Weniger Mitarbeiterbindung im Homeoffice

Arbeit im Homeoffice kann sich negativ auf die Bindung der Beschäftigten ans Unternehmen auswirken, das zeigt eine neue Studie. Doch sie zeigt auch: Deutlich entscheidender für die Mitarbeiterbindung ist, wie Arbeitsmodelle im Unternehmen akzeptiert und kultiviert werden.

Beschäftigte, die ganz oder überwiegend im Homeoffice tätig sind, zeigen im Durchschnitt eine geringere Bindung an ihren Arbeitgeber als Arbeitskräfte, die ausschließlich in Präsenz arbeiten. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Präsenz, Homeoffice oder Hybrid? Arbeitssituation und Mitarbeiterbindung in Deutschland" des Marktforschungs- und Beratungsinstituts Heute und Morgen.

Doch deutlich entscheidender, so die weiteren Ergebnisse der Studie, für die Stärke und Qualität der Mitarbeiterbindung sind weniger die Arbeitsmodelle an sich, sondern wie diese in Unternehmen akzeptiert, kommuniziert und kultiviert werden.

Für die Studie wurden 1.500 Berufstätige mit mindestens zwei Jahren Betriebszugehörigkeit bei ihrem aktuellen Arbeitgeber befragt. Von den Befragten arbeiten aktuell 62 Prozent ausschließlich in Präsenz, 32 Prozent hybrid und sechs Prozent ausschließlich im Homeoffice.  Zur Befragung wurde ein Bindungsindex als Mittelwert aus sieben Kriterien wie "Spaß bei der Arbeit", "Gesamtzufriedenheit", "Verbundenheit zum Unternehmen" "Weiterempfehlungsbereitschaft" entwickelt, der die Stärke und Qualität der Bindung der Mitarbeitenden ans Unternehmen zeigt.

Homeofficearbeitende sind weniger stolz auf Arbeit und Arbeitgeber  

Bei den ausschließlich im Homeoffice Arbeitenden zeigte sich mit einem Durchschnittswert von 63 der niedrigste Bindungsindex. Präsenzarbeitende erreichten einen Indexwert von 67, hybrid Arbeitende von 65.

Insbesondere die Bereitschaft, den eigenen Arbeitgeber weiterzuempfehlen, ist nach den Studienergebnissen bei ausschließlich im Homeoffice Arbeitenden geringer ausgeprägt. Auch zeigten sich Mitarbeitende, die ausschließlich in Präsenz oder hybrid arbeiten, deutlich stolzer auf ihre Arbeit, als die ausschließlich im Homeoffice Beschäftigten. Die persönliche Verbundenheit mit dem Arbeitgeber erweist sich bei hybrid Arbeitenden als am stärksten.

Trotzdem, so betonen die Studienautoren, sei der Unterschied zwischen den  Arbeitsmodellen in der Gesamtbetrachtung der Mitarbeitenden nicht besonders groß. Keines der Modelle stelle sich aktuell als grundsätzlich "besser" oder "schlechter" heraus. Entscheidend sei vielmehr, wie das jeweilige Modell akzeptiert, kommuniziert und gelebt werde.

Bei Arbeit im Homeoffice beziehungsweise in Hybrid-Arbeitsmodellen komme es für Unternehmen insbesondere darauf an, gute Führung, Zusammenarbeit und "Wir-Gefühl" auch über räumliche Distanz hinweg aufrecht zu erhalten. Gelinge dies nicht, drohe auf längere Sicht eine Erosion der Mitarbeiterbindung.

Akzeptanz der Arbeitsmodelle entscheidend für Mitarbeiterbindung

Jenseits objektiver Arbeitserfordernisse spielt es nach den weiteren Studienergebnissen für die Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung eine zentrale Rolle, inwiefern die bestehenden Arbeitsmodelle und Präsenzregelungen die Bedarfe und Wünsche der Beschäftigten treffen. Dabei unterteilen die Studienautoren die Beschäftigten in "überzeugt/glücklich" oder "unglücklich" - je nachdem, ob sie das jeweilige Arbeitsmodell freiwillig und gerne übernommen haben oder ob sie lieber beziehungsweise öfter in einem anderen Modell arbeiten würden, was ihnen vom Arbeitgeber aber verwehrt wird.  

So gibt es unter den "Präsenz-Arbeitenden – neben 69 Prozent, die aus objektiven Gründen nur in Präsenz arbeiten können – aktuell 19 Prozent "überzeugte Präsenz-Arbeitende" und 12 Prozent "unglückliche Präsenzarbeitende". Dies hat wiederum sehr deutliche Auswirkungen auf die Mitarbeiterbindung: "Überzeugte Präsenzarbeitende" weisen auf einer Skala von 0 bis 100 (0 = keine Mitarbeiterbindung ans Unternehmen, 100 = besonders starke Mitarbeiterbindung) im Durchschnitt einen Bindungsindex von 75 Punkten auf; "unglückliche Präsenzarbeitende" hingegen nur von 52 Indexpunkten.

Hybridarbeit in vielen Unternehmen nur ein Feigenblatt

"Glückliche Hybridarbeitende" weisen einen Bindungsindex von 71 Punkten auf. "Unglückliche Hybridarbeitende" hingegen nur 61 Indexpunkte.

Besonders auffällig ist: zwei von drei der aktuell hybrid Arbeitenden zählen zu den "unglücklichen Hybridarbeitenden". Sie wollen mehr Tage im Homeoffice arbeiten als ihnen bisher von ihrem Arbeitgeber zugestanden beziehunsgweise ermöglicht wird. In Ausnahmefällen wird auch gewünscht, weniger als derzeit im Homeoffice und wieder mehr in Präsenz zu arbeiten.

Offenbar, so ein Schluss der Studienautoren, werde gerade das "Hybride Arbeiten" – das gerne als das Zukunftsmodell der Arbeit betrachtet wird – in vielen Unternehmen bisher eher noch randständig praktiziert, oder auch nur als fortschrittlich wirkendes Feigenblatt verwendet. Nach Vorschrift in Präsenz zu arbeiten (auch da, wo dies objektiv nicht unbedingt erforderlich wäre) könne in Unternehmen negativ wirken. Ebenso nachteilig könne aber auch eine plakative Homeoffice-Kultur wirken, wenn sie in der Belegschaft gar nicht erwünscht ist.

Treiber der Mitarbeiterbindung

Als übergreifend wichtige Treiber der Mitarbeiterbindung lassen sich – unabhängig von den derzeit praktizierten Arbeitsmodellen – insbesondere folgende Faktoren ausmachen: "Meine Meinung zählt im Unternehmen", "Die Mitarbeitenden werden in der Arbeitsplanung angemessen berücksichtigt" und "Die Aufgaben werden im Unternehmen gerecht verteilt".

Lediglich jeder zweite Beschäftigte beantwortet diese aus Mitarbeitersicht zentralen Aspekte für das eigene Unternehmen positiv. Beschäftigte, die teils oder überwiegend im Homeoffice arbeiten, äußern sich speziell zur Gerechtigkeit der Aufgabenverteilung noch kritischer als die Präsenzarbeiter. In besonderem Maße gilt dies in größeren Unternehmen.


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Schlagworte zum Thema:  Homeoffice, Mitarbeiterbindung