Künstliche Intelligenz: Supercomputer ersetzen Sachbearbeiter
Hochentwickelte Computer oder Roboter könnten künftig zunehmend menschliche Arbeitsplätze auch außerhalb der Produktion obsolet machen. Das zeigt unter anderem eine Hochrechnung des Beratungsunternehmens McKinsey. Doch auch schon heute gibt es Beispiele dafür. So wurde Anfang des Jahres ein Fall in Japan bekannt, in dem der Einsatz künstlicher Intelligenz als Ersatz für White-Collar-Arbeitnehmer nun Realität wird: Einem Medienbericht zufolge ist der japanische Versicherungskonzern Fukoku gerade dabei, 34 Leute vollständig durch eine künstliche Intelligenz (KI) zu ersetzen.
Versicherer: Watson wertet medizinische Berichte aus
Konkret: Die Fukoku Mutual Life Insurance, einer der kleineren Versicherer in Japan, installiert ein KI-System in ihrer Abteilung zur Berechnung von Schäden und Kundenansprüchen. 30 Prozent der insgesamt rund 130 Mitarbeiter dieser Abteilung verlören dadurch ihren Job, heißt es in dem Bericht. Insgesamt hat der Fukoku-Konzern mehr als 12.000 Mitarbeiter. Das KI-System basiert auf dem IBM-Programm "Watson" – eine laut IBM "kognitive Technologie", die "denken kann, wie ein Mensch". Zudem sei die Software in der Lage, alle möglichen Formen von Daten zu analysieren und zu interpretieren, etwa Texte, Bilder, Audio- und Video-Dateien.
Bei Fukoku soll das Programm medizinische Berichte von Ärzten und andere Dokumente lesen, aus denen Informationen hervorgehen, anhand derer sich die Auszahlungen an Kunden berechnen lassen. Die Software sei zudem in der Lage, besondere Klauseln in Versicherungsverträgen zu berücksichtigen, heißt es. Bei Fukoku sollen Jahr für Jahr über 130.000 Fälle zu bearbeiten sein, was mit Hilfe von KI künftig effizienter vonstattengehen soll.
Die letzte Entscheidung über eine Auszahlung an Kunden bleibe allerdings auch künftig menschlichen Arbeitskräften vorbehalten bleiben. Man denke aber schon daran, mit KI auch die Auszahlungen auf Korrektheit prüfen zu lassen.
Kein Einzelfall: Auch andere Verischerer setzen auf KI
Die Installation des KI-Systems kostet den Versicherungskonzern einmalig rund 1,6 Millionen Euro. Zudem fallen laufende Kosten von jährlich 120.000 Euro an. Auf der anderen Seite will das Unternehmen durch den Wegfall der insgesamt 34 Stellen etwa 1,1 Millionen Euro an Personalkosten pro Jahr sparen. Danach würde sich die Investition im zweiten Jahr rechnen.
Ein Einzelfall ist der Einsatz von KI bei Fukoku nicht. Auch andere japanische Versicherer setzen offenbar bereits solche Programme ein. Daiichi Life Insurance nutzt das Watson-System bereits in der Erfassung und Bewertung von Zahlungen. Nippon Life Insurance, größter Lebensversicherer in Japan, setzt seit dem vergangenen Jahr KI ein, um den individuell am besten passenden besten Versicherungsvertrag für einzelne Kunden herauszufinden.
Künstliche Intelligenz: Modell auch auf Deutschland übertragbar
Mit dem Schritt, die Tätigkeit menschlicher Arbeitskräfte vollständig durch intelligente Computer zu ersetzen, betritt Fukoku jedoch offenbar Neuland. Die Japan Post Insurance will in Kürze einen ähnlichen Versuch mit dem System von IBM starten. Der Versicherer Fukoku will jedoch keine Stellen streichen, sondern die Personalanpassung bewältigen, indem befristete Arbeitsverträge nicht verlängert werden (Eine andere Möglichkeit: Die Telekom setzt auf Bildungsteilzeit für Beschäftigte, deren Aufgaben durch die Digitalisierung bedroht sind).
Das Modell von Fukoku ließe sich trotz größerer Tarifvertragsdichte auch auf Deutschland übertragen. Künstliche Intelligenz ist jedenfalls schon ein Thema für die hiesige Assekuranz. Die Unternehmensberatung EY Innovalue hat kürzlich in einer Studie belegt, dass drei Viertel der deutschen Versicherer sowohl die automatische Schadenprüfung, eine automatische Deckungsprüfung nach einfachen Schäden sowie die automatische Prüfung von Gutachten und Rechnungen relevant für die Zukunft ansehen.
Digitalisierung hat deutsche Versicherer längst erfasst
Während Vorstände häufig das Potenzial von KI schon heute austesten wollten, würden sie von Abteilungsleitern und Betriebsräten ausgebremst, weil die einen Stellenabbau fürchten.Dabei stehen ohnehin viele der rund 500.000 Arbeitsplätze in der Assekuranz durch die Digitalisierung in Frage. Dies zeigt sich bereits handfest im Versicherungsvertrieb, wo zahlreiche "Insurtechs" an der Schnittstelle zum Kunden effizienter arbeiten und somit klassische Vertriebswege verändern – vor allem solche über unabhängigen Makler.
Nur bei der gesetzlich vorgeschriebenen Beratung tun sich Online-Makler wie Check24, Knip, Clark & Co. noch schwer und müssen hin und wieder gerichtlich an ihre Beratungspflicht erinnert werden. So hat das Oberlandesgericht München das Vergleichsportal Check24 im April 2017 dazu verurteilt, auch als Onlinemakler dieselben gesetzlich normierten Beratungspflichten (nach § 61 Versicherungsvertragsgesetz) zu erfüllen wie stationäre Versicherungsvermittler.
Digitalisierung: Automatisierungspotenzial durch Software
Zurück zur KI: Die Hoffnung lautet vor allem, dass Computer selbstständig lernen durch Software, die unserer Vorstellung vom menschlichen Gehirn nachempfunden ist. Da gibt es schon Beispiele, über "Watson" von IBM hinaus. Man denke nur an die jüngsten Schachcomputer, die bereits Schachweltmeister geschlagen haben. Oder an "Alexa", die KI von Amazon, die es schon in die Wohnzimmer der Amazon-Kunden geschafft hat. Fachleute gehen inzwischen davon aus, dass Computer mindestens in begrenztem Umfang schlauer als Menschen sein werden. Bei vielen klar definierten und messbaren Tätigkeiten sind sie es bereits.
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Nachdenker
Wed Jun 21 08:20:39 CEST 2017 Wed Jun 21 08:20:39 CEST 2017
Digitalisierung ist recht und gut. Nur je weiter dieser Prozess in allen Branchen fortschreitet und je mehr Arbeitsplätze verloren gehen desto weniger Menschen können sich die Produkte leisten. Ergo wird der Umsatz und die Gewinnmargen irgendwann sinken. Ob dies so sinnvoll ist.