Digitale HR Transformation managen

Digitalisierung in kleinen Schritten oder ein großangelegtes Transformationsprogramm? In diesem Kapitel erfahren Sie die Vor- und Nachteile verschiedener Digitalisierungsstrategien für HR.

Wie die bisherigen Ausführungen klar und deutlich zeigen, gibt es im Rahmen von »Digital HR« einiges zu tun. Für viele HR-Abteilungen stehen tiefgreifende Veränderungen vor der Tür. Daher stellt sich die Frage, wie diese zu managen sind. Auch wenn es hierfür keine für alle Unternehmen passende Ideallösung gibt, lassen sich die möglichen Lösungsvarianten in zwei generische Grundansätze der Transformation unterscheiden:

  • (Großes) HR-Transformationsprogramm
  • HR-Transformation der kleinen Schritte

Großes HR-Transformationsprogramm

Wird vom Top (HR-)Management die Notwendigkeit einer tiefgreifenden Transformation der HR-Funktion erkannt, so führt dies in der Regel zum ersten Transformationsansatz (HR-Transformationsprogramm bzw. HR-Transformation als Teil eines Unternehmens-Transformationsprogramms). Hierbei wird basierend auf dem erkannten Veränderungsbedarf ein entsprechender Veränderungsprozess mit mehreren Teilaspekten bzw. -projekten top-down vom Top (HR-)Management auf die Agenda gesetzt und angestoßen. Ein solches top-down initialisiertes Transformationsprogramm bedeutet aber nicht, dass die Transformation komplett direktiv, d. h. von oben "durchgesteuert", erfolgt. Vielmehr sollte die Lösungsfindung und Umsetzung in einer VUCA-Umwelt agil und partizipativ erfolgen. Die Summe der einzelnen Veränderungsprojekte (z. B. neue HR-Strategie + geänderte HR-Struktur + Optimierung der vier wichtigsten HR-Prozesse inkl. neuer HR-IT-Systeme) führt zu einer tiefgreifenden Transformation der gesamten HR-Funktion.

Die wesentlichen Vorteile eines solchen  großen Transformationsansatzes sind Geschwindigkeit (Transformation verschiedener HR-Themen erfolgt in einem "Aufwasch" und damit schneller), Umsetzungsstärke (Management Attention führt zu Handlungsdruck und i. d. R. auch entsprechender Ressourcenbereitstellung) und Konsistenz (Teilprojekte können aufeinander abgestimmt werden). Wesentliche Voraussetzungen für ein solches, umfassendes HR-Transformationsprogramm sind ein entsprechender Veränderungswille auf Seiten des Top (HR-)Managements und die Fähigkeit auf Basis eines zumindest ungefähren Zielbildes ein stimmiges, gesamthaftes Transformationsprogramm  aufzusetzen.


HR-Transformation der kleinen Schritte

Fehlt die Notwendigkeit oder der Wille zur tiefgreifenden Veränderung bzw. ist nicht klar, wo die Reise hingehen soll oder was alles wie zu verändern ist, dann empfiehlt sich eine HR-Transformation der kleinen Schritte. Hierbei werden ‒ immer wieder ‒ verschiedene (kleinere) Veränderungsvorhaben (z. B. Anwendung einzelner agiler bzw. partizipativer Methoden in einzelnen HR-Bereichen) bzw. -projekte (z. B. zunächst Etablierung von Social Media im Personalmarketing, dann Etablierung mobil  optimierter Stellenanzeigen, danach Implementierung von KI-Ansätzen im Recruitingprozess usw.) gestartet, die einzelne HR-Aspekte digitaler, smarter oder agiler machen. Es handelt sich somit um eine  kontinuierliche, inkrementelle  Optimierung der HR-Funktion. Ein solches Vorgehen ist zwar langsamer, weniger "druckvoll" und weniger konsistent, erlaubt es aber zu Experimentieren und aus den Erfahrungen zu lernen. Außerdem ist es risikoärmer und ressourcenschonender.

Der Prozess der Digitalisierung endet nie

Wichtig ist die Erkenntnis, dass der Prozess der Digitalisierung der HR-Funktion ‒ auch im Falle eines großen HR-Transformationsprogramms ‒ niemals abgeschlossen ist. Denn auf Basis der exponentiellen Technologieentwicklung werden auch zukünftig immer wieder neue Technologien aufkommen, welche die HR-Arbeit effektiver und/oder effizienter machen können. Es bedarf somit einer kontinuierlichen Selbsterneuerung und Optimierung. D. h. unabhängig vom Transformationsansatz sind die Augen und Ohren immer für weitere Op- timierungen offen zu halten. Der Prozess der Digitalisierung endet nie.

Digitale Transformation und Kulturwandel

Unabhängig vom gewählten Transformationsansatz ist es ebenfalls von enormer Wichtigkeit, zu erkennen, dass die digitale HR-Transformation kein reines IT- oder Prozessthema ist, sondern auch einen entsprechenden Kulturwandel bedingt. In Studien und Gesprächen kommen Verantwortliche von Digitalprojekten immer und immer wieder auf die große Bedeutung der Kultur für eine erfolgreiche digitale Transformation zu sprechen (siehe auch: Die acht Dimensionen digitaler Unternehmenskultur). Die kulturellen Herausforderungen der digitalen Transformation lassen sich auch wieder am VOPA-Plus-Modell festmachen. In einer VUCA-Umwelt müssen Unternehmen schnell und flexibel handeln können. Dafür muss die Kommunikations-, Interaktions- und Führungskultur in den Unternehmen auf Agilität ausgerichtet sein. Voraussetzung dafür ist die Nutzung der kollektiven Intelligenz im Unternehmen durch Partizipation der Mitarbeiter.  Das Zulassen von Partizipation wiederum setzt Vernetzung und Offenheit voraus, die auf Vertrauen basiert. Führung muss auf Augenhöhe mit den Mitarbeitern stattfinden.


Buchtipp: Digital HR

Der obige Text ist ein Auszug aus dem Buch "Digital HR" das kürzlich bei Haufe erschienen ist. In dem Buch erläutern führende Köpfe aus dem HR-Bereich die Herausforderungen der Digitalisierung für HR und zeigen Lösungsansätze in Form von Konzepten, Tools und anhand von Best-Practice-Beispielen aus verschiedenen Branchen auf.

Thorsten Petry/Wolfgang Jäger (Hrsg.): Digital HR. Smarte und agile Systeme, Prozesse und Strukturen im Personalmanagement. 494 Seiten, Haufe 2018. 59,90 Euro.


Schlagworte zum Thema:  Digitalisierung, Change Management