Rz. 106

Die Unzumutbarkeit ist nach h. M. entsprechend dem Wortlaut der Norm unternehmens-, nicht betriebsbezogen zu ermitteln.[1] Es genügt nicht, dass der Arbeitgeber mit der Entgeltfortzahlung belastet ist. Die unzumutbare wirtschaftliche Belastung muss vielmehr in der Unmöglichkeit oder wirtschaftlichen Sinnlosigkeit der Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bei unveränderten Arbeitsbedingungen liegen. Dies ist vor allem relevant, wenn der Betriebsrat seinen Widerspruch mit einer anderweitigen Verwendung des Arbeitnehmers begründet, der Arbeitnehmer aber eine vertragsrechtlich erforderliche Einverständniserklärung verweigert. Gleiches gilt, wenn der Betriebsrat mit seinem Widerspruch eine fehlerhafte Sozialauswahl rügt und der Arbeitgeber deshalb bei einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers an einem Arbeitsplatz 2 Arbeitnehmer beschäftigen müsste.[2] Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen zusätzlich darlegen, dass die wirtschaftliche Belastung durch die Weiterbeschäftigung so gravierend ist, dass dadurch die Ertragslage des Betriebs tangiert wird.[3] Allgemeine Angaben, z. B. gesunkene Umsätze, Arbeitsmangel, finanzielle Schwierigkeiten genügen im Rahmen der Nr. 2 nicht zur Begründung. Erforderlich ist die Angabe konkreter und detaillierter Daten über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Betriebs und Unternehmens und eine Prognose der künftigen Entwicklung.[4]

 
Hinweis

Machen mehrere Arbeitnehmer einen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend, so ist bei der Feststellung der unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung auf die Gesamtzahl der Weiterzubeschäftigenden abzustellen und nicht lediglich auf die Belastung, die von dem konkreten Arbeitnehmer ausgeht, von dessen Weiterbeschäftigungspflicht sich der Arbeitgeber entbinden lassen will.[5]

[1] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 257; DKW/Bachner/Deinert, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 320; a. A. Rieble, BB 2003, 844 mit beachtlichen Argumenten.
[2] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 257; MünchArbR/Volk, 5. Aufl. 2022, § 344 Rz. 82.
[3] Richardi/Thüsing, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 257; strenger MünchArbR/Volk, § 344 Rz. 82; zu streng LAG Hamburg, Urteil v. 16.5.2001, 4 Sa 33/01, NZA-RR 2002, 25, 27.
[5] Rieble, BB 2003, 844; a. A. DKW/Bachner/Deinert, BetrVG, § 102 BetrVG Rz. 323; Borrmann, DB 1975, 882, 883.

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