999 einen Beratungsauftrag erwarte, der ihm ein Einkommen sichere.

Am 8. Mai 2000 meldete er mit Wirkung zum 1. Juni 2000 wieder arbeitslos und beantragte die Weiterzahlung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 9. Mai 2000 wurde der Antrag abgelehnt. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld könne nicht mehr geltend gemacht werden, da nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen seien. In dem Beratungsvermerk der Beklagten ist festgehalten, der Kläger habe am 20. Mai 1999 anlässlich seines Weiterzahlungsantrags vorgesprochen und hierbei das Merkblatt 1 der Beklagten ausgehändigt erhalten. Dabei wurde vom Sachbearbeiter der Beklagten (Herrn K.) festgestellt, dass der Wiederbewilligungsantrag nach freiberuflicher Tätigkeit erfolgt sei und dass ein weiterer Zeitvertrag nachfolgen könne; derzeit sei jedoch keine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in Aussicht. Der Sachbearbeiter Z. stellte bei einer Berat...

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