Von Älteren lernen heißt entspannen lernen
Ausgangspunkt der Studie, die in der Fachzeitschrift "Journal of Organizational Behavior" veröffentlicht wurde, waren die Fragen, ob sich jüngere und ältere Arbeitnehmer unterschiedlich durch berufliche Belastungen beansprucht fühlen und welche Bewältigungsstrategien sie im Umgang mit beruflichen Problemen einsetzen.
Dazu befragte der Münsteraner Psychologe Guido Hertel, Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie, gemeinsam mit Kollegen online rund 630 Berufstätige aus verschiedenen Branchen im Alter von 17 bis 73. Die Studienteilnehmer sollten Fragen zu ihrem Handlungsspielraum (zum Beispiel: "Wenn Sie Ihre Arbeit insgesamt betrachten, wie oft haben Sie die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen?") und zu ihren Arbeitsbedingungen beantworten.
Darüber hinaus sollten sie einschätzen, wie sehr sie sich von Belastungen bei der Arbeit beansprucht fühlen (Beispiel: "Sogar zuhause denke ich häufig an berufliche Probleme") und angeben, welche Bewältigungsstrategien sie einsetzen – also, wie sie mit der Lösung von beruflichen Problemen umgehen.
Wer aktiv Stress bewältigt, ist langfristig entspannter
Dabei unterschieden die Psychologen drei Arten von Bewältigungsstrategien: das aktive Problemlösen ("Ich konzentriere all meine Anstrengung auf die Lösung des Problems"), das aktive Verändern der eigenen Einstellungen ("Ich lerne aus der Erfahrung und wachse daran") und Vermeidungsstrategien ("Ich kann nichts an der Situation ändern und belasse es dabei").
Die Ergebnisse zeigten: Ältere Berufstätige berichteten durchweg weniger von Stress als jüngere. Diese Unterschiede zeigten sich auch dann, wenn die Autoren unterschiedliche Arbeitsbedingungen berücksichtigten.
Dies scheinen die Älteren jedoch maßgeblich selbst mit ihrem Umgang mit Stress zu beeinflussen. Denn im Vergleich zu jüngeren wenden sie bei beruflichen Problemen mehr aktive Bewältigungsstrategien an, wie die Studie ebenfalls zeigte.
Stressbewältigung ist langfristig besser bei Älteren
Dies zahlt sich offenbar langfristig aus, denn als die Wissenschaftler die Teilnehmer acht Monate nach der ersten Befragung erneut nach ihrem Stresslevel befragten, hatten die aktiven Stressbewältiger wiederum die Nase vorn: Sie empfanden ihren Beruf als weniger beanspruchend und stressend als die anderen Teilnehmer.
Warum das so ist, erklärt Studienleiter Hertel: "Ältere Arbeitnehmer haben sich im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit ein großes Repertoire an möglichen Verhaltensweisen zum Umgang mit Problemen angeeignet, auf das sie bei Bedarf flexibel zurückgreifen können", so der Psychologie-Professor. "Gleichzeitig hilft die geringere Beanspruchung dabei, auch zukünftig aktiver mit Stressoren umzugehen – es entsteht so ein sich selbst verstärkender Kreislauf."
"Potenziale älterer Mitarbeiter gezielt nutzen"
Davon könnten auch die Arbeitgeber profitieren, denen Hertel empfiehlt, die Potenziale ihrer älteren Mitarbeiter stärker wahrzunehmen und gezielt zu nutzen. Wie dieser Nutzen konkret aussehen kann, erklärt Professor Andrea Abele-Brehm, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologie: "Psychologische Maßnahmen können im Konzert mit stärker 'verhältnisbezogenen' Maßnahmen dazu beitragen, dass stressbedingte Fehlzeiten von Arbeitnehmern geringer werden."
Bislang wird das Erfahrungswissen und Know-how Älterer in den Unternehmen allerdings nur wenig gefördert und weitergegeben: So zeigten Studien etwa, dass Ältere bei der Weiterbildungsquote noch zu den Schlusslichtern in Unternehmen gehören. Zudem werden Formate wie Mentoring oder Coaching, die den Transfer von Knowhow – etwa darüber, wie man Stress aktiv bewältigen kann – auf jüngere Mitarbeiter ermöglichen, noch wenig genutzt. In einer Studie von Office Team konnten etwa nur 14 Prozent der 200 befragten Personaler bestätigen, dass sie ein Mentoring-Programm einsetzen, um ihre Mitarbeiter zu binden.
Ältere sollen stärker von Weiterbildung profitieren
Allerdings scheint sich hier in den vergangenen Jahren etwas getan zu haben. So unterscheiden sich die Weiterbildungsquoten Älterer und Jüngerer zwischenzeitlich weniger stark als in früheren Jahren, wie etwa der im Abstand von zwei bis drei Jahren durchgeführte Adult Education Survey (AES) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zeigt. Lag die Weiterbildungsquote im Jahr 2007 noch bei mageren 18 Prozent, stieg diese bis zum Jahr 2010 auf 27 Prozent an. Im Jahr 2012 waren es dann schon 32 Prozent.
In der Befragung von Office Team äußern zudem immerhin 13 Prozent der befragten Personaler, dass sie künftig ein unternehmensinternes Mentoring-Programm etablieren wollen.
Diese Entwicklung drückt sich nicht zuletzt auch in den positiven Umschreibungen auf, die inzwischen vielerorts für Ältere zu finden sind: So werden sie gerne wahlweise als Best Ager, Silver oder gar Golden Ager bezeichnet.
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