Rz. 11

§ 6 Satz 1 KSchG gilt auch für außerordentliche Kündigungen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG). Sofern der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochen-Frist der §§ 4 Satz 1 KSchG, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Kündigungsschutzklage erhebt, kann er auch nach Ablauf dieser Frist weitere Gründe für die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung in den Prozess einführen.

 

Beispiel

Der Arbeitnehmer erhebt fristgemäß Kündigungsschutzklage gegen eine außerordentliche Kündigung, weil kein wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Nach Ablauf der 3-Wochen-Frist kann der Arbeitnehmer zusätzlich eine fehlerhafte Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG rügen.

 

Rz. 12

Das BAG wendet § 6 Satz 1 KSchG auch an, wenn eine außerordentliche Kündigung nach § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten ist. Darüber hinaus soll § 6 Satz 1 KSchG einschlägig sein, wenn der Arbeitgeber mit der außerordentlichen Kündigung vorsorglich eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat und der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochen-Frist nur die außerordentliche Kündigung angreift. Der Arbeitnehmer soll dann auch nach Fristablauf Kündigungsschutzklage gegen die ordentliche Kündigung erheben können.[1]

Dies gilt jedoch nicht, wenn sich der Arbeitnehmer mit der vorsorglich ausgesprochenen bzw. durch Umdeutung zu ermittelnden ordentlichen Kündigung einverstanden erklärt hat. Der Arbeitnehmer kann die ordentliche Kündigung nach Ablauf der 3-Wochen-Frist dann nicht mehr angreifen.[2]

 
Hinweis

Systematisch liegen 2 Kündigungen vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich und vorsorglich ordentlich kündigt. Der Arbeitnehmer muss gegen beide Kündigungen Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG erheben, wobei er die Anträge in einer Klageschrift zusammenfassen kann.[3] Damit ist § 6 Satz 1 KSchG entgegen der Rechtsprechung nicht anwendbar, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochen-Frist nur die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geltend macht und erst nach Fristablauf die ordentliche Kündigung angreift. Dem Arbeitnehmer kann daher nur empfohlen werden, fristwahrend Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche und die ordentliche Kündigung zu erheben.

[1] BAG, Urteil v. 16.11.1970, 2 AZR 33/70, AP KSchG § 3 Nr. 38.
[3] Vgl. Wiehe, § 4 Rz. 132.

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