Guerilla Recruiting: Jobangebot aus dem Hinterhalt

Guerilla Recruiting setzt auf einen größtmöglichen Überraschungseffekt und erreicht potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten dort, wo diese es am wenigsten erwarten. Fünf Tipps für Guerilla-Recruiting-Kampagnen, die eine große Wirkung erzielen.

Guerilla Marketing ist eine Wortschöpfung aus den 1980er Jahren. Mit diesem Begriff werden ungewöhnliche Vermarktungsaktionen bezeichnet, die mit geringem Mitteleinsatz und kreativen Überraschungseffekten eine große Wirkung erreichen wollen. Einige Beispiele für gelungene Kampagnen: Adidas warb an beliebten Jogging-Routen mit Straßen-Graffiti für einen neuen Laufschuh. Der Carsharing-Anbieter Car2go brachte auf abgestellten Fahrrädern Sattelschoner mit dem Aufdruck "Nie mehr im Regen stehen" an. Mercedes befestigte mit Saugnäpfen Mercedes-Sterne an Autos anderer Marken. Und Skandia simulierte vor dem Eingang einer Messe ein großes Erdloch, um damit auf das "Rentenloch" aufmerksam zu machen.

Von diesen ideenreichen Beispielen ist der Schritt zum kreativen Recruiting nicht weit: Clevere Recruiterinnen und Recruiter haben schon vor Jahren das Potenzial von Guerilla Recruiting entdeckt und mit außergewöhnlichen Ideen der Konkurrenz die Talente vor der Nase weggeschnappt.

Recruiting mit Überraschungseffekt

Für eine erfolgreiche Recruiting-Kampagne mit der Guerilla-Methode braucht es nicht viel mehr als eine geniale Idee: Arbeitgeber präsentieren Personen ihrer Zielgruppe das Jobangebot so kreativ und unkonventionell wie möglich. Und zwar dort, wo die Zielgruppe am wenigsten damit rechnet: direkt am Arbeitsplatz, auf dem Arbeitsweg oder im privaten Bereich. Immer mit dem größtmöglichen Überraschungseffekt. Damit machen sie neugierig auf die zu besetzende Stelle und ihr Unternehmen.

Guerilla Recruiting funktioniert besonders gut bei schwer zu besetzenden Stellen. Hiermit lassen sich Talente ansprechen, die häufig kontaktiert werden und bereits eine gewisse Resistenz gegen Abwerbung entwickelt haben. Dabei ist dieser Recruiting-Ansatz äußerst flexibel und für Unternehmen aller Branchen und Größen geeignet – unabhängig von der zu besetzenden Stelle: Mit Guerilla Recruiting finden Unternehmen Talente auch dann, wenn konventionelle Wege nicht mehr funktionieren.

Guerilla Recruiting: Vorteile gegenüber traditionellem Recruiting

Ein relevanter Vorteil gegenüber herkömmlichen Recruiting-Ansätzen ist: Guerilla Recruiting erreicht auch Fachkräfte, die nicht aktiv auf Jobsuche sind, sich einen Jobwechsel bei einem interessanten Angebot aber durchaus vorstellen können. Darüber hinaus ist diese Recruiting-Methode ein Turbo für das Employer Branding. Clevere Unternehmen halten die Umsetzung ihrer Guerilla-Recruiting-Kampagne in Bild und Video fest und teilen sie in den sozialen Medien. Viele außergewöhnliche Kampagnen gehen viral und sorgen so für zusätzliche Interessenten und Bewerber.

Ein Vorteil ergibt sich auch bei den Kosten. Denn eine Guerilla-Recruiting-Aktion muss nicht viel kosten. Es zählt in erster Linie die Idee und nicht das Budget. Das dachte sich auch ein Unternehmen auf der Suche nach neuen Talenten in der Buchhaltung. Die Frage war: Wie überraschen wir diese Fachkräfte mit dem Jobangebot genau dort, wo sie sich tagtäglich aufhalten – bei der Prüfung und Bearbeitung von Buchungen? Die geniale Idee: Es wurde jeweils ein Cent auf die Geschäftskonten ausgewählter Unternehmen überwiesen und der Link zur Landingpage mit dem Stellenangebot im Verwendungszweck versteckt. Besonders aufmerksame und sorgfältige Buchhalter bemerkten und prüften den Mini-Betrag. Die Bewerbungen ließen nicht lange auf sich warten.

Das Interesse von Talenten wecken

Die Zahl der zu besetzenden Stellen ist derzeit so hoch wie nie. Die Zeiten, in denen Unternehmen auf ihre Stellenanzeigen dutzende Bewerbungen erhielten, sind vorbei. Heute müssen sie proaktiv auf Talente zugehen und diese beim ersten Kontakt begeistern. Das Überraschungsmoment ist eines der wichtigsten Vorteile der Guerilla-Methode, die Interesse durch provokative, überraschende und humorvolle Ansprache weckt und Interessenten so zur Kontaktaufnahme und Bewerbung verführt. Damit erreichen Unternehmen mehr und andere Kandidatinnen und Kandidaten als die Konkurrenz. Es gibt keinen vergleichbaren Recruiting-Ansatz, der so effektiv ist.

Auch der britische Nachrichtendienst GCHQ findet Talente mit der Guerilla-Methode. Was liegt näher, als potenziellen Kandidaten gleich einen Vorgeschmack auf die zukünftige Arbeit zu geben? Der GCHQ schuf einen "Wettbewerb", bei dem die besten Talente gegeneinander antraten. Sie hatten die fast unlösbare Aufgabe, einen Code auf der Webseite zu knacken. Von 400.000 Personen, die es versuchten, schaffte es nur ein Prozent. Das waren immerhin 4.000 hochqualifizierte IT-Spezialistinnen und IT-Spezialisten, deren Kontaktdaten der Nachrichtendienst nun besitzt.

So gelingen Guerilla-Recruiting-Kampagnen

1. Setzen Sie Guerilla Recruiting gezielt ein: Seien Sie mutig und kreativ und probieren Sie diese innovative Methode aus. Nehmen Sie eine wichtige Stelle und entwickeln Sie überraschende, unkonventionelle Ideen, um Kandidatinnen und Kandidaten der Zielgruppe anzusprechen. Aber übertreiben Sie es nicht: Guerilla Recruiting kann sich abnutzen, wenn es zu oft eingesetzt wird. Der Überraschungseffekt wird auf Dauer verschwinden.

2. Lassen Sie sich inspirieren, aber kopieren Sie nicht: Es gibt unzählige Beispiele für erfolgreiches Guerilla Recruiting. Da liegt es nahe, mal eben eine bereits umgesetzte Recruiting-Kampagne eins zu eins zu kopieren. Das sollten Sie tunlichst vermeiden. Lassen Sie sich gern von anderen Ideen inspirieren, aber entwickeln Sie eigene Kampagnen, die zur Branche, zum Unternehmen und zur Unternehmenskultur passen.

3. Planen Sie sorgfältig und beziehen Sie die richtigen Personen ein: Nur gemeinsam im Team entwickeln Sie ein Höchstmaß an Kreativität und finden die besten Ideen. Erarbeiten Sie deshalb Guerilla-Recruiting-Kampagnen nicht im stillen HR-Kämmerlein, sondern nutzen Sie das Know-how aus den Fachbereichen. Ein perfektes Kreativ-Team besteht aus Personalerinnen und Personalern, Recruiterinnen und Recruitern, Fachvorgesetzten und Personen der Fachabteilungen, die Detailkenntnisse über die gesuchten Zielgruppen haben. Gehen Sie strukturiert vor: Bestimmen Sie zuerst mögliche Zielgruppen, analysieren Sie diese anschließend und entwickeln Sie erst dann passgenaue Ideen für kreative Guerilla-Recruiting-Kampagnen.

4. Sorgen Sie für einen authentischen, konsistenten Prozess: Eine gelungene Guerilla-Recruiting-Idee wird potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten positiv ansprechen und überraschen. Das Hauptziel dieser unkonventionellen Recruiting-Technik ist, heiß begehrte Talente neugierig auf die Stelle und das Unternehmen zu machen. Sorgen Sie dafür, dass der erste positive Eindruck nicht schnell wieder verfliegt. Authentizität ist im gesamten Recruiting-Prozess wichtig. Stellen Sie das Unternehmen so dar, wie es ist. Mit allen Stärken und Schwächen. Und sorgen Sie dafür, dass der Recruiting-Prozess schnell und unkompliziert ist. Sie arbeiten bei der Guerilla-Recruiting-Aktion mit QR-Codes und Landingpages? Dann ermöglichen Sie den Kandidatinnen und Kandidaten, direkt auf der Landingpage mit Ihnen in Kontakt zu treten. Umständliche Bewerbungsformulare mit Lebenslauf, Anschreiben und Zeugnissen sind hier fehl am Platz. Nutzen Sie die Begeisterung der Personen aus, die Sie mit der kreativen Recruiting-Kampagne ansprechen und ermöglichen Sie die direkte Kontaktaufnahme.

5. Vergessen Sie Datenschutz und Wettbewerbsrecht nicht: Grundsätzlich haben Sie vielfältige Möglichkeiten, mit überraschenden, alternativen Recruiting-Ansätzen begehrte Fachkräfte anzusprechen und einzustellen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie sogar Talente direkt von der Konkurrenz abwerben. Lassen Sie Ihrer Kreativität freien Lauf, aber bewegen Sie sich unbedingt innerhalb des rechtlichen Rahmens. Insbesondere das UWG, das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, und das Datenschutzrecht gilt es zu beachten. Ähnlich wie es Personalberatungen erlaubt ist, potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten direkt anzusprechen und das Stellenangebot zu unterbreiten, können Sie mit Ihrer Guerilla-Recruiting-Kampagne auf den direkten Wettbewerb zielen.


Der ungekürzte Artikel ist im Sonderheft "Personalmagazin plus: Trends im Recruiting 2022" erschienen, das hier kostenlos zum Download verfügbar ist


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Schlagworte zum Thema:  Recruiting, Personalmarketing, Fachkräftemangel