Rz. 8

Die Vorschrift des § 88 Nr. 1 BetrVG ist von § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG abzugrenzen. Letztere Vorschrift normiert ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht in Bezug auf Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften. Demgegenüber räumt § 88 Nr. 1 BetrVG den Betriebsparteien für „zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen” die Möglichkeit zum Abschluss freiwilliger Betriebsvereinbarungen ein. Die Frage, ob eine Mitbestimmungspflicht im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG oder ein freiwilliges Mitbestimmungsrecht gemäß § 88 Nr. 1 BetrVG vorliegt, hängt somit davon ab, ob die Betriebsvereinbarung in Ausführung der gesetzlichen Vorschriften und/oder der Unfallverhütungsvorschriften geschlossen worden ist. Liegt in einer zusätzlichen Maßnahme zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 88 Nr. 1 BetrVG zugleich eine nach § 87 BetrVG mitbestimmungspflichtige Angelegenheit, so ist von einer erzwingbaren Mitbestimmung auszugehen. § 87 BetrVG geht insoweit der Regelung des § 88 BetrVG vor. Die jüngere Rechtsprechung lässt indes eine Tendenz erkennen, den Gesundheitsschutzbegriff des § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG sehr weit auszulegen[1]. Danach soll das Mitbestimmungsrecht bei der Gefährdungsbeurteilung nicht voraussetzen, dass eine konkrete Gesundheitsgefahr bereits hinreichend bestimmbar wäre (BAG, Beschluss v. 8.6.2004, 1 ABR 4/03). Die Rechtsprechungsentwicklung wird in der Literatur durchaus kritisch bewertet, weil eben das "Leerlaufen" der Mitbestimmungstatbestände in §§ 88 Nr. 1, 91 BetrVG drohe[2].

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