Rz. 2

Der Betriebsrat kann beim Arbeitsgericht beantragen, eine Einstellung oder Versetzung aufzuheben, wenn der Arbeitgeber

  • sie ohne Zustimmung des Betriebsrats durchgeführt hat[1], die Zustimmung nicht fingiert (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG) oder nicht gerichtlich ersetzt ist (§ 99 Abs. 4 BetrVG),
  • eine vorläufige Einstellung oder Versetzung aufrechterhält, obwohl er nach Bestreiten der Dringlichkeit durch den Betriebsrat das Arbeitsgericht nicht innerhalb von 3 Tagen angerufen hat,
  • den Betriebsrat nicht, nicht ordnungsgemäß (wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 BetrVG die sachlichen Gründe nicht konkret mitteilt, aus denen die vorläufige Durchführung nach seiner Ansicht dringend erforderlich gewesen sein soll; die Wiederholung der gesetzlichen Generalklausel reicht dazu nicht aus[2]) oder nicht rechtzeitig (unverzüglich) von der vorläufigen Maßnahme in Kenntnis gesetzt hat,
  • die vorläufige Maßnahme 2 Wochen nach Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung nach § 100 Abs. 3 BetrVG noch nicht beendet hat.

Der Arbeitgeber muss also eine etwa aufgenommene Beschäftigung tatsächlich rückgängig machen.[3]

 

Rz. 3

Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat die Aufhebung einer personellen Einzelmaßnahme dann verlangen, wenn diese entgegen § 100 Abs. 3 BetrVG vom Arbeitgeber aufrechterhalten wird. Die Auffassung, dass der Betriebsrat dies bereits in einem vom Arbeitgeber gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG angestrengten, noch nicht abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren beantragen können soll, ist abzulehnen.[4] Eine schon im laufenden Verfahren erfolgenden Stattgabe eines Aufhebungsantrages des Betriebsrates würde einen (vorsorglichen) Titel schaffen, ohne dass feststeht, ob er überhaupt relevant wird.

Die Vorschrift des § 100 Abs. 3 BetrVG, auf die in § 101 Satz 1 BetrVG Bezug genommen wird, ist nach ihrem unmissverständlichen Wortlaut erst einschlägig, wenn über die arbeitgeberseitigen Anträge (§ 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG) mit Rechtskraft abschlägig entschieden worden ist und danach an den Maßnahmen noch länger als 2 Wochen festgehalten wird.[5]

 

Rz. 3a

Gegenstand des Aufhebungsverfahrens nach § 101 Satz 1 BetrVG ist die Frage, ob eine konkrete personelle Einzelmaßnahme gegenwärtig und zukünftig als endgültige Maßnahme zulässig ist. Der Aufhebungsantrag dient der Beseitigung eines betriebsverfassungswidrigen Zustands, der dadurch eingetreten ist, dass der Arbeitgeber eine konkrete personelle Einzelmaßnahme ohne die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats durchführt oder aufrechterhält. Mit der Rechtskraft eines dem Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG stattgebenden Beschlusses wird der Arbeitgeber verpflichtet, den betriebsverfassungswidrigen Zustand durch Aufhebung der personellen Einzelmaßnahme zu beseitigen. Entscheidungen im Aufhebungsverfahren haben nur Wirkung für die Zukunft; es geht nicht darum, ob die Maßnahme bei ihrer Durchführung betriebsverfassungsrechtlich zulässig war.[6]

Der Antrag nach § 101 Satz 1 BetrVG wird unbegründet, wenn die antragsgegenständliche personelle Einzelmaßnahme – etwa durch Zeitablauf – geendet hat.[7]

 

Rz. 4

Bei Ein- und Umgruppierungen ist § 101 BetrVG, obwohl es dem Wortlaut nach möglich wäre, nicht direkt anwendbar, da diese Maßnahmen nicht "aufgehoben" werden können. Die Ein- oder Umgruppierung ist kein konstitutiver rechtsgestaltender Akt, sondern ein Akt der Rechtsanwendung, verbunden mit der Kundgabe einer Rechtsansicht.[8] Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats besteht insoweit in einer "Richtigkeitskontrolle."[9]). Bei Ein- und Umgruppierungen bezieht sich der Anspruch des Betriebsrats aus § 101 Satz 1 BetrVG daher darauf, dem Arbeitgeber die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG oder – nach dessen Abschluss – die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG aufzugeben.[10] Wird die Zustimmung verweigert, muss der Arbeitgeber den Weg über das Zustimmungsersetzungsverfahren wählen.[11] Dies setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung vorgenommen hat.[12] Voraussetzung hierfür ist eine betriebsverfassungsrechtliche Pflicht des Arbeitgebers zur Ein- oder Umgruppierung. Diese kann sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz selbst, aus der betriebsverfassungsrechtlichen Norm eines Tarifvertrags oder aus einer Betriebsvereinbarung ergeben.

 

Rz. 5

Die betriebsverfassungsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers, Ein- oder Umgruppierungen gemäß § 99 BetrVG vorzunehmen, betrifft nur aktuelle Vorgänge und nicht etwa einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum.

Die Mitbestimmungssicherung nach § 101 BetrVG ist nicht auf die nachträgliche Korrektur eines nicht mehr aktuellen Zustandes gerichtet. Demnach ist sie nur so lange relevant, als der von der Ein- oder Umgruppierung betroffene Arbeitnehmer noch im Betrieb beschäftigt ist oder seine gegenwärtige Ein- oder Umgruppierung betroffen ist. Gerichtliche Entscheidungen darüber, ob der Arbeitgeber früher zu e...

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