3.1 Was muss bei einer Stellenausschreibung diskriminierungsrechtlich beachtet werden?
Die Festlegung des Anforderungsprofils für den Arbeitsplatz obliegt dem Arbeitgeber. Jede Stellenausschreibung ist nach dem AGG aber grundsätzlich geschlechtsneutral abzufassen. Dies gilt in Deutschland auf Grund von früheren Regelungen allerdings schon seit dem Jahr 1980. Arbeitgeber dürfen einen Arbeitsplatz öffentlich oder innerhalb des Betriebes nicht nur für Männer oder für Frauen ausschreiben. Darüber hinaus darf eine Stelle auch nicht unter Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen eines der anderen durch das AGG geschützten Merkmale ausgeschrieben werden. D.h. sie darf nicht eines der in § 1 AGG genannten Merkmale als Einstellungsvoraussetzung enthalten, sofern hierfür nicht ein gesetzlich zugelassener Rechtfertigungsgrund vorliegt.
3.2 Wann ist eine Stellenausschreibung geschlechtsneutral?
Geschlechtsneutral ist die Ausschreibung seit der Anerkennung des dritten Geschlechts durch das Bundesverfassungsgericht dann, wenn die Berufsbezeichnung in der männlichen oder der weiblichen Form verwendet und zusätzlich darauf hingewiesen wird, dass alle drei Geschlechter angesprochen werden sollen, z.B. durch den Zusatz "m/w/d" (= männlich/weiblich/divers). Unbedenklich ist es auch, wenn ein geschlechtsunabhängiger Oberbegriff (z. B. "Heimleitung", "Pflegekraft", "Bürokraft") verwendet wird, wobei sich auch hier ein Hinweis darauf empfiehlt, dass alle drei Geschlechter angesprochen sind (w/m/d). Allein eine geschlechtsneutrale Überschrift der Stellenanzeige ist aber nicht ausreichend. Die gesetzlichen Anforderungen sind nur dann erfüllt, wenn nicht nur der Blickfang der Ausschreibung, sondern auch das "Kleingedruckte" alle drei Geschlechter gleichermaßen anspricht. Wenn im Anzeigentext trotz geschlechtsneutraler Überschrift z. B. nur männliche Bewerber angesprochen werden, wäre dies ein Verstoß gegen das Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung.
3.3 Gibt es Ausnahmen vom Gebot der geschlechtsneutralen Ausschreibung?
Ausnahmsweise darf eine Ausschreibung geschlechtsbezogen sein, wenn ein bestimmtes Geschlecht eine "wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung" für die Tätigkeit ist. Bejaht wurde dies z. B. für die Ausschreibung einer Stelle als Frauenreferentin einer politischen Partei und für die Ausschreibung der Stelle einer Erzieherin in einem Mädcheninternat, wo ein nicht unerheblicher Teil der Arbeitszeit mit Nachtdienst (25 %) belegt war, bei dem auch die Schlafräume, Waschräume und Toiletten der Internatsschülerinnen betreten werden mussten. Eine Ausnahme gilt auch für manche Tätigkeiten im kirchlichen Bereich oder in Ländern außerhalb der EU, bei denen auf Grund gesetzlicher Vorschriften, religiöser Überzeugungen oder kultureller Besonderheiten nur ein Geschlecht akzeptiert wird. Die dafür "erforderlichen wesentlichen und entscheidenden beruflichen Anforderungen" im Sinne der Antidiskriminierungsrichtlinien der Europäischen Union und im Sinne des AGG müssen von der spezifischen Art der betreffenden beruflichen Tätigkeit oder den besonderen Bedingungen ihrer Ausübung objektiv vorgegeben ist. Dabei muss ein direkter, objektiv durch entsprechende Analysen belegter, hinreichend durchschaubarer und überprüfbarer Zusammenhang zwischen der vom Arbeitgeber aufgestellten beruflichen Anforderung und der fraglichen Tätigkeit bestehen Das ist i.d.R. nur in seltenen Ausnahmefällen der Fall.
3.4 Was sind die Folgen einer fehlerhaften, d.h. z. B. geschlechtsbezogenen Stellenanzeige für den Arbeitgeber?
Ein Verstoß gegen das Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung hat keine unmittelbaren Rechtsfolgen. Es ist jedoch einhellig anerkannt, dass der Verstoß eine Beweislastumkehr auslöst. Gegen ein Benachteiligungsverbot verstoßende Stellenanzeigen sind für sich allein ein hinreichendes Indiz dafür, dass ein Bewerber, der ein in der Anzeige genanntes Merkmal nicht aufweist, aus diesem Grund nicht eingestellt wurde. Bei geschlechtsspezifischer Ausschreibung wird also eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermutet. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Ausnahmefalls trägt der Arbeitgeber. Ihm obliegt es, im Licht der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls darzutun, dass sich die geltend gemachte Anforderung tatsächlich als notwendig erweist. Gelingt dies nicht, schuldet er dem benachteiligten Bewerber/der Bewerberin eine Entschädigung. Diese darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, was vom Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen wäre.
3.5 Und die Folgen für die Bewerber?
Bei einer diskriminierenden Ausschreibung haben alle betroffenen Bewerber einen Entschädigungsanspruch. Konkrete, gesetzliche Vorgaben zur Höhe gibt es nicht. Die Entschädigung muss "angemessen" sein. Der Europäische Gerichtshof verlangt, dass der Betrag geeignet ist, ein...

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