Studie: HR im Top-Management großer deutscher Unternehmen

Nur jedes zweite große Unternehmen in Deutschland hat einen eigenständigen Personalvorstand. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung der Hans-Böckler-Stiftung. Die Belange von HR seien damit auf höchster Entscheidungsebene unterrepräsentiert, so die Analyse der Studienautoren.

Unter den 677 größten deutschen Unternehmen, die mindestens 2.000 Menschen beschäftigen und im Aufsichtsrat mitbestimmt sind, haben mehr als die Hälfte keinen eigenständigen Personalvorstand. Bei knapp 31 Prozent dieser Großunternehmen ist die Zuständigkeit für Mitarbeiter auf der obersten Führungsebene nicht explizit personell verankert. In rund einem Fünftel der untersuchten Unternehmen (22 Prozent) wird das Personalressort vom Vorstandsvorsitzenden oder anderen Vorständen mitverantwortet. Eine Ausnahme bilden Unternehmen, die eine Mitbestimmung nach dem Montanmitbestimmungsgesetz von 1951 haben. Sie verfügen immer über einen Personalvorstand, der als Arbeitsdirektor nach dem Modell der Montanmitbestimmung besondere Kompetenzen besitzt.

Diversität in Unternehmen mit Personalvorstand größer

Außerdem zeigt die Untersuchung, dass der Anteil von Frauen unter den Personalverantwortlichen auf der obersten Führungsebene deutlich höher ist, wenn das Unternehmen über eine eigene Vorstandsposition für den Personalbereich verfügt. In Unternehmen mit "Mischressorts", in denen beispielsweise CEOs oder CFOs das Personalwesen mitverantworten, liegt der Frauenanteil bei lediglich fünf Prozent. In Unternehmen mit eigenständigem Personalvorstand sind es 32 Prozent.

HR auf höchster Entscheidungsebene unterrepräsentiert?

Die Autoren der Studie erläutern in ihrer Analyse, dass HR – verglichen mit seiner strategischen Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen – auf höchster Entscheidungsebene unterrepräsentiert sei. Dabei stützen sie sich auf die Aussagen vieler Topmanager, die qualifizierte und motivierte Beschäftigte als entscheidend für den Unternehmenserfolg sehen. Folglich sei eine planvolle und strategische HR-Arbeit in Unternehmen unerlässlich. Ein eigenständiger Personalvorstand, so die Meinung der Studienautoren, würde das Ressort auf der Entscheidungsebene stärken.

Die Nicht-Benennung sei hingegen ein klares Indiz für ein sehr operatives Verständnis der HR-Arbeit, schreibt Jan-Paul Giertz, Personalexperte des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.), in der Studienanalyse. Für diese weitreichende Schlussfolgerung fehlen allerdings empirische Fakten, sie stützt sich allein auf einer Annahme: "HR spielt dann auf jeder Ebene, die unternehmerische Entscheidungen trifft, eine untergeordnete und nachgelagerte Rolle", so Giertz. Darüber hinaus warnt er vor möglichen Interessenkonflikten, die entstehen können, wenn beispielsweise ein Finanzvorstand das Personalressort mitverantwortet. Dann, so Giertz, könne dieser Zielkonflikte zwischen Kostenoptimierung und Sozialverträglichem mit sich selbst ausmachen. Empirische Belege darauf, dass sich eine mehrfache Ressortverantwortung auf Vorstands- oder Führungsebene in der Praxis tatsächlich negativ auf die Bedeutung des HR-Ressorts auswirkt, liefert die Studie jedoch nicht.


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