Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitern deutlich mehr Freiräume geben – das zeigt der HR Best Practices Survey zum Thema Führungskultur des Top Employers Institute. Die Studie offenbart sechs Handlungsmaximen als neues Leitbild, mit denen sich zukunftsfähige Führungskräfte von anderen abheben.

Von Führungskräften wird eine Menge erwartet. Durchsetzungsstark und ehrgeizig sollen sie sein, dabei offen für Veränderungen und emphatisch im Umgang mit ihren Mitarbeitern. Kurzum, sie sollen eigenverantwortlich und teamorientiert zugleich agieren. Managertypen, die in erster Linie des Status' oder des Geldes wegen auf einen Chefposten aus sind, kommen dagegen heute nicht mehr weit. Gefragt sind vielmehr Persönlichkeiten, die Verantwortung übernehmen wollen und sich dabei auch zu den Unternehmenswerten bekennen.

Das ergab die Umfrage des Top Employers Institute, an der weltweit 600 als "Top Employer" zertifizierte Unternehmen mit jeweils mehr als 3.000 Mitarbeitern teilnahmen. Aus den Ergebnissen lassen sich sechs Handlungsmaximen ableiten, die zukunftsfähige Führung auszeichnen.

1. Maxime: Lösungen werden gemeinsam erarbeitet

Aufgaben zu delegieren ist kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Es ist ein Beweis für Führungsstärke. Denn wer seinen Mitarbeitern Vertrauen schenkt, setzt damit Potenziale frei. Zahlreiche der in unserer Untersuchung überdurchschnittlich abschneidenden Unternehmen begreifen Führung deshalb auch nicht mehr vorwiegend als individuelle, sondern zunehmend als gemeinschaftliche Aufgabe. Die wichtigsten Eigenschaften, die eine Führungskraft dazu mitbringen muss, sind Integrität, Glaubwürdigkeit und ein offener Kommunikationsstil. Die Zeiten, in denen der Chef im Alleingang entscheidet, sind jedenfalls vorbei. Top-Manager holen sich Feedback von ihren Mitarbeitern und führen ihr Team – wie Dirigenten ein Orchester. Sie fügen die Stärken unterschiedlicher Individuen zu etwas Größerem zusammen.

2. Maxime: Der Erfolg des Teams wird über den persönlichen Status gestellt

Top-Down funktioniert nicht mehr: Die Arbeitsprozesse in erfolgreichen Unternehmen definieren sich zunehmend durch flache Hierarchien und Teamwork. In solchen Organisationen funktioniert Führung nicht mehr von oben nach unten. Gute Manager akzeptieren es, wenn die Spezialisten in ihrem Team bei einzelnen Projekten mehr Kompetenzen besitzen als sie selbst. Das ist allein deshalb oft der Fall, weil Experten vielfach näher dran sind an spezifischen Problemen. Der Erfolg des Teams sollte immer über dem persönlichen Status stehen. In einer Welt flexibler Arbeitszeiten und -orte haben Führungskräfte nicht mehr wie früher ständigen Zugriff auf die Mitarbeiter. Sie müssen lernen, einen Teil ihrer Macht abzugeben und auf die Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter zu vertrauen.

3. Maxime: Der Führungsnachwuchs kann seine Karriere selbst steuern

Fest vorgezeichnete Karrierewege sind ein Relikt aus der Vergangenheit. Stattdessen hängt beruflicher Erfolg so stark wie nie zuvor mit der eigenen Persönlichkeitsentwicklung zusammen. Viele befragte Top Employer erklären, dass sie den Aspiranten auf eine Führungsposition Freiraum lassen. Sie folgen damit der Erkenntnis, dass sich Führungskräfte umso besser entwickeln, je mehr Einfluss sie selbst auf das Tempo und die Richtung ihres beruflichen Fortkommens haben. Und noch ein wichtiger Punkt: Der Führungsnachwuchs sollte seine Erfahrungen in möglichst vielen unterschiedlichen Unternehmensbereichen sammeln. Auf diese Weise erhöht er deutlich seine Karrierechancen.

4. Maxime: Talente werden aus den eigenen Reihen entwickelt

Internes Talentmanagement ist die Antwort der Top Employer auf die Herausforderungen durch den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel. Führende Unternehmen stellen bei ihren Trainees und Auszubildenden nicht nur hohe Ansprüche an die fachliche Qualifikation. Sie suchen schon bei der Einstellung gezielt nach persönlichen Merkmalen, die einen Bewerber für höhere Aufgaben qualifizieren. Dazu zählen Selbstbewusstsein, Neugier und Individualität. Top Employer zeichnen sich beim Talentmanagement vor allem dadurch aus, dass sie ihre Nachwuchsprogramme für alle Mitarbeiter öffnen. Im Klartext: Der Einstieg in eine Führungslaufbahn sollte jedem offenstehen, der sich ernsthaft darum bemüht.

5. Maxime: Führungserfolg muss messbar gemacht werden

Gute Mitarbeiterführung wird noch immer weitgehend als ein Soft Skill angesehen. Doch beim Thema Führungsqualität geht es nicht allein um die Frage, wie beliebt ein Manager bei seinem Team ist. Viele der von uns ausgezeichneten Top Employer ergänzen heute solche subjektiven Bewertungsfaktoren durch betriebswirtschaftliche Kenngrößen wie Verkaufszahlen, Produktivitätsraten oder den Return on Invest. Führungserfolg wird auf diese Weise zunehmend messbar. Das hat auch zur Folge, dass jede Maßnahme zur Führungskräfteentwicklung künftig immer häufiger als Business Case bestehen muss.

6. Maxime: Personalarbeit wird digitalisiert

Schließlich zeigt unsere Studie deutlich auf, dass die besten Unternehmen ihre Personalarbeit in hohem Maße digitalisiert haben. Zwar ist HR erst relativ spät in den Digitalisierungsprozess eingestiegen, doch mittlerweile gehören Online Coachings, virtuelle Konferenzen oder das Social Learning bei vielen Top Employern zum Alltag. Junge Berufseinsteiger sind den Umgang mit personalisierten Interfaces gewohnt. Vergleichbare Lösungen erwarten sie auch, wenn es um die Entwicklung der eigenen Karriere geht. Besonders gut gemachte Arbeitgeberportale orientieren sich deshalb an den Vorbildern aus der Welt der Social Media. Noch verläuft die digitale Transformation allerdings in unterschiedlichem Tempo. Gerade im Mittelstand haben viele Unternehmen bei diesem Thema deutlichen Nachholbedarf. 

Fazit: Führung wird zunehmend zur gemeinschaftlichen Aufgabe

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass sich das Anforderungsprofil von Führungskräften gewandelt hat. Die wichtigste Veränderung besteht darin, dass Führung zunehmend als gemeinschaftliche Aufgabe verstanden wird. Voraussetzung dafür sind verbindliche Grundsätze zur Zusammenarbeit.

Unternehmen, die ihre Führungskultur an entsprechenden Werten ausrichten, berichten über besseres Teamwork sowohl in einzelnen Abteilungen als auch in der gesamten Organisation. Zudem steigen Offenheit und Vertrauen im Umgang zwischen Führungskräften und Mitarbeitern.

Wertorientierung ist daher kein Luxus. Sie ist vielmehr eine Pflicht für alle Unternehmen, die langfristig erfolgreich bestehen wollen

 

Praxiseinblick: In der Bilderstrecke erklären Personaler, was sie tun, um ihr Unternehmen auf den richtigen Weg in die Zukunft zu bringen.  

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