"Sustainable Natives" stellen Forderungen an HR

Viel wurde über die "Digital Natives" geschrieben, für die die digitale Welt selbstverständlich ist und die heute ihre Digital­kompe­ten­zen in die Unternehmen einbringen. Ihre Nachfolger, die jetzige Generation der Studierenden sowie Schülerinnen und Schüler, lassen sich als "Sustainable Natives" bezeichnen. Sie sind mit dem Gedanken aufgewachsen, einen positiven Beitrag zur Lösung ökologischer und sozialer Probleme beitragen zu wollen – und sie fordern dies vom Arbeitgeber ein.

Zahlreiche Studien der vergangenen Jahre haben die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeit in Wirtschaft und Gesellschaft verdeutlicht. Mit einer internationalen Befragung von mehr als 27.000 Personen hat Globescan im Jahr 2020 herausgefunden, dass für 60 Prozent der jüngeren Teilnehmenden Klimawandel und soziale Ungleichheit höchste Priorität haben, verbunden mit der Erwartungshaltung, dass Unternehmen einen Beitrag zur Lösung dieser Herausforderungen leisten sollten. Viele aktuell Studierende sowie Schülerinnen und Schüler sind "Sustainable Natives", denn sie nehmen Nachhaltigkeit seit ihrer frühen Jugend als Kernthema wahr.

Unternehmen sind nicht auf "Sustainable Natives" vorbereitet

Ein Großteil der Unternehmen hat mit der Digitalisierung ein solides Verständnis für die "Digital Natives" aufgebaut. Im Gegensatz hierzu bleiben die Auswirkungen von Nachhaltigkeit als weiterem entscheidenden Megatrend unserer Zeit in Bezug auf "Sustainable Natives" meist unberücksichtigt. Ähnlich wie bei der digitalen Transformation bildet bei der Sustainability Transformation zum Beispiel das "Reverse Mentoring" einen vielversprechenden Ansatz, um Führungskräfte für diesen Wandel zu sensibilisieren.

Dies ist umso wichtiger, da viele Führungskräfte davon überzeugt sind, mit den Nachhaltigkeitsinitiativen des eigenen Unternehmens bereits auf einem sehr guten Weg zu sein. Allerdings konzentrieren sich diese meist auf die Verringerung negativer Umwelteffekte – auf das berühmte Ziel eines "No Net Loss" (kein Nettoverlust). Die "Sustainable Natives" sind jedoch selbst bereit, einen positiven Beitrag zur Lösung der globalen Herausforderungen für nachhaltiges Wirtschaften zu leisten im Sinne eines "Net Positive Impact" oder Nettogewinns. Unternehmen sollten unbedingt die Chancen erkennen, die sich ihnen hierbei durch neue Strategien und echte Innovationen wie ganz neue Produkte und Lösungen bieten.

Erwartungen der "Sustainable Natives"

Überaus weitverbreitet in der jüngeren Generation ist außerdem die Erwartungshaltung, dass Unternehmen sich aktiv einbringen sollten in die Lösung ökologischer und gesellschaftlicher Probleme. Idealerweise sollte dieser Beitrag zur Problemlösung im Kerngeschäft erfolgen – zumindest wird es künftig deutlich negativer wahrgenommen als in der Vergangenheit, wenn Unternehmen zum versuchten Ausgleich eines nicht nachhaltigen Kerngeschäfts ein relativ isoliertes Corporate-Social-Responsibility-Programm aufsetzen. Gleichzeitig wird die Bereitschaft zu echter Transformation in Richtung zu mehr Nachhaltigkeit von den "Sustainable Natives" sehr positiv wahrgenommen. Dies zeigt sich auch in einer höheren Zahlungsbereitschaft für nachhaltigere Produkte. Ein Beispiel hierfür sind die Sportschuhe "Made to be Remade" von Adidas, die einem zirkulären Ansatz folgend ein späteres Recycling ohne Qualitätsverluste ermöglichen.  

Für die "Sustainable Natives" werden die Elemente der "Triple Bottom Line", das heißt wirtschaftliche, ökologische und soziale Ziele, deutlich stärker gleichberechtigt wahrgenommen als dies bei aktuellen Führungskräften vieler Unternehmen der Fall ist, für die oft die wirtschaftliche Komponente im Fokus steht. Aussagen wie "Unternehmen sollten etwas Gutes für die Gesellschaft und Umwelt tun" fallen in Gesprächen mit der jüngeren Generation ganz natürlich und beiläufig. Die Auswirkungen daraus für Strategie, Innovation, Marketing und viele andere Bereiche können kaum überschätzt werden und Unternehmen sollten sich unbedingt schon jetzt darauf vorbereiten.

Anforderungen an das HR-Management

Typisch für die "Sustainable Natives" sind nennenswerte Zweifel, ob ihr künftiger Lebensstandard ebenso gut bleiben wird wie ihre aktuelle Situation und wie das Leben ihrer Eltern. Gerade aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels und der damit verbundenen öffentlichen Diskussionen ergeben sich oft gemischte Zukunftsaussichten. Zudem erwarten viele aktuell Studierende und Schülerinnen und Schüler konkrete Einschränkungen möglicher Verhaltensweisen, um eine nachhaltigere Wirtschaft und Gesellschaft zu ermöglichen. So werden Einschränkungen durch Verbote oder massiv steigende Preise bei Flugreisen oder beim Konsum wenig nachhaltiger Lebensmittel und sonstiger Produkte genannt.

In vielen Unternehmen sind in dieser Hinsicht jedoch nicht nur Marketing und Vertrieb gefragt, um sich künftig weiterhin erfolgreich am Markt zu positionieren. Vielmehr haben die Sichtweisen der "Sustainable Natives" massive Auswirkungen auf das HR-Management, zum Beispiel hinsichtlich Personalentwicklung und Recruiting. Möglichst umgehend sollten Unternehmen außerdem die Auswirkungen auf Employer Branding analysieren. Schließlich stellen das Employer Branding und die Frage, wie man vielversprechende Talente gewinnt, einen wesentlichen Einflussfaktor für den Unternehmenserfolg dar. Wenn den künftigen Toptalenten positive Nachhaltigkeit besonders wichtig ist, müssen sich auch Unternehmen stärker dazu positionieren.


Der Beitrag ist in voller Länge in Personalmagazin Ausgabe 9/2022 erschienen. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.


Das könnte Sie auch interessieren:

Green HR: "Unternehmen werden nachhaltig oder sie verschwinden"

Grüne Mitarbeiterbenefits: Darauf kommt es an

Der nachhaltige Fußabdruck von HR (Personalmagazin digital)

Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeit, Green HR