Diversity: Zu wenige Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten Infografik

Im Krisenjahr 2020 ist der Frauenanteil in Dax-Vorständen auf den Stand von 2017 gesunken. In den Aufsichtsräten sitzen zwar seit zwei Jahren dank gesetzlich forcierter Quote gut 30 Prozent Frauen, doch die Machtverhältnisse in den Aufsichtsgremien haben sich dadurch kaum verändert.

Die Pandemie prägt derzeit auf beispiellose Weise die weltweite Wirtschaft. Doch nicht überall ist die Reaktion der Unternehmen dieselbe. In der Krise strukturieren deutsche Konzerne ihre Führungsetagen um, allerdings ganz anders als ihre Wettbewerber in anderen westlichen Industrieländern. Während dort die Vorstände deutlich weiblicher werden, sind in deutschen Börsenunternehmen im Krisenjahr zwei Mechanismen zu beobachten: eine Verkleinerung der Vorstände und der Rückgriff auf Gewohntes, Vertrautes, "Altbewährtes" – man setzt auf Männer.

Frauenanteil in Dax-Vorständen sinkt auf 12,8 Prozent

Viel häufiger als in den Vorjahren haben sich die deutschen Konzerne im vergangenen Jahr von Frauen in den Vorständen verabschiedet. So ist der Frauenanteil bei den 30 Dax-Unternehmen nicht wie in den Vorjahren weiter angestiegen, sondern in einer Rückwärtsbewegung auf den Stand von 2017 gefallen. Er liegt aktuell bei nur 12,8 Prozent. Die Zahl der Dax-Unternehmen ohne Frau im Vorstand ist seit September 2019 von 6 auf 11 hochgeschnellt.

Internationaler Vergleich: Deutschland ist bei Frauenanteil Schlusslicht

Ganz anders sieht es im Ausland aus: In den USA, Großbritannien, Schweden, Frankreich und Polen werden in der Krise kontinuierlich vielfältigere Führungsteams aufgebaut, die komplexen Herausforderungen besser gewachsen sind. In diesen Ländern gelingt es viel besser, weibliche Talente zu befördern: In den USA (28,6 Prozent), Schweden (24,9 Prozent) und Großbritannien (24,5 Prozent) ist der Frauenanteil im Top-Management teils mehr als doppelt so hoch wie bei den Dax-Unternehmen, die im internationalen Vergleich den letzten Platz belegen und immer weiter zurückfallen.

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Deutschland ist das einzige Land im Vergleich, in dem kein einziger der 30 größten Konzerne einen Frauenanteil im Vorstand von 30 Prozent erreicht und es ist das einzige Land, in dem keines dieser Unternehmen von einer Frau geführt wird. Haben 97 Prozent der amerikanischen und 87 Prozent der französischen Großunternehmen mehrere Frauen im Vorstand, ist das in Deutschland nur noch bei vier Dax-Unternehmen der Fall: Allianz, Daimler, Deutsche Telekom und Fresenius Medical Care.

Frauenanteil in Dax-Aufsichtsräten stagniert

Besser sieht es auf den ersten Blick in den Aufsichtsräten aus, doch der Schein trügt. Zwei Jahre nach Erreichen der gesetzlichen Frauenquote von 30 Prozent für die Aktionärsvertreterseite in den Dax-Aufsichtsräten, stagniert der Anteil der Frauen im Jahr 2020 bei 32,9 Prozent (32,3 Prozent im Vorjahr). Zählt man die Arbeitnehmervertreterinnen hinzu, liegt der Frauenanteil jetzt bei 36,3 Prozent. Deutschland liegt damit auf Platz sieben in Europa. Die Machtverhältnisse in den Aufsichtsgremien haben sich allerdings kaum verändert, wie aus einer Erhebung der Personalberatung Russell Reynolds Associates hervorgeht. Seit zehn Jahren analysiert das auf die Besetzung von Spitzenpositionen spezialisierte Unternehmen die Zusammensetzung der Aufsichtsräte der 30 Dax-Unternehmen in einer jährlichen Studie.

An den Machtverhältnissen in Aufsichtsräten hat sich wenig geändert

Mit Dr. Simone Bagel-Trah bei Henkel ist nur ein Aufsichtsratsvorsitz von 30 von einer Frau besetzt (2019 waren es zwei). Nur zwölf Prozent (Vorjahr 13 Prozent) der Ausschussvorsitzenden sind weiblich (17 von 142). Insgesamt ziehen 2020 neun Frauen neu in die Aufsichtsräte ein. Erstmals in den letzten fünf Jahren haben weniger als die Hälfte der neu gewählten weiblichen Aufsichtsräte Erfahrung auf Top-Management-Ebene vergleichbarer Konzerne: Sie sind mehrheitlich Beraterinnen, Expertinnen und Politikerinnen.

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"Die Frauenquote in den Dax-Aufsichtsräten ist erfüllt und Deutschland hat international aufgeschlossen. Über zehn Jahre betrachtet sehen wir einen deutlichen Fortschritt", sagt Jens-Thomas Pietralla, Leiter der Europäischen CEO & Board Praxisgruppe bei Russell Reynolds Associates. "Aber der nächste Entwicklungsschritt muss jetzt lauten: Frauen an mehr Macht!"


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Schlagworte zum Thema:  Frauenquote, Diversity, Vorstand