Rz. 12

Das Mutterschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber in § 10, eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen.

Die praktische Durchführung erfolgt in 7 Schritten.

2.1.1 Erfassen des Arbeitsbereiches

 

Rz. 13

Zunächst steht die Erfassung des Arbeitsbereiches und der Tätigkeit. Dabei gehört zum Arbeitsbereich nicht nur die konkrete räumliche, personelle und sachliche Einordnung, sondern auch Arbeitsabläufe, Arbeitsschritte, die Arbeitsorganisation, Maschinen und Anlagen, also auch das Arbeitsumfeld.

Personenbezogene Beurteilung

Kommen Mitarbeiter an ständig wechselnden Arbeitsplätzen zum Einsatz (z. B. Hausmeister, Betriebselektriker, Instandhalter) oder sind für bestimmte Personen besondere Schutzgesetze anzuwenden (z. B. werdende Mütter, Jugendliche, Behinderte), empfiehlt sich eine personenbezogene Gefährdungsbeurteilung, die auf die spezifischen Arbeitsplatzwechsel Bezug nimmt.

Arbeitsbereichsbezogene Beurteilung

Sind alle Mitarbeiter innerhalb eines bestimmten Arbeitsbereichs (z. B. Autowerkstatt) den gleichen Gefährdungen (z. B. durch Lärm, Beleuchtung, Dämpfe, Klima etc.) ausgesetzt, empfiehlt sich eine arbeitsbereichsbezogene Gefährdungsbeurteilung.

Tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung

Gehen Personen der gleichen Tätigkeit nach, d. h., gehören sie der gleichen Berufsgruppe an, ohne dass ihnen ein fester Arbeitsplatz zugewiesen ist oder ohne dass sie in gleichen Arbeitsbereichen tätig sind (z. B. Reinigungspersonal, Servicetechniker), kann eine tätigkeitsbezogene Gefährdungsbeurteilung empfohlen werden. Bei der Ermittlung der Gefährdungen ist zu berücksichtigen, ob eine Gefährdung ggf. für Beschäftigte aus Fremdbetrieben, Leiharbeiter, Besucher usw. auftreten kann.

Der Arbeitgeber hat die notwendigen Informationen zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung bereits vorab zu beschaffen. Dies kann durch Recherchieren, Beobachten, Befragen, Messen, Berechnen oder Abschätzen erfolgen.

2.1.2 Ermittlung der Gefährdungen

 

Rz. 14

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss – im 2. Schritt – der Arbeitgeber umfassend die Arbeitsbedingungen und die Gefährdungen nach

  • Art,
  • Ausmaß und
  • Dauer

beurteilen, denen die schwangere oder stillende Frau oder ihr (ungeborenes) Kind ausgesetzt ist oder sein kann. Von dieser Gefährdungsbeurteilung werden auch Expositionen gegenüber fortpflanzungsgefährdenden, also fruchtschädigenden und/oder fruchtbarkeitsgefährdenden Gefahr- oder Biostoffen erfasst.

 

Rz. 15

Da eine Gefährdung des ungeborenen oder gestillten Kindes ohne gleichzeitige Gefährdung der schwangeren oder stillenden Frau möglich ist, kann sich die Beurteilung nicht nur auf die Gefährdung der Frau beschränken, sondern muss sich auch auf mögliche Gefährdungen des (ungeborenen) Kindes beziehen.

 

Rz. 16

Im Rahmen der Analyse hat der Arbeitgeber die technischen, biologischen, chemischen und andere Einflussfaktoren aus dem Arbeitsprozess zu erfassen. Dazu setzt der Arbeitgeber auch geeignete Messgeräte ein, die diese Gefährdungsfaktoren erfassen können. Arbeitsmedizinische Kenntnisse sind dabei ebenso erforderlich wie die Kenntnis der Arbeitsabläufe und Arbeitsschritte.

 

Rz. 17

Der Begriff der "Gefährdung" bezeichnet – im Unterschied zum Rechtsbegriff der "Gefahr" – die Möglichkeit eines Schadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne bestimmte Anforderungen an ihr Ausmaß oder ihre Eintrittswahrscheinlichkeit.[1]

 

Rz. 18

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 hat der Arbeitgeber unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beurteilung der Gefährdung nach Nr. 1 im Rahmen einer ersten Prüfung des Schutzmaßnahmenbedarfs zu ermitteln, ob für eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind voraussichtlich keine Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden (Buchstabe a) oder ob eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG erforderlich sein wird (Buchstabe b) oder ob eine Fortführung der Tätigkeit der Frau an diesem Arbeitsplatz nicht möglich sein wird (Buchstabe c).

Gerade die Einschätzung, dass keine Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden (Buchstabe a) erleichtert das Verfahren bei offensichtlichen Umständen, die keine schwangerschaftsbezogene Gefährdung nach sich ziehen, weil überhaupt keine Gefährdungen gegeben sind (z. B. reine Büroarbeitsplätze).

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese gestufte Vorgehensweise es insbesondere einer schwangeren Frau ermöglicht, die Gefährdungen für sich und ihr ungeborenes Kind auch noch vor der Meldung ihrer Schwangerschaft bei ihrem Arbeitgeber einschätzen zu können. Soweit nach der Prüfung nach Nr. 2 keine Schutzmaßnahmen erforderlich sind, kann sie grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Fortführung der Beschäftigung an diesem Arbeitsplatz unbedenklich ist. Dies gilt jedoch nur, sofern der Arbeitgeber bereits eine generelle Gefährdungsbeurteilung vorgenommen und diese auch zugänglich gemacht hat und aus der sich ebenfalls keine Gefährdungslage ergibt.

[1] BAG, Urteil v. 12.8.2008, 9 AZR 1117/06, NZA 2009, 102, 105; BT-Drucks. 13/3540 S. 16 zu § 4 Nr. 1 ArbSchG.

2.1.3 Beurteilung der ermittelten Gefährdungen

 

Rz. 19

Die so technisch und sachlich erfassten Gefährdungsmerkmale sind im 3. Schritt zu beurtei...

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