Tipps gegen die KI-Angst von Beschäftigten

Künstliche Intelligenz kann den Arbeitsalltag vereinfachen – doch viele Beschäftigte haben laut einer aktuellen ifaa-Studie Angst vor der neuen Technologie und ihren Folgen. Wie Unternehmen diesen Ängsten entgegenwirken können, zeigen die Erfahrungen aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt KI_eeper.

Künstliche Intelligenz (KI) ist bereits in zahlreichen Technologien und Apps eingebunden, die im Alltag gewinnbringend genutzt werden - sei es für Navigationssysteme oder auf den individuellen Geschmack zugeschnittene Film- oder Musik-Vorschläge in Apps. Auch in Unternehmen kann KI die Arbeit einfacher machen - doch die Einführung von KI-basierten Technologien in Betrieben scheitert häufig an den Ängsten der Beschäftigten. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Künstliche Intelligenz in produzierenden Unternehmen" des ifaa Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e.V.. Demnach schätzen 52 Prozent der insgesamt 332 Befragten, dass Ängste der Beschäftigten ein großes Hindernis für die Einführung von künstlicher Intelligenz im Betrieb sein können. Neben dem Mangel an KI-Expertise ist dies der wesentliche Faktor, der Betriebe daran hindern kann, KI für betriebliche Innovationen gewinnbringend einzusetzen.

KI-Einführung: Auf die richtige Vorgehensweise kommt es an

Das dies nicht so sein muss, zeigen die Ergebnisse aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt "KI_eeper – Know how to keep", das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Im Projekt KI_eeper wird ein selbstlernendes KI-Assistenzsystem für den Transfer von Erfahrungswissen in der Produktion entwickelt. Implizites Erfahrungswissen, über welches nur langjährige, gut eingearbeitete Beschäftigte verfügen, soll damit zukünftig automatisiert von einem technischen System im Arbeitsprozess identifiziert und gespeichert werden. Die Wissensbasis kann dann von allen Beschäftigten für die effiziente und fehlerfreie Ausführung ihrer Tätigkeit genutzt werden.

Um Ängsten der Belegschaft - beispielsweise vor Arbeitsplatzverlust oder Überwachung - zu begegnen, wurde im Projekt durch das ifaa ein partizipatives Vorgehen in den beiden Anwenderbetrieben exemplarisch erprobt. Das Resultat: Die Beschäftigten in den Pilotabteilungen befürworten den Einsatz des KI-Assistenzsystems. Das zeigen die Evaluationen der Maßnahmen und die offene Beteiligung der Beschäftigten aus den Pilotbereichen am Projekt.

KI-Projekt zum Projekt der Beschäftigten machen

In die Entwicklung des KI-Systems wurden Beschäftigte der Anwenderunternehmen von Anfang an durch verschiedene Aktivitäten eingebunden. Dadurch wird gezielt unterstützt, dass das System nutzerzentriert und bedarfsgerecht entwickelt werden kann. Die durchgeführten Aktivitäten gewährleisteten sowohl die regelmäßige Information über den Projektfortschritt, als auch die Teilhabe Beschäftigter an der Entwicklung der Technik. Das Projekt zum Projekt der Beschäftigten machen, ist das Ziel des Vorgehens.

Vorbereitung ist das A und O

In Zusammenarbeit mit den Betriebsräten und Projektverantwortlichen der Unternehmen wurde geplant, wer am Projekt aktiv beteiligt werden muss. Es galt zu berücksichtigen, welche Beschäftigten und Leitungskräfte im Rahmen des Projektvorhabens voraussichtlich im Laufe der zwei Projektjahre mitarbeiten werden. Im Projekt KI_eeper wurden alle an den Arbeitsprozessen beteiligten Beschäftigten in den Pilotbereichen sowie IT-Fachkräfte, Bereichs- und Fertigungsleiter und Projektverantwortliche einbezogen.

KI-Einsatz: Information und Teilhabe von Anfang an

Beschäftigte in den betroffenen Arbeitsbereichen sollten mit Beginn der Technikkonzeption und -entwicklung einbezogen werden. Im Projekt KI_eeper wurde daher ein Auftaktworkshop mit allen am Projekt Beteiligten veranstaltet. Die Projektverantwortlichen berichteten über Hintergründe, Ziele und Vorgehen im Projekt. Darüber hinaus wurde ausreichend Zeit für Fragen und Diskussion eingeplant. Erwartungen, aber auch Ängste und Befürchtungen der Beschäftigten hinsichtlich des Technikeinsatzes konnten aufgegriffen und berücksichtigt werden.

Die Sprache der Beschäftigten sprechen

Betriebspraktiker, Leitungskräfte und vertraute Personen aus den Pilotbereichen wurden zu Rate gezogen, um Konzepte und Präsentationsmaterialien inhaltlich zu planen und adressatengerecht aufzubereiten. In KI_eeper konnten dadurch auch Merkmale der Beschäftigten wie beispielsweise Sprachdefizite oder unterschiedlich hohe Technikaffinität und Informationsstände zu KI berücksichtigt werden. Eine leicht verständliche Sprache ohne Fremdwörter, die Verwendung visueller Mittel und praktische Beispiele zu KI-basierten Systemen in Alltag und Beruf helfen, dass die einzelnen Beschäftigten die Informationen, die vermittelt werden, verstehen können.

KI-basierte Assistenz: Mehrwert durch Technik schaffen

Technik wird gern genutzt, wenn sie hilft. Deswegen ist es notwendig herauszufinden, welche Hilfe und Unterstützung Beschäftigte bei ihrer täglichen Arbeit benötigen. In KI_eeper wurde dafür eine Anforderungsanalyse durchgeführt. Hierfür wurden die Beschäftigten in den Pilotbereichen zu ihrer Tätigkeit interviewt. Damit konnte erfasst werden, welche Herausforderungen die Beschäftigten bei ihrer Arbeit bewältigen müssen und wo nach Ansicht der Beschäftigten eine KI-basierte Assistenz zukünftig unterstützen sollte. Erhoben wurden auch Anforderungen hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit des technischen Systems. Eine unterschiedlich hohe Affinität zu Technik, Sprachdefizite sowie die Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz sollten in der Entwicklung unbedingt berücksichtigt werden.

Korrigieren, vervollständigen, optimieren, wertschätzen

Nach der Analyse wurden die Ergebnisse zusammengefasst und die wesentlichen Erkenntnisse herausgearbeitet. Diese wurden den Beschäftigten der Pilotbereiche in einem weiteren Workshop vorgestellt mit dem Ziel, die Ergebnisse zu überprüfen und zu vervollständigen. Der Workshop und vor allem das erneute Nachfragen nach den Bedarfen hat den Beschäftigten gezeigt, wie wertgeschätzt ihre Arbeit und ihre Expertise wird.

Offener Umgang mit der Angst vor Risiken

Gemeinsam mit den Beschäftigten wurden mögliche Auswirkungen des konzipierten KI-Systems ethischer, rechtlicher und sozialer Art in einem Workshop thematisiert. Die einzelnen Funktionalitäten des technischen Systems wurden den Beschäftigten anhand einer User-Story vorgestellt.

Jede Funktion des Systems sowie der dafür erforderliche Technikeinsatz wie Kamera oder Sensorik wurde von den Teilnehmenden anhand eines anonymen Fragebogens bewertet. Kriterien der Bewertung waren: Benutzerfreundlichkeit, Nützlichkeit der Funktion sowie die Einschätzung zu potenziellen Risiken der Technik für den Einzelnen oder das Team. Darüber hinaus hatten die Beschäftigten die Möglichkeit, in offenen Kommentaren auf den Bewertungsbögen Hinweise für Verbesserungsmöglichkeiten einzubringen.

Beschäftigte transparent informieren und Flurfunk vermeiden

Neben den direkt betroffenen Beschäftigten in den Pilot-Arbeitsbereichen sollten auch alle anderen Beschäftigten der Belegschaft regelmäßig und transparent über das Projekt und den Fortschritt informiert werden. In KI_eeper wurde bereits zu Beginn des Projekts mit den zuständigen Experten udn Expertinnen aus den Unternehmen ein Kommunikationskonzept erarbeitet. Gemeinsam wurde erörtert, welche Informationskanäle in den Unternehmen vorhanden sind und von welchen Beschäftigten diese genutzt werden. Darauf aufbauend wurden Informationsmaterialien mit Texten und Bildern erarbeitet und veröffentlicht.

Bewährte Kommunikationskanäle in den Unternehmen sind die Mitarbeiterzeitung oder das Intranet, Vorträge auf Betriebsversammlungen, Aushänge an Infoboards in den Arbeitsbereichen, Informationen von Projektverantwortlichen und Leitungskräften in Team- und Shopfloor-Meetings sowie Flyer als Anhang an die Gehaltsabrechnung.

Fazit: Positives Feedback der Belegschaft

Die getroffenen Maßnahmen trugen laut den Betriebsräten und Leitungskräften dazu bei, Ängste und Vorbehalte der Beschäftigten hinsichtlich des KI-Einsatzes abzumildern. Einzelgespräche und Shopfloor-Meetings wurden genutzt, um die Beschäftigten zu ihren Empfindungen gegenüber dem Projekt zu befragen. Insgesamt äußerten die Beschäftigten sich positiv über das Projektvorhaben und begrüßten die Implementierung eines KI-Assistenzsystems.

Im Rahmen des Projektverlaufs wurden die durchgeführten Maßnahmen von Beschäftigten anonym bewertet: 15 von 17 Beschäftigten fühlten sich sehr gut über das Projekt informiert. Dies zeigt, dass die getroffenen Maßnahmen eine gute Informationsbasis geschaffen haben. Die Beschäftigten bewerteten das Projektziel insgesamt sehr positiv und empfanden das Projekt als "nützlich", "sinnvoll" und eine "gute Idee". Dies gaben sie in den offenen Kommentarfeldern an. Auch den bisherigen Projektverlauf bewerteten die Befragten als gut bis sehr gut.

Im Projekt KI_eeper steht nun die praktische Experimentierphase kurz bevor. Auch hier werden die Beschäftigten umfassend miteinbezogen, damit am Ende ein für alle optimiertes System zum Einsatz kommt, das gerne genutzt wird. (Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie unter www.Kieeper.net).


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