Rz. 40

Zu den in § 9 Abs. 1 Satz 1 relevanten Arbeitsbedingungen gehören die unmittelbaren Umstände der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Neben dem eigentlichen Inhaltsbereich, also der Tätigkeit, sind das die mit dem Arbeitsbegriff, der Arbeitsorganisation und dem Arbeitsplatz umschriebenen Arbeitsbedingungen.

 

Rz. 41

Der Begriff der "Arbeit" ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts[1] wie folgt definiert: "Arbeit ist der zweckgerichtete Einsatz der eigenen – körperlichen oder geistigen – Kräfte, die wirtschaftlich nach der Verkehrsanschauung als Arbeit gewertet werden kann." Dabei ist wirtschaftlich nicht i. S. v. erwerbswirtschaftlich zu verstehen. Vielmehr genügt jede Tätigkeit, die der Befriedigung eines fremden – materiellen oder geistigen – Bedürfnisses und nicht nur einem eigennützigen Zweck dient. Auch eine Tätigkeit aus ideellen Gründen kann einen wirtschaftlichen Wert haben.

 

Rz. 42

Das Schutzgebot erfasst auch die Arbeitsorganisation. Zur Arbeitsorganisation gehört die konkrete betriebliche Gestaltung des Arbeitsablaufes wie

  • konkrete Arbeitsabläufe und einzelne Arbeitsschritte,
  • Produktionsanweisungen oder Bearbeitungsvorgaben,
  • Arbeitszeit (Beginn und Ende der täglichen Anwesenheit),
  • Pausen und Erholzeiten oder
  • das Arbeitstempo (wie etwa Akkord- oder Leistungsvorgaben; Bandgeschwindigkeit bei Fließfertigung) oder auch die Frage, ob
  • bestimmte Arbeitskleidung, vor allem Schutzkleidung zu tragen ist.[2]

Um das Schutzziel des MuSchG einzuhalten, sind gegebenenfalls organisatorische Änderungen und Anpassungen an die Situation der Schwangeren erforderlich. Das können zum einen ablaufgestaltende Anweisungen, aber auch Ergänzungen des Arbeitsplatzes durch ergonomische Unterstützung (z. B. einstellbare Arbeitstische und Sitzgelegenheiten), oder bauliche Besonderheiten wie Trittsicherheit, Vermeidung von Lärm, Zug und Staub und daneben auch eine spezifische Gestaltung der Arbeitsumgebung sein.

In Betracht kommende – auf die individuelle Situation abgestimmte – Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers sind hier:

  • Veränderung der Lage (Schicht, Arbeitsbeginn),
  • Verkürzung der persönlichen regelmäßigen Arbeitszeit[3] (Dauer),
  • Gewährung individueller zusätzlicher Pausen,
  • Möglichkeit zur kurzen – auch mehrfachen – Arbeitsunterbrechung,
  • Reduzierung der Arbeitsmenge/des Arbeitsvolumens oder
  • besondere Schutzkleidung und Schutzmaßnahmen.
 

Rz. 43

Der Arbeitsplatz[4] ist umfassend i. S. v. § 2 Arbeitsstättenverordnung die Beschäftigungsstelle, also der Ort der konkreten Arbeitsleistung[5], der betriebliche Arbeitsplatz, an dem regelmäßig die Arbeitsleistung erbracht werden muss und der im Arbeitsvertrag definiert ist. Arbeitsplatz ist also in erster Linie die Stelle, an der die Frau konkret arbeitet.[6]

Der im Gesetzestext verwendete Begriff des "Arbeitsplatzes" ist umfassend zu verstehen, er meint nicht nur die in einem Stellenplan organisatorisch angelegte Funktion; vielmehr ist die konkrete räumliche und organisatorische Situation zu ermitteln, aus denen sich Beeinträchtigungsmöglichkeiten für die spezifisch zu schützende Person ergeben. Darüber hinaus gehören auch die zur Verfügung gestellten Produktionsmittel und eventuell notwendigen technischen Einrichtungen, Anlagen und Werkzeuge zum Arbeitsplatz. Diese Anlagen und Einrichtungen sind Gegenstand der Arbeitsschutzverordnung, die umfassend die Vorgaben zur Nutzung, Wartung und Gefährdungsfreiheit von Anlagen, Werkzeugen und Maschinen definiert.

Auch hier haben die Experten des Ausschusses für Arbeitsstätten (ASTA) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) umfassende Erläuterungen zur Definition des Begriffes Arbeitsplatz in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) veröffentlicht.[7]

Beim Homeoffice befindet sich die Arbeitsstätte in der Wohnung des Arbeitnehmers.

Das MuSchG hat zum Ziel, den Arbeitsplatz, seine räumliche Ausgestaltung und konkreten Zustand an die Schutzbelange anzupassen, weil die Teilhabe am Erwerbsleben durch Weiterbeschäftigung als Ziel des Gesetzes formuliert ist.

 

Rz. 44

Zum Arbeitsplatz gehört auch das betriebliche Umfeld, einschließlich der technischen Einrichtungen wie Maschinen und Anlagen sowie die Arbeitsabläufe und konkreten Fertigungsprozesse. Beleuchtet wird die Rolle der Arbeitnehmerin im konkreten Produktentstehungsprozess.

Aber nicht nur die unmittelbare Stätte der Erbringung der Arbeitsleistung, auch Umgebungseinflüsse wie

  • Beleuchtung,
  • Belüftung,
  • Bodenbelag oder
  • Zugänge

müssen dem besonderen Schutzgedanken aus dem Mutterschutzgesetz gerecht werden.

 

Rz. 45

Arbeitsstätten[8] sind auch:

  • Orte in Gebäuden oder im Freien, die sich auf dem Gelände eines Betriebes oder einer Baustelle befinden und die zur Nutzung für Arbeitsplätze vorgesehen sind,
  • andere Orte in Gebäuden oder im Freien, die sich auf dem Gelände eines Betriebes oder einer Baustelle befinden und zu denen Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit Zugang haben.

Damit zählen zu der übergeordnet formulierten Gestaltung der "Arbeitsbedingungen" ferner:

  • Ver...

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