Rz. 41

Nach den Gefahrstoffen, geregelt in Abs. 1, sind in § 12 Abs. 2 die Unzulässigkeit von Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen im Hinblick auf Biostoffe geregelt.[1] Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 darf eine stillende Frau keine Tätigkeiten ausüben und keinen Arbeitsbedingungen ausgesetzt sein, bei denen sie in einem Maß mit Biostoffen der Risikogruppe 2, 3 oder 4 i. S. v. § 3 Abs. 1 BioStoffV in Kontakt kommt oder kommen kann, dass dies für sie oder ihr (zu stillendes) Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt.

Bei der Prüfung einer Gefährdungslage sind die entsprechenden unionsrechtlichen Vorgaben der Mutterschutzrichtlinie 92/85/EWG (aus Anhang I, Buchstabe A. (Agenzien), Nr. 2 (biologische Agenzien) und aus Anhang II, Buchstabe A. (Schwangere Arbeitnehmerinnen), Nr. 1 (Agenzien), Buchstabe b (biologische Agenzien)) zu berücksichtigen. Zu den damit grundsätzlich erfassten biologischen Agenzien gehören damit insbesondere das Toxoplasma und das Rötelnvirus.

Neben den in der nicht erschöpfenden Liste der Biostoffe in den Anhängen der Mutterschutzrichtlinie sind bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach Abs. 2 aber weitere Biostoffe zu berücksichtigen, wie etwa das Influenzavirus.

 

Rz. 42

Alle Stoffe mit biologischen Grenzwerten sind Gefahrstoffe. Die entsprechende Einstufung von Biostoffen erfolgt durch den für Biostoffe zuständigen Ausschuss nach der BioStoffV.[2] Entscheidend ist die Möglichkeit einer fruchtschädigenden Wirkung, s. auch die bestehenden Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA). Damit sind die biologischen Grenzwerte (BGW) i. S. d. § 2 Abs. 9 GefStV zu berücksichtigen. Auf den Arbeitsplatz bezogen heißt, dass die Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen, unabhängig, welche konkrete Person an diesem Arbeitsplatz eingesetzt ist. Die Werte sind abstrakte Werte, also ohne individuelle Zuordnung. Der biologische Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffes, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht beeinträchtigt wird.

 

Rz. 43

Auch wenn gefährliche Eigenschaften nur teilweise vorliegen, wird der Stoff als Gefahrstoff klassifiziert. Werden mehrere Gefahrstoffe verwendet, dann sind Wechsel- oder Kombinationswirkungen mit Einfluss auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Entscheidend ist, ob bei Einhaltung des Grenzwertes eine fruchtschädigende Wirkung besteht oder nicht.

 

Rz. 44

Die Begriffsbestimmung für Biostoffe ist in § 2 Abs. 1 BioStoffV geregelt. Nach § 2 Abs. 13 BioStoffV werden Biostoffe entsprechend dem von ihnen ausgehenden Infektionsrisiko nach dem Stand der Wissenschaft in Risikogruppen eingestuft. Von der Regelung des Abs. 2 nicht erfasst werden lediglich Biostoffe der Risikogruppe 1. Dabei handelt es sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BioStoffV um Biostoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen eine Krankheit verursachen. Sie sind daher grundsätzlich nicht als Stoffe zu bewerten, die die Unzulässigkeit von Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen auslösen. Zu beachten ist jedoch, dass es nicht nur um den Kontakt mit einem Biostoff geht, sondern auch die Frage der Häufigkeit (Anzahl) und Dauer der Berührung bei der Einschätzung einer Gefährdung eine Rolle spielt.

 

Rz. 45

Die Gefährdungslage nach den Sätzen 1 und 2 gilt auch dann, wenn der Kontakt mit Biostoffen i. S. v. Satz 1 therapeutische Maßnahmen erforderlich macht oder machen kann, die selbst eine unverantwortbare Gefährdung darstellen (§ 12 Abs. 2 Satz 3). Die damit geregelten Fälle werden nicht unmittelbar von den Sätzen 1 und 2 erfasst, weil sich die Gefährdung in diesen Fällen nicht unmittelbar aus dem Kontakt mit Biostoffen ergibt, sondern nur mittelbar aus dem Umstand, dass der Kontakt mit Biostoffen möglicherweise therapeutische Maßnahmen erforderlich macht und dann diese Therapie wiederum Biostoffe verwendet, die eine Gefährdung verursachen.

 

Rz. 46

Die Verwendung biologischer Gefahrstoffe vermutet eine Gefährdungslage. Nach § 11 MuSchG gilt allerdings die nach Satz 2 vermutete unverantwortbare Gefährdung als ausgeschlossen, wenn die schwangere Frau über einen ausreichenden Immunschutz verfügt. Diese gesetzliche Ausnahme hat der Wortlaut von § 11 MuSchG für die Stillende nach § 12 übernommen. Dabei ist zu beachten, dass es dem Arbeitgeber grundsätzlich nur gestattet ist, bestehende Immunisierungen zu berücksichtigen. Eine Verpflichtung einer Frau, sich impfen zu lassen, ergibt sich aus dieser Norm nicht.

 

Rz. 47

Ein Gefährdungsausschluss kann dann nach § 9 Abs. 2 Satz 3 MuSchG in Betracht kommen; danach gilt eine unverantwortbare Gefährdung als ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass die Gesundheit einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes n...

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