BMF, 19.01.2004, IV B 4 - S 1320 - 1/04

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die Amtshilfe, die sich in- und ausländische Finanzbehörden bei der Steuererhebung leisten, die nachfolgenden Grundsätze. Dieses Schreiben gilt nicht für die in die Zuständigkeit der Zollverwaltung fallenden Abgaben.

 

1. Allgemeines

 

1.1 Zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung

Die deutschen Finanzbehörden beanspruchen und gewähren zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung nach Maßgabe der in diesem Schreiben dargestellten Grundsätze.

 

1.2 Rechtsgrundlagen

 

1.2.1 Überblick

Die Rechtsgrundlagen der zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung ergeben sich aus dem Recht der Europäischen Gemeinschaften (Richtlinie 76/308/EWG in der Fassung der Richtlinie 2001/44/EG – EG-Beitreibungsrichtlinie, ABI L 175 vom 28.6.2001 S. 17 – Anlage 8 – hier nicht enthalten), aus einer Reihe von Doppelbesteuerungsabkommen sowie aus Verträgen über Amts- und Rechtshilfe in Steuersachen. Die EG-Beitreibungsrichtlinie ist durch das EG-Beitreibungsgesetz (BStBl 2003 I S. 319 ff. – Anlage 11 – hier nicht enthalten) in innerstaatliches Recht umgesetzt worden. Die Doppelbesteuerungsabkommen und die Verträge über Amts- und Rechtshilfe sind völkerrechtliche Vereinbarungen, die durch Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht werden (Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 GG).

 

1.2.2 EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-BeitrRL) und EG-Beitreibungsgesetz (EG-BeitrG)

Die Finanzbehörden der Mitgliedstaaten der EU (derzeitige Mitgliedstaaten vgl. Anlage 1 – hier nicht enthalten) leisten sich gegenseitig Amtshilfe bei der Steuererhebung nach Maßgabe der EG-BeitrRL. Dabei sind die von der EG-Kommission erlassenen Durchführungsbestimmungen (Richtlinie 2002/94/EG, ABI L 337 vom 13.12.2002 S. 41 – Anlage 9 – hier nicht enthalten) zu beachten. Die deutschen Finanzbehörden gewähren den Finanzbehörden der EU-Mitgliedstaaten Amtshilfe bei der Steuererhebung nach dem EG-BeitrG. Die Amtshilfe erstreckt sich gemäß Artikel 2 der EG-BeitrRL und § 1 EG-BeitrG u.a. auf die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen (Artikel 1 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 77/799/EWG – EG-Amtshilfe-Richtlinie, ABI L 336 vom 27.12.1977 S. 15 – Anlage 10 – hier nicht enthalten), die Steuern auf Versicherungsprämien (Artikel 3 EG-BeitrRL), sowie die Umsatzsteuer (einschließlich Verspätungszuschläge und Zwangsgelder). Sie umfasst auch von Verwaltungsbehörden verhängte Geldstrafen und Geldbußen, soweit sie nicht strafrechtlichen Charakter haben (Anlage 1 – hier nicht enthalten).

 

1.2.3 Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA)

Die DBA mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Polen (Anwendbar erst nach In-Kraft-Treten des Abkommens (Artikel 32 Abs. 2 Buchst. d DBA)), Schweden und den USA enthalten Vereinbarungen über die Amtshilfe bei der Steuererhebung. Die Amtshilfe erstreckt sich regelmäßig auf die Steuern, für die das jeweilige DBA gilt, in der Regel also die Einkommen- und Körperschaftsteuer, zum Teil auch die Gewerbe-, Vermögen-, Nachlass-/Erbschaft-/Schenkung- und Grundsteuer, ausnahmsweise auch die Kirchensteuer. Zu Einzelheiten vergleiche Tzn. 4.8 und 4.11 sowie Anlage 1 (hier nicht enthalten).

 

1.2.4 Amts- und Rechtshilfeabkommen

Mit Finnland, Italien und Österreich bestehen Abkommen über die steuerliche Amts- und Rechtshilfe, die sich auch auf die Steuererhebung erstrecken. Der Anwendungsbereich dieser Abkommen geht – mit Ausnahme von Italien – über die in den DBA genannten Steuern hinaus (Anlage 1 – hier nicht enthalten). Mit den Niederlanden besteht ein Abkommen über die gegenseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von Steueransprüchen und der Bekanntgabe von Schriftstücken. Das Abkommen ist auf die Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen- und die Gewerbesteuer sowie auf den Solidaritätszuschlag auf die Einkommen- und die Körperschaftsteuer anwendbar.

 

1.2.5 Verhältnis der Regelungen zueinander

Soweit im Verhältnis zu einem Staat Amtshilfe für eine Abgabe nach mehreren Rechtsgrundlagen in Anspruch genommen oder geleistet werden kann, stehen sie gleichwertig nebeneinander. Im Verhältnis zu den EU-Mitgliedstaaten sollen die Finanzbehörden Amtshilfe in der Regel auf der Grundlage der EG-BeitrRL in Anspruch nehmen.

 

1.3 Arten der Amtshilfeersuchen

Folgende Ersuchen kommen in Betracht:

  • Vollstreckungsersuchen;
  • Ersuchen um Sicherungsmaßnahmen (einschließlich Ersuchen zur Vollziehung des dinglichen Arrestes);
  • Auskunftsersuchen zu Vollstreckungszwecken;
  • Zustellungsersuchen.
 

1.4 Zuständigkeiten

 

1.4.1 Grundsatz

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat seine Zuständigkeit für die zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG durch Erlass vom 13.12.1976, Z C 3 – O 1755 – 59/76 (BStBl 1977 I S. 33) auf das Bundesamt für Finanzen (BfF) übertragen. Das BfF übermittelt inländische Ersuchen an die zuständige ausländische Behörde und nimmt entsprechende ausländische Ersuchen ent...

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