Rz. 17

Nach Satz 1 kann die Aufsichtsbehörde in Einzelfällen die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der Pflichten zu treffen hat, die sich aus dem 2. Abschnitt (Gesundheitsschutz) und aus den aufgrund des § 31 Nr. 1-5 MuSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergeben. Die Maßnahmen der Aufsichtsbehörde nach § 29 dienen der Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben im Einzelfall. Sie beziehen sich nicht auf den Bereich des Kündigungsschutzes und des Leistungsrechts. Bei der Anordnung von Maßnahmen hat die Aufsichtsbehörde stets die allgemeinen gesundheitsschutzrechtlichen Vorgaben des 2. Abschnitts zu berücksichtigen.

In § 29 Abs. 3 Satz 2 sind die Einzelmaßnahmen und Eingriffsgrundlagen der Behörde gesammelt beschrieben und führt die in den früheren §§ 2 Abs. 5, 7 Abs. 3, 8 Abs. 5 und 6 MuSchG a. F. geregelten Befugnisse der Aufsichtsbehörde zusammen. Zum besseren Verständnis sind die wichtigsten Befugnisse in einem nicht abschließenden Katalog aufgeführt. Die Befugnis der Aufsichtsbehörde, eine Kündigung nach § 17 Abs. 1 für zulässig zu erklären, ist gesondert in § 17 Abs. 2 MuSchG geregelt.

2.4.1 Ausnahmen vom Arbeitszeitverbot nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1

 

Rz. 18

Nr. 1 regelt die Bewilligung von Ausnahmen vom Verbot der Mehrarbeit und Nachtarbeit. Bei der Bewilligung von Ausnahmen nach Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 sind insbesondere die Beurteilung der Arbeitsbedingungen heranzuziehen und zu prüfen. Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen muss eine besondere Würdigung besonderer Arbeitsbedingungen enthalten. Es sind insbesondere ein ggf. bestehender verminderter Personalschlüssel und möglicherweise die Eingeschränktheit körperlich-geistiger Leistungsfähigkeit (Ermüdung, Konzentrationsabfall) zu berücksichtigen. Zudem sind ggf. auch die besonderen Anforderungen an die Zulässigkeit der Beschäftigung zu prüfen, wie etwa das Erfordernis der Einwilligung der Frau oder das Vorliegen eines ärztlichen Attests nach § 16 Abs. 1 MuSchG.

2.4.2 Beschäftigungsverbot nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2

 

Rz. 19

Nr. 2 regelt, dass die Aufsichtsbehörde es einem Arbeitgeber verbieten kann, eine schwangere oder stillende Frau nach 20 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen zu beschäftigen.

2.4.3 Bestimmungen zum Stillen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3

 

Rz. 20

Nr. 3 regelt, dass die Aufsichtsbehörde nähere Bestimmungen zur Freistellung zum Stillen nach § 7 Abs. 2 MuSchG und über die Einrichtung von Stillräumen treffen kann. Anwendungsbereich ist vor allem das industrielle Umfeld, in dem u. U. wenige räumliche Möglichkeiten für ein ungestörtes Stillen gegeben sind.

2.4.4 Bestimmungen zur Arbeitsmenge nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4

 

Rz. 21

Nr. 4 regelt, dass die Aufsichtsbehörde nähere Bestimmungen über die Arbeitsmenge für in Heimarbeit beschäftigte Frauen und ihnen Gleichgestellte nach § 8 MuSchG treffen kann.

2.4.5 Anordnung von Schutzmaßnahmen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5

 

Rz. 22

Nr. 5 regelt die Anordnung von Schutzmaßnahmen zur Durchführung des § 8 Abs. 1 und 2 und des § 13 MuSchG. Die Vorschrift gibt der Aufsichtsbehörde einen weiten Gestaltungsspielraum: Diese Regelung eröffnet der Behörde technische und organisatorische Maßnahmen sowie Anordnungen zu Schutzmaßnahmen bspw. in den Bereichen Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsorganisation oder Nutzung von Schutzkleidung.

2.4.6 Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6

 

Rz. 23

Nr. 6 regelt, dass die Aufsichtsbehörde Einzelheiten zu Art und Umfang der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 10 MuSchG anordnen kann. Die Befugnis der Aufsichtsbehörde, Einzelheiten zu Art und Umfang der Beurteilung nach § 10 MuSchG anzuordnen, umfasst auch die Befugnis, die erstmalige Erstellung einer Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 10 MuSchG anzuordnen, wenn der Arbeitgeber diese Beurteilung noch nicht vorgenommen hat oder Zeitpunkt und Umfang einer Beurteilung vorzugeben, wenn besondere Umstände (etwa besondere Arbeitsschritte) dies verlangen. Ein Arbeitgeber soll die Gefährdungsbeurteilung nicht zu einem besonders "günstigen" Zeitpunkt vornehmen (etwa wenn wenig Betrieb oder eine hohe Arbeitskräftedichte oder andere saisonale oder technische Besonderheiten vorliegen). Vielmehr soll die Beurteilung das konkrete Bild einer möglichen Gefährdung wiedergeben.

2.4.7 Verbot bestimmter Tätigkeiten nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 7

 

Rz. 24

Nr. 7 regelt die Befugnis der Aufsichtsbehörde, bestimmte Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen nach § 11 MuSchG (Schwangere) oder § 12 MuSchG (Stillende) zu verbieten. Der Katalog der in §§ 11 und 12 MuSchG beschriebenen Tätigkeiten und der Möglichkeit, mit gefährlichen Stoffen in Kontakt zu kommen, ist nicht abschließend und einem technologischen Wandel unterworfen. Mit der Möglichkeit, bestimmte Tätigkeiten zu verbieten, eröffnet der Gesetzgeber der Behörde, auf konkrete, bisher nicht katalogisierte Umstände zu reagieren.

2.4.8 Ausnahmen vom Arbeitszeitverbot nach § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 8

 

Rz. 25

Nr. 8 regelt, dass die Aufsichtsbehörde Ausnahmen von den Vorschriften des § 11 Abs. 6 und des § 12 Abs. 5 MuSchG bewilligen kann. Nach Nr. 8 ist zudem die Beurteilung der Arbeitsbedingungen heranzuziehen und zu prüfen. Es dürfen keine Arbeitsbedingungen vorherrschen, bei denen durch die Art der Arbeit und das Arbeitstempo eine unverantwortbare Gefährdung für die schwangere oder stillende Frau oder für ihr Kind vorliegt.

In der betrieblichen Praxis sind viele Arbeitsschritte getaktet – unmittelbar in Form von Fließbandarbeit oder mittelbar in Form von getakteter Arbeit i...

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