Dax-Vorstände für digitale Transformation falsch aufgestellt

Der IT-Bereich ist für die Digitalisierung in Unternehmen ausschlaggebend. Doch in den Vorständen vieler Dax-Unternehmen und in den Geschäftsführungen deutscher Familienunternehmen fristet dieses Ressort eher ein stiefmütterliches Dasein. Auch dem Personalmanagement wird im Topmanagement nicht der für Zukunftsthemen nötige Stellenwert beigemessen. Das zeigt eine Analyse von HR Pioneers.

Unternehmerische Entscheidungen fallen anders aus, je nachdem, wer im Vorstandsgremium oder in der Geschäftsführung vertreten ist. "Doch wer sitzt bei strategischen Entscheidungen eigentlich am Tisch der Organisation? Wie sind deutsche und US-amerikanische Vorstände und Geschäftsführungen strukturell aufgebaut? Wer ist im Topmanagement repräsentiert? Dies wollten wir mit unserer Untersuchung herausfinden", sagt André Häusling, Gründer und Geschäftsführer der Beratung HR Pioneers.

Vorstände und Geschäftsführende von 120 Unternehmen unter der Lupe

Untersucht wurden die Internetseiten und Geschäftsberichte der 40 Dax-Unternehmen, der 40 umsatzstärksten US-amerikanischen Unternehmen sowie der 40 umsatzstärksten deutschen Familienunternehmen im Erhebungszeitraum Juli und August 2022. Der Fokus dabei: ob und wie HR und IT durch Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung im Topmanagement vertreten sind. "Diese Ressorts sind die strategischen Hebel, um die vom Zukunftsinstitut erkannten Megatrends in den Unternehmen zu berücksichtigen und somit Zukunftsthemen voranzubringen", so Häusling.

Nur wenige der Dax 40 haben einen dedizierten CIO oder CTO im Vorstand

Die Analyse zeigt unter anderem, dass dedizierte HR und vor allem IT-Vorstandsrollen zu häufig gänzlich in der Struktur des Topmanagements fehlen. Je nach Vergleichsgruppe werden sie bei bis zu 35 Prozent der Unternehmen nicht in den Verantwortungsbereichen des Topmanagements erwähnt. IT als Einzelverantwortung einer Position ist in den Vorständen der Dax 40 am seltensten etabliert: Weit weniger als ein Viertel von ihnen haben eine ausgewiesene Vorstandsposition als CIO oder CTO. In mehr als der Hälfte der DAX 40 liegt die Verantwortung für IT indes beim Vorstandsmitglied für Finanzen und Controlling.

CHRO nur in knapp einem Drittel der Dax-Vorstände

Börsennotierte deutsche Familienunternehmen haben zwar häufiger einen CIO oder CTO in der Geschäftsführung – bei knapp der Hälfte der Firmen ist dies der Fall –, das Ressort HR ist dort im Topmanagement aber ähnlich selten als Einzelverantwortung in einer Position anzutreffen wie bei den Dax 40 (35 bzw. 32,5 Prozent).

In über der Hälfte (55 Prozent) aller Dax-40-Unternehmen wird HR zusammen mit anderen Verantwortungs­bereichen von einem Vorstandsmitglied verantwortet. HR ist in den Vorständen der Dax 40 am häufigsten bei einer Vor­standsperson angesiedelt, die ebenso die Bereiche Recht und/oder Kommuni­kation verantwortet, gefolgt von Compliance und Strategie. Auch Nachhaltig­keit, Innovation und Forschung, Mergers and Acquisitions (M&A) sowie Beziehungen werden häufig mit dem HR-Fachbereich kombiniert.

23 Unternehmen ganz ohne HR-Verantwortung im Vorstand

In insgesamt 23 der untersuchten 120 Unternehmen ist HR überhaupt nicht im Topmanagement repräsentiert: Das betrifft 12,5 Pro­zent der DAX 40 und auch zehn Prozent der amerikanischen Unternehmen, in denen die Verantwortung des Personals keiner Vorstandsposition zugeteilt ist. In den deutschen Familienunternehmen ist HR in 35 Prozent in keinem Verant­wortungsbereich des Topmanagements erwähnt.

US-amerikanische Unternehmen haben Bedeutung von HR-Vorstand bereits erkannt

US-amerikanische Unternehmen sind den deutschen Organisationen hier weit voraus: Drei Viertel von ihnen haben einen Personalvorstand oder eine Personalvorständin. "In den USA hat man bereits erkannt, dass HR im Topmanagement eine bedeutende Rolle für die digitale Transformation und somit für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen spielt", sagt André Häusling. Deutsche Firmen müssten hier nachziehen und HR als wichtigen strategischen Partner im Vorstand beziehungsweise in der Geschäftsführung positionieren. Für IT gelte das einmal mehr. "Die Verantwortungsverteilung und -besetzung der Vorstandspositionen muss insgesamt neu gedacht werden", so Häusling.

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