Rz. 7

Für die Berechnung der Schutzfrist ist der voraussichtliche Tag der Entbindung maßgeblich, wie er sich aus dem ärztlichen Zeugnis ergibt. Neben dem ärztlichen Zeugnis steht gleichrangig das Zeugnis einer Hebamme oder eines Entbindungshelfers. Die Feststellung eines voraussichtlichen Geburtstermins ist immer eine vage Prognose, jedoch kalendermäßig vorläufig angegeben und damit als Berechnungsgrundlage fixiert. Der Beginn einer Schwangerschaft kann auch rechnerisch festgestellt werden, indem vom voraussichtlichen Geburtstermin (Feststellung als Datum) 280 Tage zurückgerechnet werden, um den Beginn der Schwangerschaft zu markieren.[1]

 

Rz. 8

Der voraussichtliche Geburtstermin ist im Mutterpass bestätigt. Einen Mutterpass erhält eine werdende Mutter in Deutschland ab offizieller Feststellung einer Schwangerschaft von ihrem behandelnden Frauenarzt oder der betreuenden Hebamme.[2] In den Mutterpass werden bis zur Geburt des Kindes alle relevanten Daten zur Gesundheit der Mutter wie Blutgruppe, wichtige Blutwerte wie Eisengehalt, Untersuchungsergebnisse für Erb- und Infektionskrankheiten sowie Befunde über das Kind, wie Lage, Gewicht, Größe und der voraussichtliche Geburtstermin eingetragen. Auch nach der Geburt werden im Mutterpass noch einige wichtige Daten z. B. zum Wochenbett und zu Nachuntersuchungen notiert. Der Pass dient dazu, in Notfällen schnell und zutreffend reagieren zu können. Daher wird empfohlen, dass die Schwangere den Mutterpass während der Schwangerschaft stets bei sich trägt. Der Pass liefert zudem wichtige Informationen bei einer erneuten Schwangerschaft.

 

Rz. 9

Der Mutterpass ist ein persönliches Dokument der Schwangeren und enthält besonders schutzwürdige medizinische Daten. Daher hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Vorlage des Mutterpasses. Der Arbeitgeber hat lediglich Anspruch auf Mitteilung der Schwangerschaft als solcher und zur Berechnung der Fristen auf Mitteilung des voraussichtlichen Geburtstermins. Hierüber ist eine separate ärztliche Bescheinigung (oder Bescheinigung durch eine Hebamme) zu erstellen. Der Mutterpass hat insgesamt 16 Seiten. Jede (Doppel-)Seite befasst sich mit unterschiedlichen Aspekten der Gesundheit von Mutter und Kind.

 

Rz. 10

Findet die tatsächliche Entbindung abweichend von den im Mutterpass oder separat getroffenen ärztlichen Feststellungen früher oder später als der errechnete Geburtstermin statt, so ist das für die Fristenwirkung und -berechnung unerheblich.[3] Diese orientieren sich dann am tatsächlichen Geburtstermin. Entbindet eine Frau nicht am voraussichtlichen Termin, verkürzt oder verlängert sich die Schutzfrist vor der Entbindung entsprechend (§ 3 Abs. 1 Satz 4), weil dann der tatsächliche Geburtstermin den berechneten ersetzt. Bei Abweichungen der Berechnung vom tatsächlichen Geburtstermin ist die Schutzfrist vor der Entbindung dann auf Basis der neueren Erkenntnisse (des tatsächlichen Geburtstermins) neu zu berechnen.

Gleiches gilt für die nachgeburtlichen Fristen, sie beziehen sich immer auf das kalendarisch konkret eingetretene Geburtsereignis und beginnen nach der Entbindung zu laufen (Fristbeginn). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 10 der Richtlinie 92/85, die die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen bezweckt und in deren Lichte das nationale Mutterschutzgesetz auszulegen ist, ist im Zweifel immer vom frühestmöglichen Zeitpunkt des Vorliegens einer Schwangerschaft auszugehen, um die Sicherheit und den Schutz der schwangeren Arbeitnehmerinnen zu gewährleisten. Dies trifft etwa für die Feststellung einer Schwangerschaft und dem damit verbundenen Kündigungsschutz zu (s. § 17 MuSchG Kündigungsverbot). Das Kündigungsverbot soll verhindern, dass sich die Gefahr, aus Gründen entlassen zu werden, die mit ihrem Zustand in Verbindung stehen, schädlich auf die physische und psychische Verfassung von schwangeren Arbeitnehmerinnen auswirken kann.[4] Daher ist es folgerichtig auch für die arbeitsplatzbezogenen Schutzzwecke auf eine frühestmöglich feststellbare Schwangerschaft abzustellen.

 

Rz. 11

Auch das BAG hat zur Rechtfertigung seines immer wieder kritisierten Berechnungsweges des Eintritts einer auf normalem Wege zustande gekommenen Schwangerschaft auf der Basis einer Rückrechnung um 280 Tage vom ärztlich festgestellten voraussichtlichen Entbindungstermin darauf abgestellt, dass es der durch das MuSchG gewährleistete besondere Schutz der werdenden Mutter rechtfertige, von der der werdenden Mutter günstigsten Berechnungsmethode auszugehen[5], weil sich bei keiner möglichen Berechnungsmethode Fehler und Ungenauigkeiten vermeiden ließen[6]. Im Zweifel ist in der betrieblichen Praxis daher von einer großzügigen Berechnung zugunsten der Schwangeren auszugehen.

 

Rz. 12

Die im Strafrecht geltende Berechnung und Definition (§ 218 StGB) ist für das Mutterschutzrecht nicht bindend. Denn das Strafrecht zielt auf den Schutz der Leibesfruch...

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